Oberligameister Wormatia Worms spielt nächste Saison in der Regionalliga Südwest
Der 4. Juni 2022 wird als unvergesslicher Tag in die Geschichte von Wormatia Worms eingehen. An diesem Tag machten knapp 1.000 Wormser ein Auswärtsspiel zu einem Heimspiel und feierten nach dem 3:0-Sieg beim SV Gonsenheim bis in die Nacht die Meisterschaft und den damit verbundenen Aufstieg in die Regionalliga. Aber bekanntlich gilt: Nach der Saison ist vor der Saison. Die Planungen für die höhere Klasse laufen auf Hochtouren, während im Juli bereits die ersten Testspiele stattfinden.
24 Jahre ist es her, dass die Fans der Wormatia zum letzten Mal einen Aufstieg feiern konnten. Zwar gab es auch 2008 einen „gefühlten Aufstieg“, als dem VfR die Qualifikation für die neu gegründete Regionalliga glückte – ein richtiger Auf- stieg war das aber nicht, da man auch danach noch viertklassig blieb. Und so wurden am 4. Juni Erinnerungen an den 17. Mai 1998 wach, als sich beim letzten echten Aufstieg der Wormatia knapp 800 Fans auf den Weg in die Südwestpfalz machten, um nach einem 6:0-Sieg gegen den bereits feststehenden Absteiger FK Clausen den Aufstieg in die Oberliga zu feiern. Einen Aufstieg erlebt man also nicht alle Tage. Das dachten sich wohl auch die knapp 1.000 Wormser, die sich am 4. Juni auf den Weg in die Landeshauptstadt machten, um ihre Mannschaft im letzten und entscheidenden Spiel der Saison beim SV Gonsenheim zu unter- stützen. Die Partie war auf die Bezirkssportanlage Mombach verlegt worden, wo sich insgesamt 1.200 Zuschauer einfanden. Die Voraussetzungen waren klar: Da mit einem Sieg der Trierer Eintracht gegen Hertha Wiesbach zu rechnen war (was sie mit einem 3:1-Heimsieg auch tat), musste für Spitzenreiter Wormatia Worms auf jeden Fall ein Dreier her. Tatsächlich ließen die Mannschaft und ihre Fans von der ersten Minute an keinen Zweifel aufkommen, dass man gekommen war, um endgültig die Meisterschaft einzutüten. Schon nach 16 Minuten erzielte Marx die Führung, der Kasper (29.) mit einem sehenswerten Fallrückzieher die beruhigende 2:0-Führung folgen ließ. Zu Beginn der zweiten Hälfte zeigten sich die Gonsenheimer etwas bissiger, aber nach Eichingers Treffer (58.) zum 3:0 war die Partie auch schon gelaufen. Während die Wormser in der letzten halben Stunde noch die eine oder Torchance liegen ließen, feierte der eigene Anhang bereits euphorisch die Meisterschaft. Nach dem Schlusspfiff konnten dann offiziell die großen Feierlichkeiten beginnen. Zunächst im Stadion in Mombach, dann in den Fanbussen. Nach der mit südländischer Begeisterung gefeierten Begrüßung der Mannschaft am Stadion ging es gemeinsam mit den Spielern noch bis nach Mitternacht im Vereinsheim beim Harry weiter. Mittendrin der scheidende Meistertrainer Kristjan Glibo, der die Euphorie sichtlich genoss und immer wieder von Fans umarmt wurde. Für den Ver- ein und seine Anhänger war der 4. Juni 2022 ein legendärer Tag, von dem man noch in vielen Jahren sprechen wird.
