Zweite Fragerunde zur Landtagswahl 2021

Rund 62.000 wahlberechtigte Wormser sind in den kommenden Wochen aufgefordert, über den neuen Landtag abzustimmen. Corona und die damit verbundenen Maßnahmen werden natürlich auch auf den Ablauf der Wahl Auswirkungen haben. Im Haupt- und Finanzausschuss im Januar wurde bereits ausgiebig darüber diskutiert, ob eine reine Briefwahl angestrebt werden soll. Eines der der größten Probleme ist, dass man derzeit aus Angst vor Corona kaum Wahlhelfer findet, aber die braucht man in großer Zahl, denn schließlich gilt es, mit jeweils 6 bis 9 Personen rund 60 Wahllokale zu besetzen. Oberbürgermeister Adolf Kessel hat Ende Januar schon mal die Weichen auf reine Briefwahl gestellt und beim Landeswahlleiter selbige beantragt. Es wäre ein Novum in der Wormser Wahlgeschichte. Das Hauptargument ist derzeit auf seiner Seite, schließlich hat die Politik strikte Kontaktbeschränkungen erlassen. Wie allerdings die Situation am 14. März aussieht, das lässt sich im Moment natürlich nicht sagen.

WO LIEGEN IHRE PERSÖNLICHEN POLITISCHEN SCHWERPUNKTE?

JENS GUTH (SPD): Die Modernisierung unserer Kitas und Schulen sowie ausreichende Betreuungsangebote liegen mir als Familienvater besonders am Herzen. Mit Landeszuschüssen sind neue Kitas entstanden, werden gerade erweitert oder sind aktuell in Planung. Das muss dringend umgesetzt werden. Auch unsere Schulen werden nach und nach saniert sowie innen und außen auf den neuesten Stand gebracht. Dazu zählt z.B. die digitale Ausstattung ebenso wie eine gute Lehrerausbildung. Bezahlbarer Wohnraum ist eine der wichtigsten Aufgaben, die vom Land großzügig gefördert wird. Deshalb setze ich auf 25% geförderten Wohnraum bei neuen Quartieren und Baugebieten. Junge Familien und Seniorinnen und Senioren sollen in unserer Stadt den Wohnraum finden, den sie brauchen und bezahlen können. Worms hat große Chancen beim Städtetourismus und der Kultur. Nibelungenstadt, Lutherstadt 2021 und UNESCO-Welterbestadt zu werden ist das Ziel! Deshalb stellt uns das Land 11 Mio. Euro in Aussicht für die Entwicklung des neuen touristischen und kulturellen Zentrums um den Weckerlingplatz. Auch unsere Innen- und Einkaufsstadt und das Rheinufer müssen wir aufwerten. Und letztlich stehe ich als Mitglied im Innenausschuss auch für die Innere Sicherheit. Die Stärkung und Ausstattung unserer Polizei bleibt daher ein weiterer Schwerpunkt.

STEPHANIE LOHR (CDU): Als umweltpolitische Sprecherin denke ich Klimaschutz und Wirtschaft zusammen. Die Unterstützung lokaler Produzenten, regionaler Produkte, aber auch der Kunst- und Kulturschaffenden ist mir ein wichtiges Anliegen. „SupportYourLocal“, regional und nachhaltig, sollte auch nach Corona unsere Kaufentscheidungen leiten, das hilft dem Klima, der Wirtschaft und bereichert unsere Stadt. Ein weiterer Schwerpunkt sind für mich die Schulen. Wir müssen den Sanierungsstau in den Wormser Schulen angehen und die Digitalisierung endlich umsetzen. Es darf im Jahr 2020 nicht sein, dass ein Land Monate braucht, um einen Anbieter für Videokonferenzen auszuwählen, um ein kleines Beispiel zu nennen. Ich will mich auch nicht damit abfinden, dass in Rheinland-Pfalz fast 1/3 der Kinder die Grundschule verlässt, ohne richtig lesen und schreiben zu können.

