Nach den Corona-Jahren war die Hoffnung der Kulturbranche groß, endlich wieder ohne Auflagen oder Verbote und vor allem gewinnbringend ihrem Geschäft nachgehen zu können. Doch die Hoffnung erfüllte sich im vergangenen Jahr nur für einen Teil der Branche. Der andere Teil, auch in unserer Region, leidet nach wie vor unter den Nachwehen von Corona oder den Auswirkungen der neuen Krisen.
Für die Rückkehr von Großveranstaltungen, wie die „Nibelungen Festspiele“ in Worms oder Großkonzerte wie „Die Toten Hosen“ oder „Die Ärzte“ in Mannheim, war es ein gutes Jahr. Die Auslastung stimmte und damit auch die Einnahmen. Dennoch bereitet auch den Wormser Festspielen die derzeitige Entwicklung Sorgen. Dass die Stadt für das kommende Jahr zum strikten Sparen aufgefordert wurde, gepaart mit unkalkulierbaren Preisentwicklungen, dürfte ebenfalls nicht schadlos an den Wormser Großveranstaltungen vorbeigehen. Aber wie sah es abseits von Festspielen und Jazz & Joy in den Kinosälen der „Kinowelt Worms“ dem Gewölbekeller des Veranstaltungsorts „Gut Leben am Morstein“ in Westhofen oder dem Wormser Theatersaal aus?
Patrick Mais, Inhaber der Kinowelt Worms, gibt unumwunden zu: „Geschäftlich war das Jahr eine Katastrophe. Wir hatten gegenüber der Vor-Corona-Jahre einen Besucherrückgang von knapp 55 Prozent, und das bei gleichzeitig gestiegenen Einkaufs-, Lohn- und Energiekosten“. Einer der wenigen Filme, der wieder eine größere Schar ins Kino lockte, war das Actionspektakel „Top Gun“. Nicht gut sah es auch in Westhofen bei Gut Leben am Morstein aus. Zwar erfreuten sich die Veranstaltungen im Weingarten des Anwesens während der Sommermonate eines großen Zuspruchs, abseits davon sah es im Gewölbekeller, trotz ambitioniertem Programm, düster aus. In der Zeit von Januar bis Mai und Oktober bis heute lag die Auslastung bei lediglich einem Drittel. Für Spies ist klar, dass ein Betrieb so nicht länger möglich ist und kündigt an, 2023 deutlich weniger Veranstaltungen anzubieten. Dennoch hofft er, dass die Zeit wieder kommt, dass Menschen live Kultur erleben wollen.
Die Gründe für diesen Rückgang liegen für Spies in einem gesellschaftlichen Wandel. Nach wie vor sind viele potentielle Zuschauer, insbesondere in den höheren Altersgruppen, ängstlich. Das spürt auch der Wormser Theater- betrieb. Eine Anfrage unseres Magazins beanwortete die Kultur- und Veranstaltungsgesellschaft ebenfalls mit einer Veränderung des Besucherverhaltens. Eine konkrete Zahl können sie aber noch nicht benennen. Bei der Ausstellung „Spiel um die Macht“ im Andreasstift verzeichnete man indes 3.300 Besucher seit der Eröffnung im September, wie die Pressesprecherin der KVG, Anne Klappert, darlegt. Dabei betont sie, dass derzeit die Museen in Deutschland einen Besucherrückgang bis zu 60 Prozent verkraften müssten. Bezogen auf den Theaterbetrieb sieht Anne Klappert aber auch Gutes. Erfolgsversprechend sind vor allem Kinderformate, die regelmäßig im Theatersaal oder im Lincoln Theater stattfinden, als auch besondere Events wie „Schwanensee“ oder das Debüt der „Spot On“ Reihe (siehe S. 41). Das gibt Grund zur Hoffnung für die KVG. Patrick Mais sieht die Zukunft für das Kino eher düster, zumal aus seiner Sicht auch gute Filme fehlen, die wieder die Menschen ins Kino ziehen. Zum Abschluss ergänzt er: „Wenn Worms weiterhin ein Kino haben will, hilft nur eins: Hingehen!“
Text: Dennis Dirigo Foto: Andreas Stumpf