Parken ist seit geraumer Zeit ein heiß diskutiertes Thema in Worms. Mit dem Neubau des Parkhauses am Dom/Koehlstraße hat dieses seinen bisherigen Höhepunkt gefunden. Fehlplanungen und anschließende Korrekturen, Budgetsteigerungen und mangelhafte Kommunikation der Probleme machen das Gebäude längst zum Mahnmal dessen, wie sich die Stadt als Bauherr gewaltig in den Fallstricken solcher Bauten verheddern kann.
Rabatt für Großkunden, aber Mehrkosten für Dauerparker
Als wäre das nicht genug, sorgte die jüngst im Haupt-und Finanzausschuss vorgestellte und im Stadtrat abschließend debattierte Tarifplanung bei vielen Bürger für Unmut. Hauptkritikpunkt sind vor allem die geplante Anhebung der Tarife für Dauerparker um 75%, sowie die Rabattierung für Großkunden. Eine Rabattierung für Großkunden ist an sich nichts Außergewöhnliches. Was aber, wenn der Großkunde der Bauherr selbst ist, also die Stadt? Kein Arbeitgeber ist verpflichtet, seinen Angestellten Parkplätze zur Verfügung zu stellen. Wenn er das tut, muss er diesen im Regelfall selbst bauen oder eben anmieten. Bei der Stadt sieht das allerdings ein wenig anders aus. Wie Timo Horst (Fraktionssprecher SPD) unserem Magazin gegenüber erläuterte, muss die Stadt aufgrund einer Dienstvereinbarung den Mitarbeitern Parkplätze zur Verfügung stellen, auch weil einige die privaten KFZ dienstlich nutzen und die Stadt keine Alternative in Form von Dienstwagen zur Verfügung stellen kann. In Zahlen bedeutet das, dass die Stadtverwaltung als Großkunde einen Anspruch auf 110 Parkplätze angemeldet hat. Die Stadtverwaltung selbst hat wiederum einen Großkundenrabatt im Angebot, bei dem der Mitarbeiter einen Preisnachlass von 20% bekäme. Es drängt sich der Gedanke auf, dass die Stadt letztlich ein Parkhaus für sich und nicht den Bürger in Auftrag gegeben hat. Verstärkt wird der Eindruck einer Ungerechtigkeit dadurch, dass gewöhnliche Dauerparker einen Aufschlag gegenüber den bisherigen Gebühren von 60% hinnehmen müssen. Immerhin. Zuvor plante man im Haupt-und Finanzausschuss eine Erhöhung von 75%. Mathias Englert (FWG) sah dies hingegen als ungerecht und forderte eine Absenkung, der letztlich auch der Stadtrat weitestgehend folgte. Englert geht noch einen Schritt weiter und erklärt, dass er generell den Großkundenrabatt ablehne, da das eine Benachteiligung gegenüber kleineren Betrieben oder dem Einzelhandel sei und unterstreicht das mit dem Satz: „Es gibt schließlich auch keinen Lohnsteuerrabatt für Betriebe mit vielen Mitarbeitern!“
Tarife zu günstig?
Mit einem klaren „Nein“ positionierte sich auch Richard Grünewald (Bündnis 90 / Die Grünen), der von Anfang an das Parkhaus als überdimensioniert kritisierte, gegen die Tarifgestaltung. Er findet allerdings die Tarife in Anbetracht der Baukosten und des Komforts als zu niedrig: „Die beschlossene Erhöhung ist nicht kostendeckend, das heißt, jeder Parkplatz wird vom Steuerzahler, egal ob er ein Auto hat oder nicht, subventioniert“. Grünewald spricht von einer Summe von 600.000 bis 800.000 Euro, mit der das Parken in diesem Gebäude jährlich subventioniert werden muss. Auch Bürgermeister Kosubek (CDU) begründet die Erhöhung für Dauerparker mit den Kosten und dem Komfort (z.B. Ladestationen für Elektroautos und SUV-gerechte-Parkplätze) des Parkhauses. Die Rabattierung verteidigt er wiederum damit, dass der Verwaltungsaufwand sinken würde und man damit eine komplette Stelle einsparen könnte. Eine nachvollziehbare Erklärung, wie er zu diesem Ergebnis kam, blieb er allerdings dem Stadtrat schuldig. Katharina Schmitt (Bündnis 90 / Die Grünen) zweifelte diese kühne Aussage dann auch an. Die SPD Stadtratsfraktion nahm wiederum den Großkundenrabatt zum Anlass und stellte in der Sitzung den Antrag, die Stadtverwaltung prüfen zu lassen, ob es die Möglichkeit gäbe, den Anwohnern ebenfalls einen Rabatt zu gewähren. Da Anwohner Dauerparker sind, würde das bedeuten, dass sie einerseits mit einer Erhöhung der Gebühren zu rechnen haben, auf die wiederum anschließend ein Rabatt gewährt wird! Kein leichtes Unterfangen, in diesem Tarifdschungel der gegensätzlichen Meinungen noch den Überblick zu behalten. Eine Vergünstigung bekommen auf jeden Fall Theater- und Festspielbesucher. Die bezahlen bereits in den anderen Parkhäusern einen ermäßigten Tarif von 3 Euro, der auch im neuen Parkhaus gelten soll. Bleibt allerdings zu hoffen, dass im Gegensatz zu der Tiefgarage am Theater der vorgesehene Button funktioniert. Immer wieder zeigen sich Theaterbesucher irritiert über die seit Jahren nicht funktionierende Taste, was zur Folge hat, dass Parkhausnutzer gratis parken oder der Mitarbeiter am Ticketschalter im Theater diese Funktion übernehmen muss. Warum es den Wormser Parkhausbetrieben nicht möglich ist, diese Funktion frei zu schalten, bleibt indes ein Rätsel.