KATHARINA SCHMITT (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ganz klar demokratische Beteiligungsprozesse, Zusammenarbeit, Basisdemokratie. Menschen können in undemokratischen Strukturen die Hölle füreinander erschaffen und in demokratischen – na, vielleicht nicht den Himmel, aber fast. Das sieht man bei uns Grünen immer wieder. Als eingearbeitete Kommunalpolitikerin bezieht sich dieser Gedanke natürlich auch besonders auf das komplexe Verhältnis Kommune-Land-Bund. Auch im Wormser Stadtrat beackere ich dieses strukturelle Feld. Wie kann man Kommunikation lebendig halten und komplexe Abläufe verständlich mit Leben füllen? Das hat schon auch mit meiner beruflichen Prägung als Musikerin und Pädagogin zu tun.

ALFRED KOCH (FDP): Ich kam zur FDP, weil ich selbstständig tätig bin – die Interessen der Unternehmer* innen liegen mir daher im Blut. Worms für Betriebe attraktiv zu machen, bedeutet wichtige Steuereinnahmen für die Stadt sowie Arbeitsplätze zu schaffen. Letztere sind Voraussetzung für Einkommen, wodurch die Menschen sich Wohnraum und Konsum leisten können, wobei letzterer wiederum auch dem Einzelhandel in der Stadt zugutekommt. Vielfältige und gute Einkaufsmöglichkeiten sind aber auch Basis für Worms als attraktive Einkaufs- und Erlebnisstadt. Zu einer lebenswerten Stadt gehört mithin ein breites und vor allem ausreichendes Angebot für Bildung von der KiTa bis zur Hochschule. Und das funktioniert besser, wenn die oben erwähnten Steuereinnahmen ausreichend fließen. Der Kreis schließt sich, wo gute Arbeitsplätze, ein gutes Wohnungs- und Bildungsangebot und die zuvor erwähnten Einkaufs- und auch Erlebnismöglichkeiten dazu führen, dass Menschen gerne in Worms leben.

ULRIKE BIESER (AFD): Schwerpunkt meiner politischen Arbeit ist, wegen meines Berufes, Justiz und Familie. Ich kenne die Problemfelder der Justiz, gerade in Rheinland-Pfalz, die suboptimale Ausstattung der Gerichte, das Nachhängen in der Digitalisierung, das Fehlen der Möglichkeit, Verhandlungen als Videokonferenz zu führen, was eine erhebliche Entlastung der Beteiligten im Verfahren darstellt. Im Familienrecht kämpfe ich seit langem für eine Besserstellung der Väter, insbesondere im steuerrechtlichen Bereich. Väter, die Kindesunterhalt zahlen, sind steuerrechtlich gestellt, als wären sie ungebunden. Mein Ziel ist ein Familiensplitting, vergleichbar dem französischen Modell, bei dem die Steuerlast durch die Anzahl der Familienmitglieder geteilt wird, was zu einer Entlastung der Familien mit Kindern führt.

HEIKE MEHLMANN (DIE LINKE): Dort, wo schon lange sehr dringender Handlungsbedarf besteht: Bei Frauen und Kindern, die in Verhältnissen leben, die von psychischer, physischer und auch – dem schlimmsten all dieser Aspekte – sexueller Gewalt beherrscht sind. Sie müssen aktiv davor geschützt und dringend dort herausgeholt werden. Deswegen müssen in kürzester Zeit mehr Hilfezentren geschaffen werden, mehr Sozialarbeiter* innen zur Verfügung stehen, ein gesichertes Kontingent an Wohnraum für diese Menschen zur Verfügung stehen, dass sie auch wirklich die Chance haben, aus den Gefahrenzonen herauszukommen und eigene, stabile Existenzen aufzubauen. Der zweite, nicht weniger wichtige Ansatzpunkt, in dem ich dringend durch die Politik eine Verbesserung durchsetzen möchte, ist die Pflege. Durch über 20 Jahre Berufserfahrung habe ich schon viel miterlebt. Wo die Pflegeberufe früher als „Berufe mit Zukunft und gutem Verdienst“ bezeichnet wurden, in denen es großen Zulauf gab, ist es heute sehr schwer geworden, Menschen mit Motivation zu finden, die hier einsteigen wollen. Ich weiß, woran es liegt: Familienunfreundliche Arbeitszeiten, Einsparungen und sogenannte Kostenoptimierung gerade im mittlerweile stark privatisieren Bereich der Krankenhäuser und Kliniken, schlechte Bezahlung und die mangelnde Bereitschaft der Arbeitgeber zu Gehaltserhöhungen und freiwilligen Zulagen. Hier muss dringend Druck auf Arbeitgeber und Gesellschaften ausgeübt und klare Vorgaben geschaffen werden.

