Als Ralf Moeller 1959 in Recklinghausen als Sohn eines Arbeiters und einer Schuh- verkäuferin zur Welt kam, ahnte noch niemand, dass aus dem schmächtigen Kind einst mal „Mr. Olympia“ werden würde. Das ist zwar 35 Jahre her, dennoch macht er auch heute noch mit seinen 1,97 Meter und rund 120 Kilogramm Körpergewicht mächtig Eindruck. Insofern war er so etwas wie die perfekte Besetzung für die Rolle des Drachen Fafnir. Wie sich in dem Stück „Brynhild“ zeigte, ist dieser aller- dings gar kein todbringender Drache, sondern eigentlich ein netter Kerl. So auch im Interview. Tatsächlich zeigte sich Moeller als plauderfreudiger Gesprächspartner, der allerdings allzu gerne von den eigentlichen Fragen abwich, um vor allem über sein Lieblingsthema – eine bombastische Verfilmung der Nibelungen – zu reden. Das . Gespräch wurde einen Tag vor der Premiere am 7. Juli geführt.

WO! Sie sind es eher gewohnt, dass Filmemacher bei Ihnen anfragen. Plötzlich waren es aber Theaterfestspiele. Wie war Ihre erste Reaktion auf diese Anfrage?

Ich war bereits in früheren Jahren von Dieter Wedel zu den Festspielen eingeladen, allerdings hatte es zeitlich nie hingehauen. Als dann über meine Agentur die Anfrage für „Brynhild“ kam, telefonierte ich erstmal mit der Regisseurin. Wir haben uns dabei gut verstanden. Zwei bis drei Wochen später flog ich dann von Los Angeles nach München, wo wir uns persönlich kennenlernten. Ich fand die Vorstellung spannend, Teil einer Theaterproduktion zu sein. Viele Kollegen von mir kommen ja vom Theater oder machen beides, wie Klaus Maria Brandauer, der auch schon in Worms spielte.

WO! Kultur hat natürlich ihren Preis und in Worms üben nicht wenige Bürger Kritik an eben diesen Kosten. Was würden Sie diesen Menschen sagen?

Worms hat in den vergangenen Jahren viel mit dem Thema Nibelungen gemacht, sodass auch ich über die Festspiele immer wieder gelesen habe. Man kann es natürlich nicht allen Menschen recht machen, auf der anderen Seite erfreuen die Fest- spiele aber auch wieder viele Menschen. Natürlich kann man immer etwas besser machen.

WO! Welches Potential steckt Ihrer Meinung nach in den Nibelungen?

Ich habe schon immer gesagt, dass die Nibelungen mal so richtig verfilmt werden müssten. Die Geschichte ist phänomenal. Es ist eine große epische Geschichte, wie sie die Amerikaner mit Serien wie „Game of Thrones“ oder Filmen wie „Der Herr der Ringe“ immer wieder erzählen. Die wurden alle in irgendeiner Form von dieser Geschichte inspiriert. Es muss ja nicht zwangsläufig für das Kino sein. Derzeit produzieren die Streamingdienste ebenso aufwendige Stoffe. Beispielsweise produziert Roland Emmerich in Rom für Netflix eine Gladiatoren Serie. Warum sollte das also nicht auch in Deutschland möglich sein?

WO! Tatsächlich wird im kommenden Jahr eine Produktion in den Kinos starten, die sich mit den Nibelungen auseinandersetzt, nämlich die von Oliver Berben produzierte Buchverfilmung von Wolfgang Hohlbeins „Hagen“. Nico Hofmann trägt sich wiederum seit längerem mit dem Gedanken, eine Serie zu produzieren. Ich glaube, dass diese Geschichte so groß ist, dass ein Film nicht reichen wird, da müsste man, wie bei „Herr der Ringe“, schon drei bis vier Filme machen. Insofern ist „Hagen“ ein Anfang, aber mit Sicherheit nicht das, was man aus den Nibelungen machen kann.

WO! Das ist natürlich aber auch eine Kostenfrage, was derzeit problematisch ist. Sie wohnen in Los Angeles. Beobachten Sie die derzeitige Entwicklung in Hollywood?

Aber sicher. Im Moment wird ja erstmal gestreikt. Aber abseits davon beobachte ich, dass sich das Filmgeschäft stark verändert hat, vor allem die Art und Weise, wie man Geschichten erzählt und mit den Figuren umgeht. In den 70er Jahren sind die Helden oft gestorben, heute müssen sie in einer Fortsetzung nach der anderen ihre Abenteuer bestehen.

WO! Der Wandel kam dann in den 80ern mit „Rambo“ und vielen weiteren Charakteren…

Ja, das ist richtig. Es war ja nicht sehr sinnvoll, immer seine Helden sterben zu lassen. Irgendwann erkannten die Produzenten, dass man so keine vernünftigen Sequels machen kann. Heute dominieren Franchises, da die Produzenten mittlerweile sehr stark auf einen Wiedererkennungseffekt setzen. Aber leider beobachte ich, dass Zuschauer offenbar nach drei oder vier Fortsetzungen keine Lust mehr haben. Ebenso beobachte ich, dass man – trotz der Fortsetzungen – den Charakteren kaum mehr Zeit zur Entwicklung gibt.

Ralf Moeller im Gespräch mit WO! Mitarbeiter Dennis Dirigo

WO! Mittlerweile floppen ziemlich viele Blockbuster. Zuletzt traf es den vierten Indiana Jones oder auch den sehr teuren „The Flash“. Hat Hollywood verlernt, Blockbuster zu drehen?

