Bereits zweimal ließ der Autor Wolfgang B. Haeggersen die Leser am Familienleben seines Alter Egos Wolfgang teilhaben. Zweimal wurde dabei die Familie während ihres wohlverdienten Sommerurlaubs in kriminalistische Abenteuer verwickelt, die der Autor augenzwinkernd erzählte. Dabei scheute er auch nicht das Einbinden von zeitlos aktuellen Themen wie Tierschutz („Schnitzel schmeckt doch auch gut“) oder illegale Migration („Für Frutti di Mare könnt‘ ich sterben“). Im dritten Roman verwebt Haeggersen nun die Themen Armut und die Corona Krise mit seiner Geschichte, die, so viel sei schon mal verraten, deutlich weniger stringent ausfällt wie in den Büchern zuvor.

Mittelpunkt von Haeggersens Mikrokosmos ist der Bankangestellte Wolfgang. Wolfgang ist sozusagen das Comic Relief eines durchschnittlichen Mittelstandsdeutschen. Verheiratet, zwei Kinder, Haus in einem ruhigen Vorort und Bankfilialleiter mit begrenztem beruflichem Ehrgeiz. Den verwendet er vor allem darauf, Strategien zu entwickeln, wie man möglichst wenig arbeitet und dabei den Eindruck erweckt, möglichst viel zu tun. Das ist natürlich besonders anstrengend, da dieses Mal die erholsame Sommerreise in den Süden aufgrund der anhaltenden Corona Pandemie ausfällt.

Das Problem in diesem Buch ist allerdings auch, dass mit dem Ausfall des Urlaubsabenteuers der Autor dieses Mal eine nur mäßig spannende Geschichte zu erzählen hat. Die führt den Leser weit weg von der bürgerlichen Idylle Wolfgangs, hinein ins „Värdel“. Dort, im Wormser Norden, stürzt gleich zu Beginn des Buchs ein Mann vom Balkon in den Tod. War es ein Unfall oder Mord? Parallel dazu entführt der Autor den Leser auf den Dehner Parkplatz, wo wir die eigentlichen Hauptprotagonisten dieser Erzählung kennenlernen, darunter Harry, der mal wieder pleite ist und seinen Bruder abermals um Geld bitten möchte. Doch der scheint schwer erreichbar bzw. es verdichten sich die Indizien, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugeht.

Mit Wolfgang und seiner Familie hat das alles nichts bzw. nur am Rande zu tun. Das führt wiederum dazu, dass das Buch sich streckenweise wie eine anekdotische Aneinanderreihung von nebeneinanderlaufenden Geschichten anfühlt. Fast scheint es, als wüsste der Autor selbst nicht genau, ob sein Buch mehr Krimi, ironische Milieustudie oder Familiensatire sein soll? Dass man den umständlich erzählten Geschichten dennoch gerne folgt, liegt an den durchgehend sympathisch gezeichneten Figuren, allen voran Mick, einer gewöhnlichen Stubenfliege, die wir bei ihrer Suche nach frischen Kadavern begleiten dürfen!

Autor: Wolfgang Haeggersen

Verlag: Tredition

14,99 Euro | 228 Seiten

ISBN: 978-3347937901

 

Gelesen von Dennis Dirigo