Acht Parteien treten am 26. Mai im Kommunalwahlkampf um die 52 Sitze im Wormser Stadtrat an, die neu besetzt werden möchten. Die Wahlprogramme, mit denen die Parteien um die Gunst des Wählers werben, wurden in unzähligen Mitgliederversammlungen und Klausurtagen erarbeitet. Sie alle eint, dass sie Worms im Sinne ihrer Partei positiv weiterentwickeln wollen. Man kann und sollte mit jedem Stadtrat, Bewerber oder jeder Partei in den Diskurs gehen und die Ziele oder den Weg dorthin hinterfragen, statt in das gerne gehörte Wormser Mantra – „es wird immer schlimmer“ – zu verfallen. Veränderung ist oftmals mühsam und unbequem, was man sicherlich auch über die Arbeit eines ehrenamtlich gewählten Stadtrats sagen kann. Worms hat mannigfaltige Probleme, von leeren Kassen bis hin zu der Frage, wie man mit dem immer stärker werdenden Verkehrsaufkommen umgeht. Die Antworten der Parteien fallen unterschiedlich aus. Wir haben uns die Programme der bisher im Stadtrat vertretenen Parteien (CDU, SPD, Die Grünen, FWG Bürgerforum, FDP, Die Linken) angeschaut, Überschneidungen betrachtet und Unterscheidungsmerkmale festgestellt. Das ist natürlich nur ein subjektiver Querschnitt der Programme und insofern soll dieser Text nur eine kleine Orientierungshilfe sein. Jeder Wähler sollte sich die Zeit nehmen und mit den Wahlprogrammen auseinandersetzen, anstatt über die vermeintliche Planlosigkeit der kommunalen Politiker zu meckern.
WOHNEN IN WORMS
Es gibt auffallend viele Überschneidungen, bei denen man sich zum Teil fragt, warum der eine oder andere Punkt nicht schon längst umgesetzt wurde, schließlich gilt es, das gemeinsame Ziel über das der Partei zu stellen. Wohnraum ist in den letzten Jahren in Worms zu einem ganz besonders wertvollen Gut geworden, besonders für einkommensschwache Menschen, weshalb der scheidende OB Michael Kissel vor ein paar Jahren symbolträchtig den Masterplan Wohnen ausrief. Hier sind sich die SPD, CDU, Die Linken, Die Grünen und die FWG Bürgerforum einig; lediglich wie man dies erreichen möchte, folgt unterschiedlichen Regeln. Die Linken verweisen in ihrem Programm darauf, dass derzeit in Worms rund 1.500 Menschen auf der Suche nach günstigem Wohnraum sind. Sie fordern dementsprechend, dass die Stadt sich verpflichtet, in den nächsten Jahren 1.500 sozialverträgliche Wohnungen zu bauen. Die SPD möchte gleich 2.500 bezahlbare Wohnungen bauen und neue Baugebiete ausweisen. In größeren Baugebieten möchte man einen Anteil von 25% an sozial gefördertem Wohnraum durchsetzen. Die Grünen möchten diesen Anteil bei allen Neubaugebieten erreichen. Die CDU fordert wiederum, dass die Wormser Wohnungsbaugesellschaft sich wieder auf ihre Kernkompetenz, den sozialen Wohnungsbau, konzentriert, statt Projekte wie den Bau von Einfamilienhäusern (Carl Villinger Straße) umsetzen zu müssen. Dem schließt sich auch die FWG Bürgerforum an und setzt sich zum Ziel, dass die Wohnungsbau GmbH schnellstmöglich neue Grundstücke erwerben muss.
SICHERHEIT, KINDERBETREUUNG UND BILDUNG
Bei dem Thema Sicherheit kommen sogar alle sechs Parteien auf einen gemeinsamen Nenner und fordern, den Vollzugsdienst so auszustatten, dass er bei Verstößen jederzeit reagieren kann. Zusätzlich fordert die FDP eine Sperrstunde im Altstadtbereich (Freitag und Samstag 2 Uhr, unter der Woche 24 Uhr). Weitestgehende Einigkeit herrscht ebenso im Bereich Bildung, wenn auch hier Abweichungen im Detail erkennbar sind. Die SPD möchte u.a. eine Ganztagesbetreuung etablieren, die auch Schichtbedienstete berücksichtigt, aber ebenso die erforderlichen Schulsanierungen fortführen und Fachsäle entsprechend ausstatten. Dem hat die FWG Bürgerforum nichts hinzuzufügen, außer dass sie – genauso wie „Die Linken“ – mehr Kooperationen mit Betrieben anstreben möchten. Bezüglich Schulen möchten alle Parteien die Vielfalt in der Wormser Bildungslandschaft fördern. Die SPD und Die Linken möchten prüfen, ob es Bedarf für eine weitere IGS gibt. Zusätzlich möchten SPD, FDP und die CDU ein Wirtschaftsgymnasium in Worms ansiedeln. Die Grünen stehen diesem auch offen gegenüber, aber nur, wenn dadurch keine anderen Bildungsgänge verdrängt werden.
