Eine Pressemitteilung des Landgerichts Mainz:

Die 1. Strafkammer des Landgerichts Mainz hat den Prozessbeginn des Strafverfahrens gegen den ehemaligen Bürgermeister der Stadt Oppenheim und andere erneut verlegt. Vorausgegangen waren entsprechende Anträge der Verteidigung der 81- und 83-jährigen Mitangeklagten, die auf deren pandemiebedingt akut erhöhtes Gesundheitsrisiko gestützt waren. Der auf den 02.03.2021 terminierte

Hauptverhandlungstermin sowie die angesetzten Folgetermine wurden aufgehoben. Neuer Prozessbeginn ist der 04.05.2021, 10.00 Uhr. Die weiteren Folgetermine hat die Kammer wie folgt festgesetzt:

06.05.2021; 11.05.2021; 18.05.2021; 20.05.2021; 01.06.2021; 15.06.2021; 22.06.2021; 24.06.2021; 29.06.2021; 01.07.2021, jeweils 10.00 Uhr, Saal 201.

Diese straffere Terminierung ermöglicht es der Kammer, dem Verfahren sehr zügig Fortgang zu geben. Eine wesentliche Verzögerung ist daher im Gesamten nicht zu erwarten.

Die Entscheidung, den Termin zu verlegen, hat die Kammer ausschließlich aufgrund der von den beiden 81- und 83-jährigen Mitangeklagten gestellten Verlegungsanträge getroffen. Hintergrund ist deren individuelle Gefährdungssituation in der weiterhin fortbestehenden Pandemielage. Nach Ansicht der Kammer wäre es derzeit selbst unter Einhaltung der sonst ausreichenden Sicherheitsmaßnahmen mit einem unvertretbaren Risiko verbunden, die beiden der höchsten Risikogruppe angehörenden Mitangeklagten der Situation eines „voll“ besetzten Gerichtssaals auszusetzen. Eine Impfung der Mitangeklagten konnte trotz bereits erfolgter Anmeldung aufgrund der Knappheit des Impfstoffes bisher nicht erfolgen. Da die Landesregierung nun allerdings in Aussicht gestellt hat, dass eine Impfung aller über 80-Jährigen bis April durchgeführt werden kann, hat die Kammer die Verlegung auf Anfang Mai unter Abwägung der Auswirkungen durch die absehbar nur anfänglich eintretende Verzögerung im Verhältnis zum Gesundheitsrisiko der über 80-jährigen impfwilligen Mitangeklagten als angemessen erachtet.

Sachverhalt:
Angeklagt sind drei Angeklagte im Alter von 43, 81 und 83 Jahren. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 43-jährigen Angeklagten Untreue, Betrug, Bestechlichkeit sowie mehrfache Verstöße gegen § 31d Abs.1 ParteiG vor. Den beiden anderen Angeklagten wird Betrug und Bestechung vorgeworfen.

Der 43-jährige Angeklagte soll im Rahmen seiner Tätigkeit als Bürgermeister mit den beiden weiteren Angeklagten, welche Inhaber bzw. Angestellte einer Immobilien-Vermittlungsfirma gewesen sein sollen, verabredet haben, dass diese der Stadt Grundstücke zum Kauf anbieten sollen und sie hierfür eine Maklercourtage erhalten sollten. Bei allen Grundstücken sollen jedoch bereits die jeweiligen Eigentümer sowie deren Verkaufsabsichten bekannt gewesen sein. Es soll in der Folge in den Jahren 2013 bis 2015 zu „Andienungsschreiben“ durch die 81- und 83-jährigen Angeklagten über die jeweiligen Grundstücke gegenüber der Stadt gekommen sein, obwohl zu keinem Zeitpunkt Maklerverträge durch die jeweiligen Eigentümer der Grundstücke abgeschlossen worden sein sollen. Es soll in der Folge zum Ankauf von diversen Grundstücken durch die Stadt gekommen sein. Dabei soll der Stadtrat die Zahlung einer Maklercourtage nicht beschlossen haben. Dennoch soll eine entsprechende Courtage aufgrund der Veranlassung des 43-jährigen Angeklagten an die beiden anderen Angeklagten ausgezahlt worden sein. Es soll zur Auszahlung von Maklercourtagen in 10 Fällen gekommen sein, wobei sich diese insgesamt auf rund 200.000 € belaufen haben sollen.

Darüber hinaus soll der 43-jährige Angeklagte in seiner Funktion als Bürgermeister am 04.03.2016 ein Grundstück veräußert haben, ohne den zuvor durch den Stadtrat festgelegten Mindestpreis beachtet zu haben. Hierdurch soll der Stadt ein Vermögensschaden in Höhe von 15.000 € entstanden sein.

Des Weiteren sollen sich die 81- und 83-jährigen Angeklagten im Zusammenhang mit der getroffenen Vereinbarung über die Zahlung der Maklercourtagen im Frühjahr 2013 gegenüber dem 43-jährigen Angeklagten bereit erklärt haben, 10% der durch die Stadt gezahlten Maklercourtagen als Gegenleistung an den SPD-Ortsverein zur Finanzierung des Bundestagswahlkampfes des 43-jährigen Angeklagten zu zahlen. Hierzu soll es im Zeitraum 11.07.2013 bis 11.03.2015 in 6 Fällen auch gekommen sein. Dabei sollen Zahlungen in Höhe von insgesamt 24.600 € geleistet worden sein.

Der 43-jährige Angeklagte soll in den Jahren 2014 bis 2016 die Rechenschaftsberichte des SPD-Ortsvereins unterzeichnet und damit die korrekte Erfassung sämtlicher Einnahmen, Ausgaben und Vermögenswerten bestätigt haben, obwohl er verpflichtet gewesen wäre, stattdessen die von den beiden weiteren Angeklagten gezahlten Spenden nicht anzunehmen oder an den Präsidenten des Deutschen Bundestages weiterzuleiten. Hierdurch soll dem SPD-Bundesverband ein Vermögensnachteil in Höhe von 73.800 € entstanden sein.

Die drei Angeklagten sind nicht vorbestraft. Die Angeklagten haben sich zu den Vorwürfen teilweise eingelassen.