Ein Blick zurück auf die ersten vier Jahre Adolf Kessel

Amtseinführung Adolf Kessel im Juli 2019

Vier Jahre ist es her, dass das „i“ im Schriftzug weichen musste für ein „e“. Am 1. Juli 2019 übernahm Adolf Kessel die Amtsgeschäfte als Oberbürgermeister der Stadt Worms von seinem Vorgänger Michael Kissel. So klein der Unterschied im Namen auch ist, ihre Amtsführung könnte kaum unter- schiedlicher sein. Nun heißt es: „Halbzeit“ für den 65-jährigen Wormser Kessel.

Der Sieg war deutlich. In der Stichwahl am 18. November 2018 stimmten 73,1 Prozent der Wähler für den CDU- Politiker. Dabei war die Oberbürgermeisterschaft nicht unbedingt das Amt seiner persönlichen Wahl. Zum Amtsantritt erklärte er der Zeitung „Die Rheinpfalz“: „Mittlerweile freue ich mich auf das Amt. Meine ursprüngliche Lebensplanung war allerdings eine andere. Nachdem ich jedoch von meiner Partei als Kandidat aufgestellt wurde, wollte ich die Wahl auch gewinnen.“ Dabei war sich Adolf Kessel von Anfang an bewusst, dass seine Wahl vielmehr eine Abwahl seines Vorgängers war. Doch wer Kessel kennt, weiß, dass dessen Arbeit von Beharrlichkeit und Bodenständigkeit geprägt ist. Eine Bodenständigkeit, die ihm im Laufe der vergangenen vier Jahre nicht nur Zustimmung eingebracht hat, sondern auch Kritik. 16 Jahre lang war Michael Kissel nicht einfach nur Oberbürgermeister von Worms, sondern auch das Gesicht der Stadt. Doch während Kissel oft das Rampenlicht suchte und seine Dezernenten auch mal zur Nebenbesetzung degradierte, ist Kessel der Mann, der eher im Hintergrund agiert. „Ich bin auch einer, der nicht immer vorn stehen muss“, erklärte er dementsprechend in einem Gespräch mit unserem Magazin im Dezember 2018. Doch gerade in Krisenzeiten ist es auch mal notwendig, nach vorne zu treten. Und an Krisen mangelte es wahrlich nicht in der ersten Hälfte seiner Amtszeit.

Haushaltskrise

Dass Worms seit geraumer Zeit Probleme mit seinem Haushalt hat, ist kein Geheimnis. Genau dieses Problem bescherte dem Oberbürgermeister auch seinen ersten größeren Konflikt, nämlich den mit der Aufsichts- und Dienstleistungsbehörde (ADD). Ein Konflikt, der auch Kissels Zeit überschattete und dazu führte, dass die Gewerbesteuer hochgesetzt wurde. Im Dezember 2019 erklärte er: „Wir werden uns allerdings nicht dauerhaft gegen eine Steuererhöhung wehren können, wenn wir nicht die Umsetzung der vielen anstehenden Projekte gefährden wollen.“ Kessel weiter: „Mir bleibt somit keine andere Wahl, als entweder den Beschluss auszusetzen oder Ihnen einen nachgebesserten Haushaltsentwurf vorzulegen, der wiederum auch Steuererhöhungen vorsehen muss. Ich habe mich für die 2. Variante entschieden. Daher lege ich Ihnen heute erneut eine Beschlussvorlage zur Erhöhung der Grundsteuer B sowie einen angepassten Haushaltsentwurf mit einer Veränderungsliste zum Haushalt 2020 vor.“ Der Rest ist Geschichte. In der Sitzung wurde mit breiter Mehrheit von CDU und SPD die Anhebung der Grundsteuer um 30 Punkte beschlossen. Doch damit war mitnichten der Konflikt beendet. Da das Land auf einen ausgeglichenen Haushalt pocht, ist die Stadt durch Kürzungen im Haushalt in ihren Handlungsmöglichkeiten stark eingeschränkt. Da nutzt auch das vergiftete Geschenk einer fünfzigprozentigen Übernahme der Altschulden durch das Land nur wenig. Denn mit der Unterschrift verpflichtet man sich zu mehr. Auf der Homepage der Stadt heißt es dazu: „Die Stadt Worms kann mit dem Kommunalen Entschuldungsfonds rund 160 Mio. Euro über eine Laufzeit von 15 Jahren tilgen. Allerdings muss die Stadt dazu ein Drittel an eigenen Beiträgen zur dauerhaften Verminderung von Ausgaben und zur Steigerung von Einnahmen beitragen.“ Vergiftet ist das Geschenk deswegen, da im gleichen Atemzug Bund und Land den Kommunen immer neue Aufgaben aufbürden. So mussten Kessel und sein Rathaus Team in den kommenden Jahren für mehr Ganztagsschulen sorgen, ebenso hat die Stadt Worms Probleme mit der Umsetzung des jüngsten Kita Gesetzes. Um dem Gesetz gerecht zu werden, muss die Stadt zusätzliche Erzieher einstellen und Um- und Neubauten vorantreiben. Doch woher das Geld nehmen? Die wichtigen Einnahmen bei der Gewerbesteuer gehen seit einiger Zeit aufgrund der Wirtschafts- und Energiekrise zurück, während die Inflation auch in Worms galoppiert. Längst geht ohne Fördergelder nichts mehr. Die Messlatte für Adolf Kessel ist wiederum hoch. Im 100 Tage Gespräch mit WO! kündigte er an: „Es ist mein Ziel, bis zum Ende meiner Amtszeit eine schwarze Null im Haushalt zu erreichen.“