Was ist eigentlich mit dem Einzelhandel?
Als das Parkhaus geplant wurde, diskutierte man im Stadtrat leidenschaftlich über das „Warum?“. Gerne wurde hierbei ins Feld geführt, dass der Einzelhandel daran leide, dass für potentielle Kunden zu wenige Parkplätze vorhanden seien. Tatsächlich hat sich dieser Umstand zwischenzeitlich noch etwas verschärft. Nach einem Brand darf das Parkhaus Nibelungencenter nicht mehr genutzt werden, auch das Parkhaus Friedrichstraße ist geschlossen. Die Stadt verweist darauf, dass es wiederum Parkmöglichkeiten auf dem Festplatz gebe. Auch das Parkhaus hinter dem Bahnhof weist oftmals Leerstände auf. Für Flaneure scheinen diese Angebote wiederum wenig attraktiv. Gebraucht und gefordert wird vom Einzelhandel und den Gastronomen ein Parkhaus in unmittelbarer Nähe zur Innenstadt. Im ersten Moment verwundert dann auch das Verhältnis Dauerparkplätze zu flexibel nutzbaren Parkplätzen. Von den 347 Parkplätzen sind 240 für Dauerparker reserviert. Bleiben noch 107. In den sozialen Netzwerken zeigte sich, ob dieses Verhältnisses, der ein oder andere verwundert. Timo Horst sieht das hingegen anders: „Man muss immer bedenken, dass die Parkplätze meistens nicht gleichzeitig genutzt werden. Die Parkplätze für Dauerparker können ja durchaus von Kurzzeitparkern genutzt werden. Dauerparker nutzen beispielsweise seltener am Wochenende das Parkhaus, während Kurzzeitparker gerade am Samstag oft einkaufen gehen und dort die höchste Nachfrage ist. Der Schlüssel leitet sich aus Erfahrungswerten ab und dient auch zur Finanzierung des Parkhauses (das Geld von Dauerparkern hat man). Allerdings wollen wir das Verhältnis nach einiger Zeit prüfen und schauen, ob es verändert werden muss“. Richard Grünewald sieht das Verhältnis eher ungesund: „Wir halten es für völlig unangemessen, ein Parkhaus für 10 Mio. zu bauen und es dann zu 70% Dauerparkern vorzubehalten. Es führt das Argument der vorgeblichen Förderung des Einzelhandels ad absurdum.“ In der lebhaften Stadtratsdebatte sprach man auch über die Benachteiligung des Einzelhandels gegenüber den oben beschriebenen Großkunden an. Uwe Gros (SPD) regte hierzu an, darüber nachzudenken, ob es nicht sinnvoll sei, dass das Stadtmarketing als Großkunde ein Kontingent erwirbt. Damit könnte der Handel seinen Kunden attraktive Parkmodelle anbieten. Wie das gehen kann, zeigt seit einigen Jahren die kleine Stadt Kirchheimbolanden. Der dortige Verkehrsverein ermöglicht es den Kunden, durch die Unterstützung von Sponsoren und Werbepartnern, sogar kostenlos in der gesamten Stadt zu parken.
Wann eröffnet eigentlich das Parkhaus?
Bleibt abschließend die im Grunde wichtigste Frage: Wann eröffnet eigentlich das Parkhaus? Wie wir bereits in unserer Januar-Ausgabe schrieben, verzögert derzeit ein Streit um eine missglückte Oberflächenbeschichtung die Eröffnung. Die Stadt gab daraufhin ein Gutachten in Auftrag, um die Verantwortlichkeit zu klären. Wie Baudezernent Uwe Franz auf Nachfrage im Stadtrat erklärte, sei dieses so gut wie fertig, aber noch nicht im Rathaus eingetroffen. Von dem Ergebnis hänge das weitere Vorgehen der Stadt ab, deshalb lasse sich noch kein Zeitpunkt für eine Eröffnung nennen. Wie Rechtsanwalt Dr. Klaus Karlin unserem Magazin gegenüber erläuterte, kann sich dies unter Umständen mehrere Monate hinziehen. Man darf gespannt sein, wann die unendliche Geschichte des Parkhauses am Dom endlich ihr Ende finden wird. Derzeit werden noch Wetten angenommen, ob der BER zuerst eröffnet.
