Steigende Energiepreise, gestörte Lieferketten, Fachkräftemangel, die Inflation und die oftmals umständliche Bürokratie haben auf zahlreiche Branchen gravierende Auswirkungen. Auch das Bauen wird zunehmend zum unkalkulierbaren Risiko. WO! traf sich deshalb mit Stadtentwicklungsdezernent Timo Horst, um über die Entwicklung der Bauprojekte im kommenden Jahr zu sprechen.

Die Bauvorhaben sind zahlreich. Ein Blick in den Haushaltsentwurf für das Jahr 2023 listet rund 70 Baustellen auf. Davon entfallen rund die Hälfte auf den Neubau oder die Sanierung von Gebäuden. In Zahlen heißt das, dass im kommenden Jahr knapp 37 Millionen Euro verbaut werden. Hinzu kommen noch Projekte der Infrastruktur und Mobilität, die mit rund sieben Millionen Euro zu Buche schlagen. Danach gefragt, wo für den Dezernenten die persönlichen Schwerpunkte liegen, erklärt Horst, dass für ihn insbesondere die Bauprojekte im Be- reich Schule- und Kindertagesstätten priorisiert seien, da sie eine direkte Auswirkung auf das Leben vieler Menschen in Worms haben. Zwei der wohl wegweisendsten Bauvorhaben sind hierbei die Eröffnung der neu errichteten Pfrimmtal Real- schule plus auf dem Gelände der Diesterwegschule, sowie der Spatenstich für die Kita auf dem Ge- lände des Bildungszentrums in der Von-Steuben- Straße. Beides hat seinen Preis. Wenn im Herbst des kommenden Jahres die ersten Schüler die neuen Klassensäle beziehen, hat der Neubau der Schule die Stadt rund 16,2 Millionen Euro gekostet. Auch wenn es auf der Zielgerade noch einmal zu einer Kostensteigerung von rund zwei Millionen Euro kam, sind Stadt und Steuerzahler in diesem Fall mit einem blauen Auge davongekommen. Hinzu gerechnet werden müssen am Ende allerdings noch die Ausgaben für die Infrastruktur, da an dieser Stelle ein neuer Verkehrsknotenpunkt geschaffen wird. Für bevorstehende Projekte wird eine seriöse Kalkulation zunehmend erschwert. So steht im Haushaltsentwurf bei dem geplanten Verkehrsknotenpunkt wohlwissentlich, dass man die Gesamtkosten erst nach Beendigung der Maßnahme benennen kann. Gleiches gilt für die Erweiterung der Diesterweg Grundschule, die ebenfalls für 2023 geplant ist. Auch wenn die Stadt bei großen Projekten grundsätzlich bereits einen Puffer im zweistelligen Prozentbereich bei der Kalkulation einplant, ist derzeit nicht klar, ob das ausreichen wird.

Bauen ist teuer

Wie ein Projekt finanziell in kürzester Zeit eskalieren kann, zeigt die Entwicklung der Umbaumaßnahmen im Heinrich-Völker-Bad. Die ersten Gewerke sind noch nicht einmal vor Ort, da steht bereits fest, dass das Vorhaben deutlich teurer wird. Ursprünglich wurden 2018 insgesamt 7,5 Millionen Euro veranschlagt. 90 Prozent von dieser Summe werden über Fördermittel abgedeckt, doch eben nur für diese Summe. Alles was darüber hinausgeht, muss die Stadt stemmen. Der Wirtschaftsplan für das Jahr 2023 der Freizeitbetriebe, die das Schwimmbad für die Stadt betreiben, zeigt aber, dass man zwischenzeitlich von Kosten in Höhe von 16,5 Millionen Euro ausgeht. Ob das wiederum reicht, ist fraglich. Da ist es auch nur ein schwacher Trost, dass derzeit durch den Nichtbetrieb des Schwimmbads keine signifikanten Energiekosten entstehen. Was den Neubau der Kita am BiZ angeht, so kalkuliert man hierbei für das kommende Jahr mit rund vier Millionen Euro. Die Gesamtkosten sollen bei sieben Millionen Euro liegen. Da unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung der Druck zum Sparen von Seiten des Landes groß ist, erklärt Horst, dass seine Mitarbeiter/innen und er angehalten seien, jedes Projekt noch einmal durchzugehen, um Sparpotential zu entlarven. Horst verweist darauf, dass es dementsprechend Projekte für das kommende Jahr gibt, die im aktuellen Entwurf noch höher angesetzt sind, aber mittlerweile gekürzt wurden. Ziel ist es, den Haushalt, soweit möglich, fit für die Aufsichtsbehörde zu machen. In den Worten der Aufsichtsbehörde heißt das, dass Maßnahmen zweifelsfrei „unabweisbar“ und „alternativlos“ sein müssen. Die Stadt Worms dürfe sozusagen keine andere Wahl haben, als die Ausgabe zu leisten. Um es in noch dramatischere Worte zu gießen, übersetzt die Stadt Worms in einer Beschlussvorlage für den Stadtrat: „Die Situation müsse von einer Alternativlosigkeit gekennzeichnet sein“. Immer noch in Sachen Kita-Plätzen auf einem der hinteren Plätze in Rheinland-Pfalz, sind genau die Kita-Bauvorhaben der Stadt alternativlos. Das teuerste darunter ist der Neubau einer Kita in Rheindürkheim. Die siebengruppige Einrichtung ist mit neun Millionen Euro angesetzt. Mit Fördergeldern rechnet man erst 2024, sodass die Stadt im kommenden Jahr bereits sieben Millionen Euro stemmen muss.

Konzeptvergabe Andreasquartier

Ein Vorhaben, das für die Stadt selbst eher Geld einbringen wird, ist die Entwicklung des Domquartiers zwischen dem ehemaligen Hochstift Krankenhaus und dem Dom. Hier könnte in den nächsten Jahren ein ziemlich prominentes Bauvorhaben entstehen. Herzstück ist hierbei das Andreasquartier, also das ehemalige Gesundheitsamt, das bereits in den vergangenen Jahren für viele Diskussionen sorgte. Nun soll endlich mit Hilfe einer Konzeptvergabe das Projekt 2023 voranschreiten. Wie Horst erklärt, ist im Moment lediglich noch unklar, ob die Vergabe über einen Erbpachtvertrag geregelt wird oder einen Verkauf. Klar ist Horst allerdings, dass er die Bürgerschaft an der Entwicklung unmittelbar beteiligen will. Damit möchte er vermeiden, dass – ähnlich wie bei den Plänen rund um das Haus am Dom – ein großer Riss durch die Bürgerschaft geht. Geht es nach dem Willen des Stadtentwicklungsdezernenten, sollen mit ähnlichen Projekten wie im Domquartier die fatalen Auswirkungen der Stadtzerstörungen rückgängig gemacht werden. Man darf gespannt sein.

 

Text: Dennis Dirigo, Foto: Andreas Stumpf