Die Welt des Theaters ist schon eine sehr eigene. Noch eigener wird sie, wenn man selbst mittendrin steckt. Willkommen auf den Brettern, die die Welt bedeuten! Meine erste Kolumne für dieses Jahr, die aus Bad Hersfeld kommt.
Theater bedeutet, von morgens um 10 bis abends um 23 Uhr zu proben. Zwischendrin Würstchen, Burger, Kaffee und Alkohol zu konsumieren und irgendwann noch die unzähligen Seiten Text zu lernen. In diesen sechs Wochen Probe für Dieter Wedels „Luther – der Anschlag“ hatte ich mal wieder die Gelegenheit, all dies am eigenen Leib zu spüren. Auch neue Kollegen, wie etwa Marcel Heupermann, Claude-Oliver Rudolph oder eben Paulus Manker durfte ich kennenlernen. Letzterer sorgte mit einem regelrechten Eklat für bundesweite Schlagzeilen. Von überall her bekam ich Nachrichten und Anrufe, was denn passiert sei, warum Manker gekündigt wurde und ob denn Wedel wirklich so schlimm sei, wie alle sagen. Lasst es mich so sagen: Wenn ein Mensch in Klaus Kinski Manier vier Wochen lang Kollegen, Mitarbeiter oder Statisten massiv beleidigt und angeht, braucht man sich nicht zu wundern, dass der Intendant einem irgendwann kündigt. Für das Ensemble war Mankers Abgang trotzdem ein großer Verlust, da er wirklich ein großer Schauspieler ist, aber mit einem Verhalten, das seinesgleichen sucht. Über die Presse musste ich dann erfahren, dass Manker hinterher Wedel mit einem „nordkoreanischen Diktator“ verglichen hat und bei der Presse zu Protokoll gab, unsere aktuelle Produktion hätte die „Brisanz von warmer Hundepisse“. Hier muss ich mich wehren, denn weder hätten wir das Budget für Raketentests, noch verhält sich unser Chef menschenverachtend und die passende Frisur hat er bekanntlich auch nicht. Allerdings muss ich zugeben, dass es in Bad Hersfeld sehr viele Parks gibt, die regelmäßig von kleinen und großen Hunden aufgesucht werden. Und ja, sie pinkeln überall hin. An Bäume, auf Wiesen und bestimmt auch an die Stiftsruine. Mir persönlich ist aber nicht bekannt, ob Luther auf dem Reichstag in Worms seinen Pudel mitgebracht hatte oder nicht. Hierzu ist historisch nichts belegt, aber die Vermutung lässt es zu, dass dieser dann in den Heylshofpark gepinkelt hat. Na sowas.
Von Worms habe ich in den letzten vier Wochen rein gar nichts mitbekommen und im Normalfall kenne ich hier Gerüchte, bevor sie entstehen. Wer mit wem und wenn ja, warum dann nicht? Aber auch in der Ferne ist mir durchaus eine kuriose Geschichte begegnet, die in meiner Heimat Worms spielte. Fred Wesley, der berühmte Posaunist von James Brown, sollte auf dem Jazz & Joy Festival auftreten, steckte aber – aus Berlin kommend – im Stau fest, so dass es nur noch für einen zwanzigminütigen Auftritt reichte. Fred Wesley kam also später, blieb aber dafür etwas länger als geplant. Mein Freund Matthias Trippner, der bei zwei Aufführungen der Nibelungen-Festspiele als Schlagzeuger im Einsatz war und nun ebenso in Bad Hersfeld dabei ist, spielt noch in einer Funk-Combo in Berlin. Irgendwie hatte das Management der Band Fred Wesley überzeugen können, auf der neuen CD ein paar Solis zum Besten zu geben. Nur leider war bei Wesleys Auftritt in Berlin keiner verfügbar, der ihn hätte aufnehmen können. Anders in Worms. Hier wurde schnell organisiert, dass Wesley am Tag nach Jazz & Joy bei Tobias Lensinger, dem Wormser Alleskönner in Sachen Musik, aufnehmen konnte. Was für ne Geschichte! Und am Ende waren alle glücklich. Wesley hatte einen schönen Tag, die Funk-Band von Matthias tolle Bläserspuren und der Tobi ein paar Erinnerungsfotos. Geile Sache und niemand hat von warmen Urin gesprochen.
Nächsten Monat komme ich wieder nach Hause, ist ja dann auch wieder „Packmischfest“.
Bis dann
Jim Walker Jr.