FINANZEN UND DIE NIBELUNGEN
Einig sind sich die Parteien darüber, dass der Schuldenberg der Stadt (knapp 500 Millionen Euro) verkleinert werden muss und sich die Haushaltslage grundsätzlich verbessern soll. Hier sehen alle Parteien das Land und den Bund ebenso in der Mitverantwortung. Die weiteren Wege, wie man den Haushalt sanieren möchte, sind jedoch sehr unterschiedlich, zumal die Programme sehr viele Posten beinhalten, die wohl den jährlichen Haushalt verteuern würden. Generelle Einigkeit herrscht darüber, dass man wirtschaftlich neue Wege gehen muss, zumal größere Gewerbeflächen nicht mehr vorhanden sind. Ganz in diesem Sinne möchte die FDP aus diesem Grund das begehrte Filetstück „Salamandergelände“ nicht zur öffentlichen Nutzung bereitstellen. Um neues Gewerbe anzulocken, würden die Liberalen die Gewerbesteuer gerne um 10 Prozentpunkte senken, damit eine Ansiedlung für Unternehmer attraktiver wird. Mehr Unternehmer bedeutet mehr Gewerbesteuereinnahmen. Eine konkrete Prozentzahl nennen sie nicht, aber auch die FWG Bürgerforum ist für eine Absenkung der Gewerbesteuer sowie die Abschaffung der Schankerlaubnissteuer für Gastronomen. Die FDP fordert als weitere Sparmaßnahme die Schließung des Nibelungenmuseums und möchte die Digitalisierung der Verwaltung vorantreiben. Letzteres wollen auch die FWG Bürgerforum, SPD, CDU sowie Die Grünen. Die Ökopartei stellt aber auch die Frage, wie mit den Daten umgegangen wird, und sie fordern, dass eine öffentliche Diskussion zu diesem Thema geführt werden müsse. Als wirtschaftlich große Chance sehen die SPD, CDU, FWG Bürgerforum und Die Grünen das Thema Tourismus und möchten dieses ausbauen. Lutherstadt, SchUM-Stadt, Nibelungenstadt und Weinstadt. Die Möglichkeiten sind vielfältig, die Schwerpunkte durchaus unterschiedlich. Die Linken möchten sich, ähnlich wie Die Grünen, besonders auf heimische Kultur konzentrieren. Beide lenken hierbei ihr Augenmerk auf die Nibelungen-Festspiele. Die Linken ziehen in Erwägung, die Festspiele im Zwei-Jahres-Rhythmus stattfinden zu lassen und halten die Zusammenlegung des Nibelungenmuseums mit dem Andreasstift für sinnvoll. Die Grünen und die FWG Bürgerforum möchten zukünftig Budgetsteigerungen bei den Festspielen nicht mehr zustimmen. Die FDP möchte ihr Augenmerk mehr auf den Weinbau legen und fordert eine bessere Verknüpfung des Weinbaus mit dem kulturellen Erbe von Worms.
EIN NEUER VERKEHRSMIX UND DAS STADTKLIMA
Die Fokussierung auf Tourismus hat durchaus auch Auswirkungen auf den innerstädtischen Verkehr, da man dort eine Verkehrsberuhigung anstrebt, um mehr Lebensqualität in der Stadt für Bewohner, Anwohner und Touristen zu erreichen. Etwas, was von der FDP komplett abgelehnt wird mit dem Satz: „Wo Straßen vorhanden sind, muss der Verkehr auch fließen“. Die Linken würden gerne durch eine Einbahnstraßenregelung den Verkehr fließender gestalten. Die FWG Bürgerforum und die SPD äußern sich zu diesen Punkten in ihren Programmen nicht weiter. Erwähnung findet indes bei allen Parteien die Förderung des öffentlichen Nahverkehrs. Die FWG Bürgerforum möchte eine Verbesserung der Linienführung und außerdem das Maxx Ticket für alle Schülerinnen und Schüler. Die Linken hätten gerne einen ticketfreien Nahverkehr durch Umlage auf die Wormser Bevölkerung; ausgenommen sollen Menschen sein, die einen Sozialausweis besitzen. Die FDP ist wiederum mehr auf die Umstellung des straßengebundenen ÖPNV auf Elektrotechnik konzentriert. Die SPD sieht eine Möglichkeit, dem städtischen Verkehrsaufkommen entgegen zu wirken, in dem sie für mehr Park+Ride Möglichkeiten und Shuttle Service sorgen. Die CDU möchte ein kostengünstiges Jahresticket. Eine große Bedeutung spielt besonders bei CDU, FWG Bürgerforum und den Grünen auch der Ausbau des Radnetzes. Die Grünen nennen sogar eine konkrete Summe für den jährlichen Ausbau, nämlich 1 Million Euro. Die CDU sieht darin eine Chance, dass der Ausbau von Radwegen