Am 9. November 1919 durften die Wormserinnen erstmals an einer Kommunalwahl teilnehmen. Damals schafften es vier Frauen, in den Stadtrat gewählt zu werden. 100 Jahre später sind es zwölf Frauen. Dies zeigt deutlich: Gleichberechtigung ist noch lange nicht erreicht und insbesondere in der Kommunalpolitik sieht es schlecht aus. Nach den Kommunalwahlen im Mai und der sitzungsfreien Sommerpause hat der neue Wormser Stadtrat in dieser Woche seine Arbeit aufgenommen. Zählt man die Reihen durch, wird schnell klar: Von einer paritätischen Besetzung mit Männern und Frauen ist der Rat noch weit entfernt. Der aktuelle Frauenanteil beträgt 25 Prozent und ist so niedrig wie in keiner der anderen kreisfreien Städte in Rheinland-Pfalz. Worms ist im Vergleich somit Schlusslicht. Beispielsweise weist Mainz einen Frauenanteil von 45 Prozent auf, Kaiserslautern liegt bei 41Prozent und Frankenthal bei 36 Prozent.
„Parlamente sind Orte der politischen Willensbildung und nur, wenn Frauen mitentscheiden können, werden ihre Interessen auch gehört. Mit so einem niedrigen Frauenanteil besteht die Gefahr, dass Kommunalpolitik von Männern für Männer gemacht wird“, erklärt Gleichstellungsbeauftragte Melanie Schiedhelm die Schwierigkeit dieser massiven Unterrepräsentanz.
Schaut man genauer hin, wird deutlich, dass keine der im Stadtrat vertretenen Parteien gleichviele Frauen und Männer entsendet. Die SPD belegt vierzehn Sitze im neuen Stadtrat, wovon lediglich zwei an Frauen gehen und das, obwohl die ersten acht Plätze der Wahlliste abwechselnd mit Männern und Frauen aufgestellt war. Die CDU besetzt immerhin sechs der fünfzehn gewonnenen Sitze mit Frauen. Die Grünen ziehen mit acht Sitzen in den neuen Stadtrat ein, wovon drei an Frauen gehen. Die AfD hat eine Frau in ihren Reihen, ebenso wie die Freien Wähler. Bei Linkspartei, FDP und der Freien Liste Pfeddersheim sind gar keine Frauen vertreten.
Die Gründe, warum es dieses Jahr so wenige Frauen in das Wormser Kommunalparlament geschafft haben, sind vielfältig. Für Worms gibt es hierzu keine Auswertungen. Zu bedenken ist jedoch auch, eine Politik von Frauen bedeutet nicht unbedingt Politik für Frauen.
„Der politische Betrieb braucht auch auf kommunaler Ebene sowohl Männer als auch Frauen, denen der Verfassungsgrundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter wichtig ist. Projekte, Planungen und Maßnahmen müssen hinsichtlich ihrer Geschlechtergerechtigkeit geprüft werden. Das kann auch ein männlich dominierter Stadtrat schaffen, wenn er Frauen zuhört und auch mal außerhalb der eigenen Komfortzone agiert“, ist sich die Gleichstellungsbeauftragte Jasmine Olbort sicher. Die weltweite Solidaritätsbewegung unter dem Hashtag #HeforShe macht vor, dass dies möglich ist. Männer setzen sich dabei solidarisch für feministische Anliegen ein, engagieren sich gegen Diskriminierung und stellen bestehende Strukturen in Frage. Eine ähnliche Solidarität ist für Worms wünschenswert. Gleichzeitig sollten die Parteien allerdings auch Maßnahmen einleiten, um bei zukünftigen Wahlen mehr Frauen den Weg in die Parlamente zu eröffnen.
„Meine Kollegin Jasmine Olbort und ich unterstützen die Verantwortlichen gerne dabei, passende Maßnahmen zu diskutieren und umzusetzen“, freut sich Melanie Schiedhelm auf den künftigen Austausch.