Viel Ärger um ein Parkhaus
Kommentar
Es hätte so schön sein können! Nachdem eine reine Sanierung des in die Jahre gekommenen Parkhauses in der Koehlstraße ausgeschlossen wurde, entschied man im Stadtrat den Neubau des Selbigen. Es sollte 370 Stellplätze beherbergen und 6,7 Millionen Euro kosten. Der Eröffnungstermin war spätestens für den Rheinland-Pfalz-Tag 2018 vorgesehen. Dann kam aber alles anders. Bereits in der Planungsphase verteuerte sich das Projekt und schon bald sprach man von Kosten in Höhe in 8,9 Millionen Euro. Geschätzt wird derzeit, dass das Parkhaus letztlich 10 Millionen kosten wird. Ganz nebenbei verringerte sich die Zahl der Stellplätze auf 317. Letztlich sind es 347. Im Stadtrat wurde leidenschaftlich darüber gestritten, wer die Verantwortung für Planungsfehler sowie die Kostensteigerung zu tragen habe. Oberbürgermeister Michael Kissel (SPD) bat um Fehlerfreundlichkeit und Richard Grünewald (Bündnis 90 / Die Grünen) monierte: „Wir bauen nicht das Parkhaus, das beschlossen wurde. Es wurden Entscheidungen getroffen, die auf falschen Annahmen beruhen!“ Im Sommer 2018 forderte Grünewald sogar den Rücktritt des verantwortlichen Dezernenten Uwe Franz (SPD): „Das ist der Offenbarungseid von Baudezernent Franz, der sich noch weigert, die Verantwortung dafür zu übernehmen, dass das Projekt finanziell komplett aus dem Ruder gelaufen ist”. Nun ist es fertiggestellt, aber eine Eröffnung immer noch ungewiss. Der Grund: Ärger mit der Oberflächenbeschichtung und damit einhergehend ein Gutachten, das klären soll, wer Schuld trägt – verbunden mit der Hoffnung, dass man die Firma in Regress nehmen kann. In der vorläufigen Endabrechnung schlägt ein Stellplatz mit rund 26.000 Euro zu Buche. Viel Geld für einen Parkplatz, das natürlich rein durch die Gebühren niemals wieder eingenommen werden kann. Das „Sondervermögen Vermietung und Verpachtung (SVV)“, die Besitzer des Gebäudes ist, rechnete im Haupt- und Finanzausschuss vor, dass es den Zuschussbedarf bei rund 200.000 Euro sieht. Geld, das der Stadt fehlt und vom Bürger getragen werden muss. Doch sind Parkhäuser Sache der Stadt? Für Michael Kissel ist die Sache klar. Wie er im Stadtrat mehrfach erklärte, gehört Parken ganz klar in die Hand der Stadt. Eine Meinung, über die man streiten kann. Kissel begründet dies damit, dass es zur Aufgabe der Stadt gehöre, Parkraum auch für Anwohner zu schaffen. Andererseits könnte man sagen, wer in die Stadt zieht, muss damit rechnen, dass es einen eklatanten Parkplatzmangel gibt. Parkplätze, besonders für Anwohner, sind ein rares Gut, und jedem Autofahrer sei auch ein sicherer Stellplatz gegönnt. Jüngst sorgte im Stadtrat die geplante Tarifstruktur für reichlich Diskussionsstoff, besonders die Erhöhung der Gebühren für Dauerparker um 60%, ursprünglich sogar 75%. Kosubek hat im Grunde recht, wenn er die Erhöhung mit dem gestiegenen Komfort begründet, andererseits sind auch Dauerparker potentielle Wähler, weshalb es nicht verwundert, dass die SPD in derselben Sitzung darum bat, zu prüfen, ob man nicht doch einen Rabatt gewähren könnte. Es ist davon auszugehen, dass der Zuschussbedarf sich noch erhöhen wird. Zwischenzeitlich drängt sich auch der Eindruck auf, dass die Stadt nicht ohne Eigennutz gebaut hat, schließlich hat diese direkt Eigenbedarf angemeldet und sich gleich mal selbst einen ordentlichen Großkundenrabatt eingeräumt. Es bleibt am Ende die Frage, wie gerecht die Subvention von Parkplätzen ist oder ob Parkhäuser nicht viel mehr in private Hand gehören.