zu mehr Akzeptanz führt und sich der Verkehr entspannt. Die Grünen sehen natürlich in der Förderung des Radverkehrs eine Verbesserung des Stadtklimas, dem sie in ihrem Programm ein ganzes Kapitel widmen. Unter dem Slogan „Worms frischt auf“ wollen sie die Begrünung von Flachdächern, Hausfassaden und zugepflasterten Hinterhöfen, sowie die Verschattung von Gebäuden durch Bäume, Pergolen oder Sonnensegeln vorantreiben. In diesem Zusammenhang würden sie gerne mehr öffentliche Flächen begrünen, wie z.B. den Marktplatz, dem man ein paar Bäume gönnen möchte. Die FDP hat hingegen für den Markplatz ganz andere Pläne. Die Liberalen möchten ihn außerhalb von Markt- oder Veranstaltungszeiten gerne wieder als Parkplatz nutzen. Selbigen Gedanken hegt sie auch für den Weckerlingplatz, der nach der ungewissen Eröffnung des Parkhauses am Dom eigentlich nicht mehr als Parkplatz genutzt werden soll. In Fragen des Parkens herrscht zumindest Einigkeit im Umgang mit der Tiefgarage Ludwigsplatz. Statt in Eigenregie zu sanieren, würde man diese am liebsten direkt der ITG verkaufen, wogegen sich aktuell die Stadtverwaltung noch wehrt. Die steht wiederum bei der Kommunalwahl sowieso nicht zur Wahl und hat eigentlich die Beschlüsse des Stadtrates umzusetzen.
MEHR BÜRGERBETEILIGUNG UND SILICON WORMS
Ein wichtiges Thema für das Worms nach der Kommunalwahl dürfte die Weiterentwicklung des Andreasquartiers sein. Zuletzt duellierten sich diesbezüglich besonders die SPD und die CDU. Die SPD hielt bisher an den Plänen fest, dort das „Rathaus II“ zu errichten, während die CDU an dieser Stelle lieber ein Hotel sehe. Die Christdemokraten staunten dann auch nicht schlecht, als die SPD behauptete, dass die CDU nun Luxuswohnungen forciere, was Parteichef Klaus Karlin WO! gegenüber als dreist und unwahr bezeichnete. Letztlich liegt die Zukunft des Andreasquartiers in den Händen des neuen Stadtrates. Die FWG Bürgerforum wünscht sich in ihrem Programm ausdrücklich ein schlüssiges Gesamtkonzept, auch die SPD lenkte mittlerweile ein, zumal keiner nach dem Parkhausdebakel ein weiteres Baufiasko in Eigenregie wünscht. Vielleicht sollte man auch die Bürger nach Ideen fragen. Damit diese zukünftig ein Wörtchen mitreden können, wünschen sich verschiedene Parteien in ihren Programmen mehr Bürgerbeteiligung. Die FWG Bürgerforum möchte dies über eine Online Plattform (Bürgerforum.de) erreichen, Die Grünen wünschen sich strukturierte Bürgerbeteiligungsplattformen, um konstruktiv zu streiten. Die CDU möchte wiederum mehr Bürgerbeteiligung durch Bürgerversammlungen, in denen der Stadtvorstand über aktuelle Projekte informiert. Mehr Bürgerbeteiligung in allen wichtigen Angelegenheiten der Stadt und das Öffnen von Diskussions- und Entscheidungsprozessen für die Teilnahme der Bevölkerung, wollen Die Linken. Spätestens seit Peter Englerts erfolgreichem OB Wahlkampf ist auch die Hochschule verstärkt in den Fokus der Politik geraten. Das Projekt „Silicon Worms“ findet sich dementsprechend auch bei der Kommunalwahl im Programm der FWG Bürgerforum wieder. In dem Kapitel „Wirtschaft, Arbeit und Ausbildung“ fordert die SPD ein „Digital-Netzwerk“ aus Hochschule, Kammern, Unternehmen und Stadt. Die FDP möchte eine Startup-Initiative für Spin-Off-Unternehmen der Hochschule. Die Linken halten eine Förderung von Studenten, die sich in Worms sesshaft und selbstständig machen wollen, für notwendig. Dies soll z.B. durch die Bereitstellung von günstigem Wohnraum und Unterstützung sowie Beratung bei der Eröffnung von Geschäften erreicht werden.
HINWEIS:
Die kompletten Wahlprogramme der Parteien sind auch online abrufbar unter:
SPD: spd-worms.de
CDU: cdu-worms.de
Die Grünen: gruene-worms.de
FWG Bürgerforum: wormswillweiter.de
FDP: fdpworms.de
Die Linke: Keine Internetpräsenz bekannt.
*Von der AfD und der Freien Liste Pfeddersheim lagen uns keine Kommunalwahlprogramme vor und finden deshalb in diesemText keine Erwähnung.