Alle Jahre wieder beginnt die Diskussion ums Böllern an Silvester
Alle Jahre wieder… beginnt um diese Zeit die Diskussion darüber, ob es in der heutigen Zeit noch zeitgemäß ist, an Silvester mit Böllern und Feuerwerk die Umwelt über Gebühr zu belasten. Dabei fällt auf, dass die Argumente gegen das Böllern deutlich in der Überzahl sind, während sich Befürworter in erster Linie auf die Tradition berufen.
Im letzten Jahr wurden in Deutschland an Silvester knapp 137 Millionen Euro verballert. In Anbetracht dieser Summe muss man sich schon fragen, ob man es hier tatsächlich nur mit Gutverdienern zu tun hat, die sich zu Silvester eine ordentliche Böllerei leisten? Schon in den Achtzigern gab es Diskussionen darüber, wie sinnvoll ein Feuerwerk ist, das nur wenige Sekunden Vergnügen bietet, während in Afrika Menschen verhungern müssen „Brot statt Böller“ hieß das Motto, das man auch heute noch anwenden kann – und wenn es auch nur für das eigene Brot ist. Ich habe mich tatsächlich schon öfters gefragt, was man doch mit diesem Geld Sinnvolles anstellen könnte? Man könnte damit die Tafeln in Deutschland unterstützen und wenn man der Umwelt etwas Gutes tun möchte, könnte man stattdessen jede Menge neue Bäume in Deutschland p?anzen. Stattdessen kommt es in der Silvesternacht zu massivem Ausstoß von Feinstaub. In Zeiten, in denen in Großstädten Fahrverbote wegen Feinstaubbelastung ausgesetzt werden, sind in der Silvesternacht alle Regeln aufgehoben. Dazu kommen die Folgekosten für die Stadt, um den in dieser Nacht entstandenen Müll und Dreck wieder zu beseitigen. Jeder, der schon einmal in der Silvesternacht durch Worms ge- fahren ist, weiß genau, wovon ich rede. Zudem fallen in dieser Nacht jede Menge Sachbeschädigungen an, weil Jugendliche Briefkästen in die Luft sprengen, Mülltonnen in Brand stecken oder Böller in Hauseingänge werfen. In manchen Großstädten herrschen an Silvester kriegsähnliche Zustände. Ganz zu schweigen von der Verletzungsgefahr, die jedes Jahr für überlaufene Notaufnahmen sorgt, weil Böller gezielt auf Menschen geworfen wurden oder aufgrund der Nutzung von illegalen Böllern schwere Unfälle entstanden. Erschwerend kommt hinzu, dass eben nicht nur um 24 Uhr an Silvester geböllert wird, sondern schon Tage zuvor und anschließend weit nach der Silvesternacht. Der hierbei entstehende Lärm, wenn es an jeder Ecke irgendwo knallt, ist nicht nur für ältere Menschen eine Belastung, sondern ebenso für unsere tierischen Mitgeschöpfe. An Silvester laufen die meisten Haustiere in Todesangst von zu Hause weg, Wildtiere sind in völliger Panik, Nutz- und Reittiere werden ebenfalls panisch und können zur Gefahr für sich selbst und andere werden. Tatsächlich sind Tierschutz, Umweltschutz, Verletzungsgefahr, Sachbeschädigungen oder schlichtweg Geldverschwendung gewichtige Argumente, die man gegen die Böllerei an Silvester ins Feld führen kann.
Was spricht also tatsächlich für die Böllerei?
Fairerweise sollte man erwähnen, dass die Feuerwerk-Industrie in den letzten Jahren einiges in Sachen Umweltverträglichkeit unternommen hat. Das Plastik wird zunehmend gegen Papier ausgetauscht und durch biologisch abbaubare Stoffe ersetzt, bei denen weniger Rauchentwicklung entsteht. Begibt man sich jedoch in den Sozialen Medien auf die Suche nach Feuerwerk-Befürwortern, stößt man in der Regel auf das Standardargument, dass es seit Hunderten von Jahren Tradition sei, die bösen Geister des alten Jahres mit Böllern zu vertreiben und das neue Jahr mit einem Feuerwerk zu begrüßen. Gerne mit dem Zusatz versehen: „Das ist überall auf der Welt so, nur die deutschen Weltverbesserer müssen wieder voran gehen.“ Andere meinen wiederum, dass so ziemlich alles verboten würde, was den tristen Alltag erträglicher mache und fühlen sich in ihrer persönlichen Freiheit eingeschränkt. Jetzt könnte man sicherlich darüber diskutieren, ob das Anstecken eines Chinaböllers persönliche Freiheit bedeutet und den tristen Alltag bunter macht. Feuerwerk ist ja noch ganz schön, aber böllern? Womöglich könnte man als Kompromisslösung das private Böllern einschränken, aber stattdessen ein von der Stadt organsiertes Feuerwerk, das durchaus auf viele Menschen eine gewisse Faszination ausübt, auf einem öffentlichen Platz veranstalten. Abgesehen von der Kostenfrage gilt es allerdings zu bedenken, dass bereits in diesem Jahr das Feuerwerk beim Backfischfest durch eine Drohnenshow ersetzt wurde – eben aus den bereits genannten Gründen des Umweltschutzes. Vielleicht sollte man sich auch endgültig eingestehen, dass die Böllerei an Silvester nicht mehr zeitgemäß ist. Tradition, hin oder her.
Ein Kommentar von Frank Fischer