Dann kam die Coronakrise

Es war eine Krise, die nicht nur die Stadt vor Herausforderungen stellte, als im Februar 2020 das Corona Virus Deutschland erreichte und damit auch Worms. Nach Bekanntwerden des ersten Falls verfügte der OB eine vorübergehende Schulschließung. Allerdings erübrigte sich das kurz darauf, da die Bundesregierung den ersten Lockdown verhängte, der am 22. März 2020 begann. Die Lage war unklar und die Verunsicherung der Menschen groß. In dieser Zeit wuchs die Kritik, dass Kessel sich nahezu komplett aus der Öffentlichkeit zurückzog. In einem WO! Gespräch Anfang Mai 2020 erklärte er dazu: „Meine Arbeit spielt sich derzeit im Hintergrund ab. Viele Entscheidungen müssen getroffen werden. Vieles davon findet im Stillen statt, dennoch ist es ein intensiver Prozess. Natürlich versuche ich, den Bürgern über verschiedene Kanäle von den getroffenen Entscheidungen zu berichten.“ Doch die politischen Entscheidungen, die in den folgenden Monaten getroffen wurden, konnten immer weniger Menschen nachvollziehen. Es folgten weitere Lockdowns. Die Positivzahlen stiegen trotzdem, sodass weitere umstrittene Maßnahmen folgten, die oftmals nicht mehr im Zusammenhang mit dem Ausbruchsgeschehen standen. So wurden die Lockdowns zusätzlich durch Ausgangssperren und der kurzzeitigen Einschränkung des Bewegungsradius verstärkt. Ebenso folgte eine wenig hilfreiche Maskenpflicht in der Fußgängerzone. Angesprochen darauf, räumte Adolf Kessel in einem Interview ein, dass man die Sinnhaftigkeit hinterfragen kann, aber das nun mal eine Vorgabe des Landes sei, die es um- zusetzen gelte. Neben der Gefahr durch das Corona-Virus entwickelten sich die Maßnahmen nach und nach zu einer Gefahr für die Wormser Gewerbetreibenden. Die Folge war unter anderem ein besorgniserregender Einbruch der Gewerbesteuer. Corona ist mittlerweile nahezu in Vergessenheit geraten. Doch weitere Krisen, wie die Energiekrise, die unmittelbar auf den Ausbruch des Ukraine-Kriegs folgte, halten Kessel und das Rathaus weiterhin im Griff.

Eine Politik der ruhigen Hand

Als Adolf Kessel 2019 die Amtsgeschäfte übernahm, versprach er in seiner Antrittsrede, sich nicht ändern zu wollen und unterstrich dabei seine Heimatverbundenheit. Bei allen Problemen, mit denen der Amtsinhaber konfrontiert wurde, ist das etwas, was wahrscheinlich nahezu alle, die mit ihm arbeiten, uneingeschränkt unterschreiben würden. Wahrscheinlich ist das der Vorteil der späten Oberbürgermeisterschaft. Kessel muss sich und anderen nichts mehr beweisen. Auch in der Zusammenarbeit mit unserem Magazin zeigt er sich immer wieder kooperativ und scheut auch nicht den kritischen Diskurs. Seine Politik der ruhigen Hand ist sicherlich nicht für jeden Wormser nach- vollziehbar, doch eines mag man ihm nicht in Abrede stellen, nämlich, dass er seiner Heimatstadt treu verbunden ist. Den- noch, die Herausforderungen für die bevorstehenden Jahre sind immens.

Text und Foto: Dennis Dirigo