Teil 98: Realsatire
Die Politik trifft derzeit Entscheidungen, von denen man nicht genau weiß, ob sie nun ernst oder satirisch gemeint sind. Ich höre Sie deshalb schon wieder zu Tausenden fragen: „Sagen Sie mal, Herr Bims, was sagen Sie denn dazu, dass Ihnen die Bundesregierung Ihren Job als Satiriker streitig machen will?“
Ehrlich gesagt, wollte ich es mir heute einfach machen und lediglich ein paar Auszüge aus aktuellen Corona-Verordnungen auflisten, da dort eigentlich schon genug Satire drinsteckt. Aber die Corona Pandemie hat schon genug Arbeitsplätze gefordert, da will ich mir nicht auch noch meinen Job als Satiriker nehmen lassen. Zugegeben: Auf die Idee, ausgerechnet Andi B. Scheuer(t) und Jens Spahn als Corona-Schnelltest Taskforce einzusetzen, wäre nicht mal ich als Satiriker gekommen. Der eine hat als Verkehrsminister alle Warnungen in den Wind geschlagen und mal eben 500 Millionen Euro Mautkosten versenkt. Der andere hat sich Hundertausende Atemschutzmasken für 9.- Euro pro Stück aufschwätzen lassen und sich mitten in der Krise eine 4-Millionen-Villa in Berlins Nobellage geleistet. Und die Beiden sollen die deutsche Impfstrategie auf den Weg bringen? Das ist so, als würde man Florian Silbereisen bitten, das im Suezkanal havarierte Containerschiff MV Ever Given aus seiner misslichen Lage zu befreien, schließlich ist Silbereisen Kapitän auf dem ZDF-Traumschiff. Oder schauen wir auf das Power-Duo Olaf Scholz und Peter Altmaier, von denen sich das Bild ins Gedächtnis eingebrannt hat, wie sie im Bundestag stehen und mit der Bazooka Hilfszahlungen an gebeutelte Unternehmen verteilen. Leider blieb nach Abzug der staatlichen Hilfen für Lufthansa, TUI, Kaufhof & Co. nur noch eine kleine Wasserspritzpistole für den Mittelstand übrig. Vor allem aber wird in der Krise deutlich, wie sehr Deutschland digital anderen Ländern hinterherhinkt. Ich hab kürzlich gehört, dass es beispielsweise in Simbabwe oder der Bolschesemelskaja-Tundra, einer hügeligen Moränenlandschaft im äußersten Nordosten des europäischen Teils Russlands, eine bessere Internetanbindung gibt als bei uns in Städten wie Paderborn, Wuppertal, Bielefeld oder Frankenthal. Wir müssen endlich in der digitalen Welt ankommen, deshalb unterstütze ich den Wahlslogan von DIE PARTEI: „Telefax-Ausstieg bis 2038“. Selbst in der Wormser Stadtverwaltung, wo das Faxgerät nach wie vor eines der wichtigsten Büroutensilien darstellt, hat man blitzschnell reagiert und will bereits Ende des Jahres die ersten WLAN-Kabel verlegen. Das mit dem Fax-Ausstieg bis 2038 wird zwar knapp, aber eine Stadt braucht nun mal Visionen, um – langfristig gesehen – voranzukommen. Und ich denke, unser Oberbürgermeister ist genau der richtige Mann für Innovationen (Hinweis: Wir befinden uns noch immer im satirischen Teil des Textes.)
OPERATION: TASCHE VOLL!
Viele werfen unserer Regierung vor, dass sie auch nach einem Jahr Corona noch immer planlos agiert. „Haben die in den letzten 12 Monaten nix geschafft?“ fragen Sie zurecht. An dieser Stelle muss ich eine Lanze brechen für ein paar Unionspolitiker, die während Corona schwer beschäftigt waren, um ein bisschen Geld für noch schlechtere Zeiten auf die Seite zu schaffen. Von daher sei der Hinweis gestattet, dass das „C“ im Namen für „Christlich“ steht und nicht etwa „Cashflow“. Aber Tradition verpflichtet eben. Denken wir an Franz-Josef Strauß und seine Amigos oder Altbundeskanzler Helmut Kohl, der mit einem Schwarzgeldkoffer erwischt wurde, aber bis zu seinem Tod geschwiegen hat, von wem er geschmiert wurde. Ein echter Ehrenmann eben. Als sich nun ein paar Unionspolitiker für die Vermittlung von Maskendeals ein bisschen Vermittlungsprovision gegönnt haben, bestätigte sich bei den Wahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg einmal mehr die Vermutung, dass Wähler Korruption nicht ganz so gut finden. Aber die CDU/CSU hat blitzschnell reagiert und „Ehrenerklärungen“ von ihren Leuten verlangt und damit ähnlich Aufklärung betrieben wie die Katholische Kirche, was ihre zahlreichen Missbrauchsfälle in den eigenen Reihen angeht. Grundsätzlich spricht nichts dagegen, wenn man sich – zusätzlich zu den üppigen Diäten – noch was extra gönnt, aber man sollte sich halt nicht dabei erwischen lassen. Einem Jens Spahn könnte sowas nicht passieren, der schickt vorher den Journalisten seine Anwälte auf den Hals, wenn sie seine dubiosen Immobiliengeschäfte recherchieren wollen. Nanu, warum muss ich plötzlich gerade an Marcus Held denken? Der hat vor drei Jahren sogar seinen Berliner Staranwalt losgeschickt, um den Druck der neuesten Ausgabe eines kleinen Stadtmagazins in Worms stoppen zu lassen. Was damals mit uns gelang, hat mit der Staatsanwaltschaft nicht ganz so gut geklappt. Denn all das, was damals in unserem Artikel stand, steht nun in deren Anklageschrift. Die Staatsanwaltschaft wirft Held Untreue, Betrug, Bestechlichkeit sowie mehrfache Verstöße gegen § 31d Abs.1 ParteiG vor und macht ihm Anfang Mai den Prozess. Und was wurden wir damals als Verschwörer und Querulanten beschimpft. Aber die Wahrheit tut halt manchmal weh, egal von welcher Partei sich Politiker gerade mal wieder bedient haben…
VERSÖHNLICHES ZUM ABSCHLUSS
Während ich diese Zeilen schreibe, wurde Worms mal wieder vom Bannstrahl der Ausgangssperre getroffen. Da damit zu rechnen ist, dass dies nicht zum letzten Mal der Fall sein wird, schulen übrigens viele Wormser derzeit um auf Politessen, damit sie abends noch mal an die frische Luft dürfen. Um Ihnen für die nächsten Wochen etwas Hoffnung mit auf den Weg zu geben, sei der Hinweis gestattet: Noch drei Mal Lockdown, dann ist auch schon wieder Weihnachten.
Bis demnächst,
Ihr Bert Bims