Das Rheinland-Pfalz-Tags-Wochenende war kaum vorbei, da wurde schon der Startschuss für das nächste Wormser Großereignis gegeben – mit dem Probenauftakt der diesjährigen Nibelungen-Festspiele. Unter dem Titel „Siegfrieds Erben“ wird vom 20.07. bis zum 05.08. erstmals die Geschichte fortgesetzt. Ein reizvoller Gedanke. Bevor die große Open-Air-Bühne vor der Nordseite des Doms bespielt wird, heißt es erst mal, gemeinsam das Stück zu lesen, denn die Wochen zuvor hatte jeder Darsteller nur die Möglichkeit, sich alleine vorzubereiten.
Bis auf Jimi Blue Ochsenknecht und Bruno Canthomas waren an diesem Morgen alle Darsteller, die Gewerke, sowie der Regisseur und das Autorenduo versammelt. Nachdem letzte Interviews geführt und das obligatorische Gruppenfoto gemacht wurde, hieß es für das Ensemble: Platz nehmen. Los ging es zunächst mit Grußworten, bei denen u.a. Regisseur Roger Vontobel ausführte, dass für ihn der Reiz, die Legende fortzuführen, darin liegt, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wie sich Menschen von alten Verhaltensmustern loslösen können. Beispielhaft vergegenwärtigte er diesen Gedanken an dem Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern. „Was kann bleiben, wo muss ich mich neu positionieren in diesen unsicheren Zeiten? Wie wird die Weltordnung neu geschrieben?“ fragte er in die Runde, ohne natürlich eine Antwort zu erwarten. Die ersten Worte des neuen Stückes gehörten dann den Schauspielern Felix Rech, der Dietrich von Bern darstellt und Michael Ransburg, der einen Diener spielt. Das Blut des großen Gemetzels am Vorabend ist kaum getrocknet. Als Zuhörer riecht man geradezu den Rauch, der über dem Schlachtfeld noch zu schweben scheint, während die beiden Überlebenden über die Grausamkeit Kriemhilds sinnieren. „Ihr Hass war größer als ihre Liebe“, stellt ein erschütterter Dietrich von Bern fest. Auftritt für den Schauspielstar Jürgen Prochnow. Der spielt in dem Stück den frisch verwitweten König Etzel, dessen grenzenlose Wut sich vor allem gegen die Burgunder richtet: „Die Burgunder sind böse Blutverspritzer. Ich hieß sie Willkommen als Männer gleichen Ranges. Sie haben es mir übel vergolten.“ Bereits nach diesen wenigen Worten kann man sich Prochnow bestens in der Rolle des gedemütigten Königs vorstellen, der im Laufe der Geschichte nach Worms reist, um das Erbe der Burgunder einzufordern. Nach dieser eröffnenden Szene wurde die Presse schließlich freundlich, aber bestimmt, aufgefordert, die Gruppen von nun an alleine proben zu lassen. Zuvor gab es noch die Möglichkeit, einen Blick auf die Kostümentwürfe und das Bühnenbild zu werfen. Nina von Mechow, die für die Kostüme verantwortlich ist, gestaltet diese bewusst nachlässig, sollen sie doch den Anschein des Untergangs transportieren. Das Bühnenbild wird von dem Dänen Palle Steen Christensen gestaltet. Beide Künstler arbeiteten schon öfters mit Vontobel zusammen. Das Design der Bühne wirkt minimalistisch, fast wie eine eigene kleine Bühne im Schatten des Wormser Doms. Auch hier ist das Ansinnen, ein Bild von Vergangenheit und Verwahrlosung zu schaffen. Noch sind es nur Skizzen, in wenigen Wochen werden diese sich aber in ein echtes Bühnenbild verwandeln, das von den Schauspielern schließlich mit Leben gefüllt wird.