Behindertengerechte Toilette im Rathaus eröffnet
Es mag ein kleiner Schritt für viele Wormser/innen sein, aber ein großer für das Rathaus. Denn das verfügt nun endlich über eine barrierefreie Toilette. Damit endet für Wolfgang Schall, dem Behindertenbeauftragten der Stadt Worms, eine jahrelange Odyssee durch die Instanzen der Bürokratie.
Als Wolfgang Schall 2016 das Ehrenamt des Behindertenbeauftragten übernahm, fiel ihm der Umstand einer fehlenden Toilette schnell auf. Eigentlich ist vorgesehen, dass der Behindertenbeirat seine Sitzungen im Rathaus abhält, doch das war gar nicht möglich. Viel schwerer wog zudem der Umstand, dass die Stadt bisher keine Mitarbeiter einstellen konnte, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, denn barrierefreie Toiletten gehören zu der Einstellungsvoraussetzung. Die gab es bisher allerdings nur im Außenbereich der öffentlichen Toilette. Nötig ist eine solche Toilette aber im Gebäude des Arbeitgebers. Insbesondere für neu eröffnende Gastronomiebetriebe ist das zwischenzeitlich Pflicht. Ältere Gebäude sind hingegen bestandsgeschützt. Dazu könnte man durchaus das Rathaus zählen, wurde es doch bereits in den fünfziger Jahren erbaut und steht unter Denkmalschutz. Da der Stadtrat bereits 2015 einstimmig für die Umsetzung des Aktionsplans der UN-Behindertenrechtskonvention stimmte, kommt der Stadt als Vorbild eine ganz besondere Bedeutung zu. Das interessierte aber erstmal niemanden, bis Wolfgang Schall kam.
Eine Zeit des Wartens beginnt
Zunächst begann für ihn aber erst mal eine Zeit des Wartens. Zwar wurde ihm versprochen, dass man sich dem Problem an- nehme, doch statt einer Lösung gab es immer wieder Hindernisse. Anfangs erklärte das Baudezernat, dass eine Umsetzung schwierig sei und man die notwendige DIN-Norm nicht erfüllen könne. Schließlich signalisierte das Gebäudemanagement der Stadt, dass eine Umsetzung doch möglich sei. Aber es geschah wieder nichts. Mal war der Terminkalender voll, mal war es der Aufwand, den man scheute. 2019 erklärte dann der ehemalige Oberbürgermeister Kissel im Innenstadtausschuss, dass eine Umsetzung nicht möglich sei. Für Wolfgang Schall war das nichts weniger als ein Skandal. Die Kehrtwende kam schließlich mit dem neuen Oberbürgermeister Adolf Kessel. Anfang 2020 sprachen wir ihn in einem WO! Interview auf das ungelöste Problem an. Kessel versprach damals, dass er dementsprechend Geld im Haushalt einstellen und die Umsetzung vorantreiben werde. Schall stellte neue Pläne vor, der Denkmalschutz stimmte zu und das Gebäudemanagement konnte mit dem Umbau beginnen.
Endlich am Ziel
Los ging es im Mai 2021, Mitte Januar 2022 war das Bauwerk fertig. Grund genug, dass unser Redakteur sich auf den Weg machte – gemeinsam mit Kristin Janßen, die den Umbau plante und koordinierte – die nun fertige barrierefreie Toilette für Mitarbeiter/innen der Stadt Worms zu inspizieren. Janßen, die für das Instandhaltungsmanagement zuständig ist, berichtete bei dem Gespräch von den Herausforderungen der aufwändigen Arbeiten. Immerhin dauerte die Bauzeit acht Monate. Da die lärmintensiven Arbeiten während des laufenden Verwaltungsbetriebs gemacht werden mussten, entschied man sich, die Arbeiten zum Schutz der arbeitenden Personen freitagsnachmittags und samstags durchzuführen. Samstags nahm man wiederum Rücksicht auf Hochzeitsfeiern, sodass das Zeitfenster sehr eingeschränkt war. Als Ort der neuen Toilette erwählte man im Erdgeschoss die Herrentoilette, die verkleinert wurde. Eine neue Wand wurde eingezogen, die alten Abwasserleitungen aus der Grün- derzeit des Hauses komplett erneuert und schließlich ein neuer Toilettenraum geschaffen. Insgesamt galt es für Kristin Janßen, zwölf Gewerke zu koordinieren. Die Hauptarbeiten wurden dabei von der ebwo AöR verrichtet. Seit Ende Januar ist die Toilette nun nutzbar, allerdings nicht für jeden. Um das zu garantieren, ist sie abgeschlossen. Betreten kann diese nur, wer einen sogenannten Euroschlüssel besitzt. Wer den nicht hat, aber dennoch berechtigt ist, kann diesen im Rathaus bei der Information bekommen. Nun ist der Weg für Menschen im Rollstuhl frei, sich bei der Stadt zu bewerben und Wolfgang Schall ist einfach froh, dass die Geschichte nun ein Ende gefunden hat.
Text und Foto: Dennis Dirigo