Die Bilanz der Saison 2021/2022
Die beeindruckende Bilanz aus 34 Saisonspielen in der Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar lautet: 26 Sie- gen stehen 5 Unentschieden gegenüber, bei gera- de einmal 3 Niederlagen, die auch noch allesamt sehr unglücklich zustande kamen. Gleich am 1. Spieltag ging das Heimspiel gegen den FC Hertha Wiesbach in die Hose. In Anbetracht der drücken- den Überlegenheit des VfR glich der Siegtreffer der Gäste in der 86. Minute einem klassischen „Lucky Punch“. Damals konnte man aber noch nicht ahnen, dass Hertha Wiesbach eine starke Saison auf dem 4. Platz abschließen würde. Die zweite Saisonniederlage gab es erneut zuhause, diesmal gegen den FV Dudenhofen, der im letzten Spiel vor Beginn der Meisterrunde eine 2:1-Führung der Wormser noch in einen 3:2-Auswärtssieg umwandelte. Im Übrigen verlor man gleich zwei Mal gegen Dudenhofen, denn auch im Pokal war nach einer 2:3-Auswärtsniederlage (nach einer 2:0 Führung) bereits im Viertelfinale Endstation. Die dritte Saisonniederlage ereilte die Wormatia bei der bitteren 1:2-Auswärtsniederlage bei Eintracht Trier, als man bis zur 4. Minute der Nachspielzeit bereits Meister war und dann noch zwei Tore in 60 Sekunden kassierte. Bis zu diesem Spiel war man zuvor in 15 Auswärtsspielen ohne Niederlage geblieben. Überhaupt hatte die Wormatia nach der überraschenden Auftaktniederlage in die Saison 2021/2022 schnell wieder in die Spur zurückgefunden, denn bis zur Winterpause blieb dies in 18 Spielen die einzige Niederlage. Die Souveränität des eindeutig stärksten Teams der Südgruppe geriet lediglich im neuen Jahr ins Wanken, als der VfR nur fünf Punkte aus vier Nachholspielen holte und die souveräne Führung fast noch verspielt hätte. Anschließend wurde bekannt, dass Erfolgstrainer Trainer Kristjan Glibo den Verein zum Saisonende verlassen würde. Was für die Fans ein kollektiver Schock war, konnte jedoch dem Teamgeist der Mannschaft nichts anhaben. Im Gegenteil, präsentierte sich das Team in der Meisterrunde als geschlossene Einheit. In den zwölf Spielen in der Meisterrunde holte der VfR 29 von 36 möglichen Punkten bei 34:8 Toren.
Punktverluste gab es lediglich zuhause gegen den FV Engers (0:0) und bei den beiden Duellen gegen Eintracht Trier (1:1/1:2). Wer die beiden Spiele gegen die Moselstädter gesehen hat, wird aber bestätigen können, dass beide Male auch ein Sieg der Wormatia zum Greifen nahe war. Da aber in 26 Saisonspielen ein Dreier glückte, reichten die in der Südgruppe und der anschließenden Meisterrunde erzielten 79 Punkte für Platz eins. Die hierbei erzielten 94 Tore (bei 26 Gegentoren) in einer Saison sind ein neuer Bestwert der Wormatia seit 1977. Knapp dahinter folgte der SV Eintracht Trier, der bei gleicher Punktzahl das um 13 Tore schlechtere Torverhältnis vorzuweisen hatte (83:28). Da auch der Einspruch der Trierer gegen die Wertung der Spiele des abgemeldeten SV Röchling Völklingen abgeschmettert wurde, musste die Eintracht den Weg über die Relegation gegen die Zweitplatzierten aus Hessen und Baden-Württemberg gehen. Nach dem 5:0 bei Eintracht Stadtallendorf reichte den Trierern ein 1:1-Unentschieden gegen die Stuttgarter Kickers, um ebenfalls den Aufstieg in die Regionalliga klarzumachen. Für die entscheidenden Spiele gegen die Wormatia (4.500 Zuschauer), gegen Hertha Wiesbach (4.000) und Stuttgart (8.500) konnten die Trierer mehr Zuschauer mobilisieren als die Wormatia in der gesamten Saison. Trotz- dem braucht man sich hinsichtlich der Zuschauer- zahlen nicht zu verstecken. Mit 15.298 Zuschauern in den 17 Spielen wurde bei den Heimspielen der Wormatia ein Schnitt von 906 Zuschauern pro Spiel erreicht. In der Regionalliga Südwest lag die durchschnittliche Zuschauerzahl in der abgelaufenen Saison bei 984 pro Spiel – trotz Zuschauerkrösus Kickers Offenbach (Schnitt: 4.964), dem SSV Ulm (1.905) oder Hessen Kassel (1.509). Mit dem Zuschauerschnitt der abgelaufenen Oberligasaison hätte die Wormatia in der Regionalliga Süd- west den achten Platz in der Zuschauertabelle er- reicht. Zudem ist eine Klasse höher alleine schon aufgrund der hochkarätigeren Gegner noch Luft nach oben. An die Trierer Zahlen wird man aber auch dann nicht herankommen.
