Während in Worms die wunderschöne „Nibelungen Weihnacht‘ um Besucher buhlt, findet in Katar derzeit eine Fußball-Weltmeisterschaft statt. Ich höre Sie deshalb schon wieder zu Tausenden fragen: „Sagen Sie mal, Herr Bims, schauen Sie sich denn diese WM der Schande an oder gehen Sie lieber auf den Wormser Weihnachtsmarkt?“
Zwei Wochen vor dem Start der WM habe ich noch gesagt: „Ich ramme mir lieber einen rostigen Nagel ins Knie, als dass ich mir auch nur ein Spiel dieser WM angucke!!“ Als dann aber die Bilder von feiernden deutschen Fans auf den Straßen von Doha über die Bildschirme flimmerten, habe ich urplötzlich Heimatgefühle entwickelt. Die sahen nämlich genau- so aus wie der Querschnitt an Deutschen, die sich abends am Wormser Hauptbahnhof aufhalten oder die städtischen Parkanlagen bevölkern. Kurt Lauer von den Wormser Grünen würde jetzt bestimmt von „Zugezogenen“ sprechen. Ich dagegen schließe mich der Position seiner Partei an, dass die Herkunft, die sexuelle Orientierung oder das Geschlecht eines Menschen zu keinem Zeitpunkt relevant sind bei der Beurteilung von Fans der deutschen Nationalmannschaft. Von daher ist es auch völlig irrelevant, ob nun ein Pakistani oder ein katarischer Scheich Hotelzimmer, Spiele und Taschengeld bezahlt bekommen, um, als deutsche Fans verkleidet, für Stimmung zu sorgen. Gut okay, die sexuelle Orientierung ist in Katar nicht ganz so egal. Homosexuelle sollten das vielleicht nicht an die große Glocke hängen, sonst könnte es passieren, dass sie gesteinigt wer- den. Wenn es sich die Scheichs schon 100 Milliarden kosten lassen, um eine WM in der Wüste zu veranstalten, soll halt auch die Atmosphäre stimmen. Umso bitterer, dass die Fans von Katar bei den beiden Vorrundenspielen ihrer Mannschaft enttäuscht vorzeitig das Stadion verlassen mussten, weil man das Wichtigste vergessen hatte – nämlich auch den Gegner zu schmieren. Da hatte man die komplette korrupte FIFA-Riege mit üppigen Geldgeschenken versorgt, aber dann Ecuador und den Senegal schlichtweg vergessen. Was für Anfängerfehler! Genauso anfängerhaft wie die Fehler der „One Love“ Deutschen vor den beiden Gegentoren gegen die Fußballmacht Japan. So bleibt nach der 1:2-Niederlage im Eröffnungsspiel allenfalls der stumme Protest der deutschen Mannschaft in den Köpfen der Menschen hängen. Vielleicht hätte aber wenigstens die Abwehr mal den anderen Spielern Bescheid sagen können, dass sie in der letzten Viertelstunde in einen Generalstreik tritt. Das wiederum haben diese wieselflinken Japaner, die offensichtlich auch noch Schlitzohren sind, sofort ausgenutzt, weshalb Deutschland im wahrsten Sinne des Wortes vom Regenbogen in die Traufe kam. Vor dem Spiel haben sich die deutschen Spieler den Mund zugehalten, ab der 75. Minute haben sich dann die deutschen Fans ihre Augen zugehalten und nach dem Spiel ihrem Frust bei Facebook freien Lauf gelassen. Lieblingsspruch: „Im Achtelfinale tre?en wir höchstens auf das Flugpersonal der Lufthansa!“ Als man sich dann im zweiten Spiel nur noch auf den Sport konzentriert hat, lief es plötzlich besser und nach dem Unentschieden gegen Spanien brennt, trotz der allgemeinen Aufforderung zum Energiesparen, am Ende des Tunnels doch noch ein kleines Licht namens Costa Rica. Neben der sportlichen Qualifikation für die Endrunde sehe ich aber noch ein weiteres Problem. Wie sollen wir das Turnier überstehen, wenn die Hälfte unserer verweichlichten Mannschaft wegen der runtergekühlten Stadien in Katar mit Angina Pectoris flachliegt? Oder die Ersatzspieler mit einer Blasenentzündung, weil sie auf der klimatisierten Bank auf ihren Einsatz warten mussten? Darüber hat sich wohl noch keiner Gedanken gemacht.
DOCH LIEBER WEIHNACHTSMARKT?
Um also die Frage „WM oder Weihnachtsmarkt?“ zu beantworten, muss ich nicht lange nachdenken. Natürlich schau ich mir die Spiele unserer Mannschaft an. Bevor ich aber den Engländern oder den Franzosen beim Jubeln in der Wüste zusehe, genehmige ich mir lieber ein paar Glühwein auf dem Wormser Weihnachtsmarkt, wo man endlich wieder ohne Rotzlappen ein paar Aerosole verteilen darf. Und nicht nur Aerosole. Wie mein Kolumnennachbar zu meiner Linken zu berichten wusste, hatte ihm kürzlich ein Besucher des Weihnachtsmarktes an die Hauswand gekotzt. Allerdings konnte unser Jim, der alte Hobby-Columbo, mittels einer gewöhnlichen Finger-Mund-Probe schnell eruieren, von welchem Stand der Glühwein stammte und somit den Täterkreis entscheidend einengen. Demnächst werde auch ich mal auf dem Weihnachtsmarkt einfallen und bin jetzt schon gespannt wie ein Flitzebogen, ob der Jim auch meine Kotze vor seiner Haustür erkennt. Und nach Weihnachten steht auch schon Silvester vor der Tür, weshalb wir redaktionsintern über dieses sinnlose Böllern an Silvester diskutiert haben. Während den meisten Mitarbeitern (ohne „innen“) das Abbrennen von Chinaböllern schon seit Jahren voll- kommen Latte ist, plädierte ausgerechnet unsere Gleichstellungsbeauftragte für Feuerwerkskörper an Silvester. Es sei halt einfach eine schöne Tradition, die man erhalten müsse. Da ist unser Chef aber aus der Haut gefahren und hat unsere Gleichstellungsbeauftragte dezent darauf hin- gewiesen, dass es zum 18. Jahrhundert noch eine „schöne Tradition“ gewesen sei, dass man aufmüpfige Frauen bei sogenannten „Hexenverbrennungen“ auf dem Marktplatz geopfert hätte. Auch diese Tradition wurde irgendwann, warum auch immer, abgeschafft. Gegen dieses Argument war dann allerdings schwer anzukommen.
In diesem Sinne: Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr wünscht Ihnen – der Lieblingskolumnist Ihres Vertrauens.
Mit weihnachtlichen Grüßen, Ihr Dr. Bert Bims