KURZBIO Geboren in Worms vor 71 Jahren zog es den jungen Hartmut Keil nach dem Fachabitur zunächst in die weite Welt, genauer gesagt nach Afrika, Thailand und Haiti. Mit Unterbrechung arbeitete der studierte Betriebswirt rund zehn Jahre für die Entwicklungshilfe. Unter anderem auf Kaffee- und Kakaogenossenschaften kümmerte er sich um die Finanzen und das Management. Zurück in Deutschland arbeitete er in einem Wormser Unternehmen als Unternehmensberater. Nach dem unfreiwilligen Aus für die Firma beschloss Keil, aus seiner Leidenschaft für die Sprache einen Beruf zu machen und veröffentlichte das Buch „Wie geredd, so gebabbelt!“ Das Buch ist eine humorvolle Analyse des rheinhessischen Dialekts und war erfolgreich. Es sollten noch viele weitere folgen. So „übersetzte“ der in Leiselheim aufgewachsene Wormser zahlreiche Werke wie den „Struwwelpeter“, die Nibelungensage oder Märchen der Brüder Grimm mit viel Augenzwinkern in eine Mundart gerechte Sprache. Seit seinem 66. Geburtstag hat sich der Heimatfan in den Ruhestand verabschiedet, doch das heißt nicht, dass nicht irgend- wann wieder ein Buch von ihm erscheint.
Was fasziniert Sie an Mundart?
Fast alles. Ist doch irgendwie originell. Und ein Stück Heimat. Außerdem kann man in Mundart manches besser ausdrücken als in Hochdeutsch.
Was sind die besonderen Eigenschaften des Rheinhessischen und wo liegen die sprachlichen Wurzeln dieses Dialekts? Es hat sich in den letzten 300 Jahren in unserer Region zu dem entwickelt, was bzw. wie es heute ist. Dabei sind auch französische (z.B. Baggasch) und jiddische Worte (z.B. Beele oder Kores) mit in diese Mundart eingeflossen. Unser rheinhessischer Dialekt ist daher eine neugermanische Sprache.
Welche Schimpfworte sind für Sie besonders ausdrucksstark?
Da verweise ich auf das RHEINHESSISCHE MUNDART-LEXIKON von mir, das 2009 erschien. Darin sind über 2.400 Worte (Rhein- hessisch – Deutsch und Deutsch – Rhein- hessisch); stellvertretend nenne ich mal:
„Dollbohrer“ und „Lumbeseggel“.
Was finden Sie in Worms aktuell nicht so gut?
Dass Luther aktuell abends im Dunkeln steht, während der Schulhof hell erleuchtet ist, obwohl die Stadt Strom einsparen muss. Dazu fällt mir auch ein kleines Gedicht ein:
Owends, wann’s dunkel is
De Maddin schdehd im Dunkle do.
Isser draurisch? Isser froh?
Es fehld an Lischd. Un dendewehe
kann mer des ned rischdisch sehe.
Am Schdrom werd gschbard. Ja, des is gud,
egal, was des aa koschde dud.
Doch uff em Hof vun der Schul do
is alles hell beleischd. Eijo.
‘s kaaner do, ‘s rennd kaaner rumm.
‘s is alles hell. Isch frooch warum?
Isses dunkel un du willschd dann
de Maddin seh, den fromme Mann,
missd mer den uff alle Fälle
am beschde uff de Schulhof schdelle.
Was sind Ihre Lieblingsorte in Rheinhessen und der angrenzenden Pfalz?
Da gibt es sehr viele. In den Sommermonaten bin ich samstags sehr gerne in der Weinlaube in Bockenheim und sonntags in der Weinrast in Mölsheim.
Sie werden zu einem Essen plus Getränke eingeladen und dürfen alles bestellen, was Sie sich wünschen. Was würden Sie ordern? Backeskartoffeln oder Leberknödel oder Schweinebäckchen, Frühburgunder und zum Abschluss einen rheinhessischen Trester- schnaps.