Da hast du vollkommen recht, andererseits gibt es immer noch Filme wie James Camerons „Avatar The Way of Water“ oder die James Bond Reihe, die die Zuschauer ins Kino locken. Aber natürlich verlieren viele Filme auch viel Geld, was sicherlich mit dem Einfluss der Streamingdienste zu tun hat. Mittlerweile haben große Studios, wie Paramount oder Disney, ihren eigenen Dienst, wo sie zum Teil günstigen Inhalt produzieren. Die Folge ist, dass viele Menschen nicht mehr ins Kino gehen, womit dann den teuren Produktionen wieder wichtige Einnahmen fehlen. Zu der Konkurrenz durch die Streamingdienste gesellen sich zusätzlich auch noch Mediatheken, die ebenfalls mit einem breiten Angebot auf die Zuschauer warten. Ich habe dann irgendwann bei meiner eigenen Tochter beobachtet, wie sich die Sehgewohnheiten verändert haben. Statt auf die Leinwand zu schauen, hatten plötzlich alle ein Tablet, auf dem sie Filme betrachteten. Es ist aber auch die Art und Weise, wie Filme produziert wurden. Früher gab es viele unabhängige Studios mit leidenschaftlichen Produzenten. Heute ist das deutlich anonymer. Ähnlich verhält es sich dann mit den Filmen. Du siehst etwas, gehst raus und hast es wieder vergessen.

WO! Aber auch das Star getriebene Kino aus früheren Zeiten, in denen Namen Menschen in die Kinos lockten, scheint vorbei zu sein?

Hier beobachte ich die Auswirkungen des Internets und insbesondere der sozialen Medien. Früher umgab Stars wie Clint Eastwood oder Tom Hanks eine ganz besondere Aura. Heute präsentieren sich junge Schauspieler ausgiebig bei Instagram und Co. und nehmen so dem Startum das Besondere.

WO! Eine Entwicklung gab es aber auch bei den Budgets, die begannen, extrem in die Höhe zu schnellen, was auch eine Serie wie „Die Nibelungen“ sehr teuer machen würde.

Das ist sicherlich eine Herausforderung, aber es spricht heutzutage auch nichts mehr dagegen, daraus eine internationale Koproduktion zu machen, um die Kosten zu stemmen. Wie schwierig das sein kann, habe ich auch bei der Produktion von „Kung Fury“ festgestellt. Das war ein 30-minütiger Kurzfilm, bei dem ich 2015 mitspielte und der durch Crowdfunding finanziert wurde. Das Ziel des Regisseurs David Sandberg war es natürlich, einen Kinofilm daraus zu machen. Das hat rund sechs Jahre gedauert. Nun soll der Film, bei dem ich auch dabei bin, endlich im November starten. Aktuell sind 90 Prozent fertig und ungefähr zehn Drehtage noch übrig. Ich spiele die Figur Thor. Außerdem sind Michael Fassbender und Arnold Schwarzenegger dabei.

WO! Um nochmal den Bogen zu den Festspielen zu schlagen. In einer Zeit, in der alles verfügbar ist, ist es vielleicht das Vorübergehende, das die Festspiele so besonders macht?

Auf jeden Fall. Die Festspiele haben eine überschaubare Dauer. Das heißt, die Besucher können in dieser Zeit ihren Spaß haben und die Kritiker diese in dieser Zeit äußern. Danach ist das ganze Spektakel erstmal wieder vorbei. Wichtig ist aber, dass die Festspiele weiter fortgesetzt werden und dass man zeigt, was alles möglich ist. Ich selbst muss dazu noch sagen, dass ich schon sehr beeindruckt war, als ich das erste Mal in Worms war. Alleine, als ich von der Autobahn runterkam und die Stadtsilhouette sah. Dazu passte es, dass das Wetter auch noch toll war.

WO! Sie haben zwei Tage für „Brynhild“ vor der Kamera gestanden. Würde es Sie reizen, einmal selbst auf der Theaterbühne zu stehen?

Ich habe tatsächlich schon öfters mit dem Gedanken gespielt. Natürlich bin ich mir aber auch klar darüber, dass die Vorbereitungs- bzw. Probenzeit deutlich länger ist als die Aufführung selbst. Ich werde in nächster Zeit versuchen, Worms noch ein bisschen besser kennenzulernen. Auf jeden Fall hatte ich bisher eine tolle Zeit. Wichtig ist es mir aber nochmal zu betonen, dass es von großer Bedeutung ist, dass es eine vernünftige Nibelungen Verfilmung gibt. Ich denke, dass Nico Hofmann dafür der richtige Mann ist.

WO! Werden Sie bei der Premiere dabei sein?

Ja, das liegt mir sehr am Herzen. Eigentlich sollte ich am Freitag bereits in Berlin sein, da ich dort als Werbebotschafter für BMW erwartet werde. Mir ist es allerdings wichtig, die Festspiele auch am Red Carpet zu unterstützen, sodass ich mir natürlich Zeit nehmen werde, um für Fotos bereitzustehen oder Fragen zu beantworten. Natürlich werde ich auch noch etwas Zeit in dem wunderschönen Park verbringen, ehe ich weiterreisen muss. Aber wie gesagt, ich werde versuchen, Worms noch besser kennenzulernen.

WO! Wir danken Ihnen für das Gespräch.

Ralf Moeller zierte in der Juli-Ausgabe das Cover unseres Magazins und zeigte sich beim Interview darüber begeistert

 

Das Gespräch führte: Dennis Dirigo

WO! Cover im Juli gestaltet von dem Wormser Künstler Eichfelder mit Ralf Moeller auf dem Karlsthron