CORONA HÄLT WEITERHIN DAS LAND IM GRIFF. WO SEHEN SIE HANDLUNGSBEDARF. IST DER AKTUELLE UMGANG DER LANDESREGIERUNG MIT DER PANDEMIE AUSREICHEND?

JENS GUTH (SPD): In diesen unruhigen Zeiten steht die SPD-geführte Landesregierung mit Malu Dreyer für verlässliches Regierungshandeln und das Zusammenwirken aller staatlichen Ebenen. Die jahrzehntelange Grundlagenforschung an unseren Universitäten und Hochschulen hat den Impfstoff des Mainzer Unternehmens BioNTech erst möglich gemacht. Mit der Pandemiebekämpfung durch unsere Krankenhäuser und den Impfzentren sowie der Hilfe für die Wirtschaft, für Vereine und die Kulturszene, sowie die Unterstützung der Kommunen sind wir bislang relativ gut durch die Krise gekommen. So konnten wir mit Landesmitteln den „Wormser Hilfsfonds“ einrichten, der konkret in unserer Stadt unterstützen konnte. Und in dieser ganz schwierigen Zeit – der Corona-Krise – hatte und habe ich mit ganz vielen Menschen zu tun, bei denen es oftmals um ihre Existenz ging oder noch geht. Auch da waren die Ministerien von Malu Dreyer immer ansprechbar und wir konnten in vielen Fällen helfen.

STEPHANIE LOHR (CDU): Bei Corona müssen Bundes- und Landesregierung auf Sicht fahren und immer wieder die Lage bewerten, gemeinsam abstimmen und entscheiden. Ich hätte mir von der Landesregierung gewünscht, dass sie weniger zaudert und zögert und konsequenter handelt, zwei Beispiele: Um das Infektionsrisiko zu senken, hätte den Schulen – dort wo umsetzbar und gewollt – schon vor Wochen die Möglichkeit zum Hybridunterricht eröffnet werden müssen. Und bei den Kitas fällt der Landesregierung nur die Bitte an die Eltern ein, ihre Kinder zu Hause zu lassen. Das ist zu wenig. Die Erzieherinnen werden alleine gelassen. Insgesamt erwarte ich bei der Kommunikation mit den Verantwortlichen in den Kommunen mehr Verlässlichkeit und Transparenz. Immer wieder Änderungen und neue Aufgaben, diese dann auch noch kurz vor knapp mitgeteilt, stellen eine zusätzliche Belastung für die Handelnden vor Ort dar, die ohnehin schon am Limit arbeiten.

KATHARINA SCHMITT (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Stand heute gehen wir in einen Lockdown, den wir mittragen im Respekt vor der Gesundheit aller. In der Pandemie war unsere Linie von Anfang an, wie beim Klimaschutz auch, auf die Wissenschaft zu hören. Für diejenigen, die von den Maßnahmen besonders betroffen sind, haben wir ein offenes Ohr, halten Kommunikation am Laufen, geben Rückmeldung aus der Praxis. Dazu gehört auch Kritik im Detail. Es gibt noch x offene Fragen, da muss man ehrlich sein. Auch um den Staat selbst mache ich mir persönlich Sorgen, finanziell, aber auch um Fragen der Akzeptanz. Das motiviert mich, sozusagen aus unerwarteter Richtung, noch mehr, meinen Teil beizutragen.

