Sonderimpfaktion in Worms und die Frage, wie geht es im Herbst weiter?
Es ist noch nicht lange her, da gehörte Worms zu den Kommunen mit dem bundesweit höchsten Inzidenzwert und litt dementsprechend unter den Auswirkungen der politisch gewollten Corona-Notbremse. Nachdem lange Zeit offenbar nichts geschah, um die Entwicklung von Seiten der Stadt in den Griff zu bekommen, sollte schließlich eine Sonderimpfaktion die Wende bringen.
Im Fokus standen bestimmte Bezirke, in denen es offenbar immer wieder zu Hotspots kam. Das teilte Oberbürgermeister Adolf Kessel im Rahmen eines Pressegesprächs zu dieser Impfaktion mit. Das war umso überraschender, da Stadt und Gesundheitsamt immer wieder von einem diffusen Infektionsgeschehen sprachen und selbst bei dezidierter Nachfrage kein Muster erkennen wollten. Lediglich eine Konzentration der Infektionen auf die Postleitzahlen 67549 und 67547 sei erkennbar (wir berichteten). Eine genauere Analyse der Anschriften von positiv getesteten Personen brachte schließlich etwas Licht ins Dunkel, denn plötzlich war ein Muster zu erkennen. Oft als sozial-ökonomischer Komplex bezeichnet, waren besonders Bezirke betroffen, in denen viele Menschen auf engstem Raum zusammenleben. Kessel erklärte hierzu, dass es Straßenzüge gäbe, bei denen man bis zu 40 infizierte Personen registrierte. Dem gegenüber stand eine Impfquote von rund 10 Prozent. Eine umfangreiche Impfkampagne, bei der man direkt unter anderem mit muslimischen Verbänden zusammenarbeitete, sollte aufklärerisch wirken. Zudem fragte man beim Land nach einem Sonderkontingent Impfstoff.
Insgesamt 3.000-mal Johnson & Johnson verimpft
Anfang Juni sagte das Land schließlich 3.000 Impfdosen Johnson & Johnson zu. Der Vorteil, man muss lediglich einmal geimpft werden. Nachdem der Termin für diese Aktion feststand, 6. Juni ab 8 Uhr, verteilte man in den Briefkästen der ausgewählten Straßen rund 3.000 Flugblätter (erhoffter Radius 8.000 Personen), übersetzt in zehn Sprachen, um einzuladen. Die Nachfrage hielt sich zu Beginn allerdings in Grenzen. Zum Zeitpunkt des Pressegesprächs um 11 Uhr hatten sich gerademal 190 Personen impfen lassen. Kessel und Dieter Herrmann, Leiter des Impfzentrums, zeigten sich jedoch optimistisch. Tatsächlich sollte der Ansturm noch folgen. Kurz nach dem Gespräch verbreitete sich per Internet die frohe Kunde einer Spontanimpfung für alle Wormser. Das Interesse war groß und sorgte dafür, dass sich doch noch endlos lange Menschenschlangen sonntags bildeten. Damit einhergehend die Befürchtung, dass man das eigentliche Ziel verfehle. Am Ende des Sonntags ließen sich rund 2.200 Personen impfen. Um die restlichen 800 Dosen auch noch an den Mann zu bringen, setzte man zwei weitere Termine an. Am Ende verblieben 130 Dosen, die sollten an Erntehelfer verimpft werden, denn auch bei diesen Gruppen sorgten Ausbrüche in der Vergangenheit für steigende Werte in Worms. Letztlich ließen sich aber nur 10 Personen impfen. Für die verbliebenen Dosen rief man anschließend alle volljährigen Wormser, die noch keine Erstimpfung haben, auf, sich zu bewerben. Wie Pressesprecher Jonas Diebold im Gespräch mit WO! mitteilte, war dieser Aufruf erfolgreich, sodass alle Dosen verplant werden konnten. In einer Pressemitteilung informierte man zudem, dass unter den zahlreichen Impflingen tatsächlich rund 2.000 Personen der angesprochenen Gruppen gewesen seien. Damit stieg die Quote der vollständig geimpften zum 15. Juni auf rund 21.000 Wormserinnen und Wormser. Kessel erklärte hierzu: „Erst wenn möglichst viele Menschen in Worms eine Impfung erhalten haben, können die Erfolge gegen die Pandemie nachhaltig sein.“
Der Herbst wird kommen und damit steigende Zahlen
Dennoch drängt sich die Frage auf, wie es im Herbst weitergeht? Denn es ist zu befürchten, dass, wie im letzten Jahr, die Corona Welle mit dem Ende der Herbstferien erneut beginnt. Damals sorgten vor allem Rückkehrer aus der Türkei und einigen östlichen Ländern für einen erneuten Anstieg der Zahlen. Stadt und Politik beteuern indes, dass es mit Sicherheit keinen erneuten Lockdown geben wird, aber das wurde auch im vergangenen Jahr gesagt. Klar ist, dass bis zum Herbst die Zahl der ungeimpften Personen wahrscheinlich immer noch groß genug ist, einen erheblichen Anstieg der Zahlen zu verursachen. Bleibt zu hoffen, dass die Politik dann allerdings andere Wege gefunden hat, als zahlreiche Bürger durch Lockdowns und Allgemeinverfügungen erneut in eine dramatische Situation zu bringen.