Die Top- Torschützen
Der Topscorer der abgelaufenen Saison war Noel Eichinger, der mit 15 Toren und 21 Torvorlagen auf überragende 36 Scorerpunkte kommt. Ebenfalls 15 Tore erzielte Luis Kiefer, der in der Meisterrun- de verletzungsbedingt auf die Hälfte der Spiele verzichten musste. Drittbester Schütze war Außen- stürmer Simon Joachims mit 11 Toren, dessen Abgang zu Nürnberg II. richtig weh tut. Auch Gibrel Darkaoui, mit 9 Toren viertbester Schütze der abgelaufenen Saison, wird den Verein verlassen. Im Mittelfeld präsentierte sich Jannik Marx mit 6 Treffern deutlich torgefährlicher als sein Mittelfeldkollege Sandro Loechelt, der kein einziges Tor erzielte. Rechtsverteidiger und Vize-Kapitän Lennart Grimmer kam nicht nur auf starke 6 Tore, sondern mit 2.908 Spielminuten auch auf die meisten Einsätze. Seine kürzlich erfolgte Vertragsverlängerung war immens wichtig, war Grimmer doch nicht nur „Mr. Zuverlässig“, sondern ebenso einer der konstant stärksten Spieler auf dem Platz. Der 20-jährige Daniel Kasper kam bis zur Winterpause allenfalls auf ein paar Kurzeinsätze in vorderster Front. Als aber im neuen Jahr Biedermann noch nicht so recht in Schwung kam und Kiefer verletzungsbedingt ausfiel, war der neue Publikumsliebling Kasper da und erzielte seine 5 Saisontore alle- samt in der Meisterrunde. Auch Abwehrchef Jean-Yves M‘voto erzielte 5 Tore, die stets nach dem gleichen Muster abliefen: Eckball, Kopfball M’voto – Tor! Winter-Neuzugang Aleksandar Biedermann steuerte 4 Treffer zur Meisterschaft bei und zählt mit insgesamt 20 Saisontoren (16 für Mechtersheim) zu den Top-Torjägern der Liga.
Ausblick auf die neue Saison
Nach dem Abgang von Trainer Kristjan Glibo, der nächste Saison die U21 von Eintracht Frankfurt betreut, wird zukünftig Max Mehring, zusammen mit Co-Trainer Mario Cuc, an der Seitenlinie stehen. Neben dem bereits verkündeten Abgang von Simon Joachims (1. FC Nürnberg II), werden auch Gibriel Darkaoui, Aaron Asamoah, Luca Graciotti, Adrian Kireski, Eric Lickert und Ersatztorhüter Ugur Can Tayar den Verein verlassen. Mit dem Top-Scorer Noel Eichinger würde der Verein gerne verlängern, allerdings sind auch höherklassige Vereine an dem Außenstürmer interessiert. Die gute Nachricht lautet, dass der Stamm des Teams bestehen bleibt. Neben Torhüter Ricco Cymer wird auch die erfolgreiche Viererkette mit Lennart Grimmer, Tevin Ihrig, Jean-Yves M’voto und dem Brasilianer Henrique den Weg in die Regionalliga antreten. Als Ergänzungsspieler für die Defensive bleiben Mark Knäblein und Joshua Smith. Mit dem 22-jährigen Innenverteidiger Jannis Reuss, der zuletzt beim FC Homburg unter Vertrag stand, hat der VfR den ersten Neuzugang bekanntgegeben. Für die Saarländer absolvierte Reuss in den vergangenen beiden Jahren 23 Spiele (1 Tor), fiel zuletzt aber wegen einer Schulterverletzung mehrere Monate aus. Im Mittelfeld bleiben die beiden zentralen Spielmacher Jannik Marx und Sandro Loechelt erhalten, als Alternativen stehen noch Fatih Köksal und Justin Smith zur Verfügung. Aus der eigenen U23 stoßen Marco Bresser und Reda Chkifa zum Regionalligakader. Im Sturm haben Luis Kiefer, Aleksandar Biedermann und Daniel Kasper noch einen Vertrag und waren allesamt in der abgelaufenen Saison als Mittelstürmer eingesetzt worden. Von daher gilt, ebenso wie im Mittelfeld, dass in erster Linie auf den Außenpositionen Bedarf besteht. Mit dem zweiten Neuzugang, Jannik Sommer (FSV Frankfurt), konnte man einen gestandenen Regionalligaspieler für die offensive Außenbahn verpflichten. Mit 254 Regionalligaspielen (63 Tore, 44 Torvorlagen) bringt der 30-jährige Darmstädter viel Erfahrung mit ein. Bis zum Saisonstart ist noch mit weiteren Neuzugängen zu rechnen. Das erste Testspiel findet am 2.7. in Guntersblum gegen die Bundesligamannschaft von Mainz 05 statt. Zum ersten Saisonspiel der neuen Saison kommen am 6.8. die Offenbacher Kickers nach Worms.
Text: Frank Fischer, Fotos: Andreas Stumpf (Das Bild zeigt Neuzugang Jannik Sommer)