ALFRED KOCH (FDP): Nach jedem verlorenen Länderspiel sind gefühlt 50% der Bundesbürger die besseren Nationaltrainer. Und jeder meint, genau zu wissen, wie man es besser macht. So erlebe ich das auch in den Covid-19-Diskussionen. Ich beteilige mich wenig an diesen Debatten, da mir einfach das fachliche Wissen fehlt, hier ein Urteil abzugeben. Aus tiefer Verantwortung halte ich es trotzdem für wichtig, dass bei all den veranlassten Maßnahmen mit Augenmaß und differenziert vorgegangen wird. Da wo gute und wirkungsvolle Hygienekonzepte und wenig Risiko bestehen, sollten Lockerungen und da wo das nicht vorhanden ist, sollten zum Schutz von Risikogruppen schärfere Maßnahmen möglich sein. Diese müssen aber auf jeden Fall demokratisch im Parlament diskutiert und verabschiedet werden.

URSULA BIESER (AFD): Covid-19 ist lebensgefährlich für hochbetagte Menschen, besonders dann, wenn sie im Alters- oder Pflegeheim leben. Hier sind Schutzmaßnahmen extrem wichtig, beginnend von der Stärkung des Immunsystems, über gebotene Medikamente, sinnvolle Hygienekonzepte bis hin zu Fortbildung und Unterstützung des Pflegepersonals. Die Verengung des Blickes auf Impfstoffe unter Außerachtlassung von Medikamenten verschärft das Krankheitsgeschehen, statt es zu minimieren. Die Wirtschaft, insbesondere Gastronomie und Dienstleister, erleidet erhebliche Schäden, ohne dass dem ein messbarer Nutzen gegenübersteht. Der Überlastung der Krankenhäuser hätte schon seit langem entgegen gewirkt werden können, wenn die Infrastrukturzahlung des Landes in angemessener Höhe gezahlt worden wäre und das Pflegepersonal ihrem Einsatz entsprechend besser entlohnt werden würde.

HEIKE MEHLMANN (DIE LINKE): Die Frage ist deutlich mit „Nein“ zu beantworten. Hierfür anbei nur zwei Bespiele, die Menschen betreffen, die durch mangelhaft durchdachte Maßnahmen besonders gefährdet werden: 1. Die zuerst als verpflichtend für Besucher geltenden Corona-Schnelltests in Pflegeeinrichtungen wurden durch die Landesregierung auf freiwillige Basis gesetzt. Das heißt, wer seine Angehörigen besuchen will, kann sich testen lassen oder eben nicht. Wir alle wissen, dass Corona auch symptomfrei verlaufen und man trotzdem hochansteckend sein kann. Das kann unter Umständen für die Bewohner der Pflegeeinrichtungen fatale Folgen haben. Pflegende erleben tagtäglich, wie Besucher die Masken abnehmen, den Abstand nicht einhalten und sich vehement gegen jegliche Hinweise dazu widersetzen. 2. Eine Frage, die nun auch durch eine Genossin an Frau Dreyer gestellt wurde, ist, warum Einrichtungen der Wiedereingliederung, in denen Menschen mit Handicaps leben und arbeiten, nicht mit Schnelltests ausgestattet und regelmäßig getestet werden. Gerade in solchen Einrichtungen ist ein Auftreten und Verteilen von Infektionen vorhersehbar. Hier muss ganz klar dringend gehandelt werden, um Bewohner und Personal zu schützen. Insgesamt wurde zu spät und zu unstrukturiert gehandelt.

Hier finden Sie die Antworten der Kandidaten zur ersten Fragerunde:

https://wo-magazin.de/1-fragerunde-zur-landtagswahl/