BEKANNT UND TROTZDEM UNERKANNT

Es gibt Menschen, bei denen ist es nicht offensichtlich, dass sie in Worms wohnen. Besonders in den letzten zwei Jahren, in der sich unsere Stadt, wie der Rest der Welt, in einer Pandemie befand, zogen Kulturschaffen- de nach Worms, die man so noch gar nicht auf dem Schirm hatte. In unserer kleinen Serie „Bekannt und trotzdem unerkannt“, wollen wir genau diese Menschen vorstellen. In diesem Monat den Wormser Karikaturisten Marcel Bender, der mit seinen Zeichnungen schon in der ganzen Welt unterwegs war und für Zeitungen, Magazine oder auch für das Fernsehen als sogenannter „Schnellzeichner“ gearbeitet hat.

 WO! Hallo Marcel, was ist denn überhaupt eine Karikatur? Wie funktioniert so etwas?

Lustigerweise habe ich gerade zu diesem Thema einen Online Kurs vorbereitet, zur Definition von Karikatur. Der Begriff „Karikatur“ hat ja mehrere Bedeutungen, es kann zum einen ein Cartoon sein, der in der Zeitung entsteht, es kann eine politische Karikatur sein oder es kann eine Portraitkarikatur sein, also ein Portrait mit überzeichneten Eigenschaften. Das ist das, was ich mache. Ich bin Portraitkarikaturist und zeichne beispielsweise auf Veranstaltungen die Gäste innerhalb von 2 bis maximal 5 Minuten pro Person.

WO! Wolltest du schon immer Zeichner bzw. „Schnellzeichner“ werden?

Das war bei mir tatsächlich vorprogrammiert, zumindest hatte ich den Eindruck (lacht). Ich habe gezeichnet, seitdem ich einen Stift halten kann und ich habe auch nie damit aufgehört. Es war immer mein Wunsch, ich wollte nie etwas anderes machen und habe das dann einfach durchgezogen. Meine Eltern waren am Anfang nicht ganz so begeistert von meinen Plänen, aber ich habe dann ja auch ein ordentliches Studium gemacht und alles von Grund auf gelernt. Später haben sie dann auch gemerkt, dass es nicht unbedingt so die brotlose Kunst ist, wie man früher immer dachte.

WO! Du wohnst seit etwa einem Jahr mit deiner Familie in Worms. Was treibt einen Künstler wie dich in diese Gegend?

(lacht) Der Zufall. Wir hatten uns nicht nach Worms orientiert. Wir wollten aber gerne ein Haus kaufen und haben uns in der Umgebung umgeschaut. Wir hatten uns ein bisschen nach Mainz orientiert und Heidelberg und haben dann zwei Jahre lang gesucht und nichts gefunden. Durch Zufall ist uns dieses Angebot in Worms hier in die Hände gekommen und wir haben uns gesagt, komm wir schauen einfach mal, wir haben ja nichts zu verlieren. Dann sind wir nach Worms gekommen und haben uns quasi in das Haus, aber auch so ein bisschen in die Stadt verliebt. Es war so der typische Fall von: „Genau das ist es!“

WO! Wie sieht dein Alltag aus? Wartest du einfach am Telefon, bis jemand anruft?

Also es ist kein gewöhnlicher Alltag, der sieht sehr unterschiedlich aus. Wenn ich zuhause bin, kommen E-Mails, Anrufe und Anfragen für Veranstaltungen. Das mache ich ja hauptsächlich. Das heißt, ich fahre zu der Veranstaltung hin, zeichne die Gäste als ganz persönliches Andenken oder Werbegeschenk. Meine Auftraggeber sind hauptsächlich viele Businessveranstaltungen, viele Messen und man muss halt sehr viel dafür reisen. Die meisten Veranstaltungen finden dann doch nicht hier in Worms statt, sondern eher in Berlin, Hamburg oder Luzern. Gerade kam eine Anfrage für eine Messe in Marrakesch rein, wo ich dann wahrscheinlich im Juni auftreten werde. Ich reise gerne, mag es gerne, unterschiedliche Orte zu sehen und dann auf diesen Veranstaltungen zu zeichnen.

WO! Im Sommer veranstaltest du in Worms ein Treffen der Karikaturisten. Was passiert da?

Wir sind in unserer kleinen Branche sehr gut vernetzt, wir kennen uns so ziemlich alle und die meisten sind auch sehr gut befreundet. Es ist ein sehr kollegiales Miteinander. Wir veranstalten jedes Jahr ein Treffen, das immer in unterschiedlichen Städten stattfindet. Wir waren schon in Köln, Braunschweig, Kassel, auf Schloss Hexenacker bei Regensburg und dieses Jahr eben in Worms. Das heißt die Creme de la Creme der Schnellzeichner und Karikaturisten Szene in Deutschland wird dieses Jahr vom 21.8. – 26.8. nach Worms kommen, um sich auszutauschen, Spaß zu haben und um einfach eine gute Zeit zu haben. Auch eine Benefizaktion wird es geben. Die Besucher der Elefantenhöfe können sich am 24.08. von 16 – 18 Uhr zeichnen lassen, eine kleine Spende dafür geben und diese wird dann für einen guten Zweck gespendet.

WO! Wen würdest du gerne einmal zeichnen?

Schwere Frage, weil eigentlich habe ich schon alle gezeichnet, die ich gerne zeichnen würde. Allerdings hätte ich gerne Vicco von Bülow getroffen und gezeichnet. Loriot ist mein großes Vorbild und für mich einer der größten Karikaturisten und Humoristen, die es je in Deutschland gab.

WO! Danke für das Gespräch!

 

Wer mehr über Marcel Bender und seine Arbeit erfahren will, wird hier fündig: www.marcelbender.de

 

Das Gespräch führte: Peter Englert, Foto: privat