Eigentlich soll ein Bordellbesuch ein Moment der Erotik und der Lust sein. In Zeiten von Corona ist das aber so eine Sache. Zwar dürfen nach rund einem halben Jahr Bordellbetriebe wieder ihr Geschäft in Rheinland-Pfalz aufnehmen, doch die Auflagen sind dabei alles andere als geschäftsfördernd.

Pablo Bongartz betreibt in Worms-Rheindürkheim seit 17 Jahren das Hühnerhaus, ein Laufhaus mit acht Zimmern sowie einem Bistro, und erklärt dementsprechend, dass derzeit nicht besonders viele Kunden vorbeischauen würden. Zwar hat er seit Mai seinen Bistrobetrieb wieder geöffnet, doch wer kommt schon im Hühnerhaus vorbei, um einfach nur ein Bierchen zu trinken? Bongartz, der ursprünglich aus Norddeutschland kommt, hadert dann auch gar nicht mit den politischen Entscheidungen. Die kann er aus hygienischer Sicht nachvollziehen, denn natürlich macht es bei körperlicher Nähe zweier fremder Personen durchaus Sinn, in diesen Zeiten einen Mundnasenschutz zu tragen. Nur ist das eben der Erotik völlig abträglich. Eine große Hemmschwelle ist für viele Kunden aber auch die Registrierung, weiß Bongartz, denn die Besucher eines solchen Etablissements wollen schließlich anonym sein. Da das den Damen bewusst ist, haben derzeit auch nur vier Sexarbeiterinnen ihre Zimmer bezogen, für die sie Inhaber Bongartz eine Miete zahlen, der wiederum seinem Verpächter die monatliche Pacht für das Anwesen an der B9 zahlen muss. Sollte das Geschäft bei weiterhin steigenden Zahlen wieder zum Erliegen kommen, bedeutet das für die Frauen, aber auch für Pablo Bongartz, ein abermaliges Berufsverbot. Die berufliche Situation der zumeist osteuropäischen Frauen war es auch, die die rheinland-pfälzische Familienministerin Anne Spiegel dazu bewog, Prostitution wieder zu erlauben. Dem SWR sagte sie gegenüber: „Frauen, die in der Prostitution arbeiten, haben in den vergangenen Monaten finanziell mit dem Rücken zur Wand gestanden. Nun müsse man den Frauen eine Perspektive geben“. Die sieht allerdings immer noch schwierig aus. Hoffnung verspricht sich der norddeutsche Wormser von einer App, die aktuell speziell für das Prostitutionsgewerbe entwickelt wird. Über einen QR Code soll dadurch eine anonyme Registrierung der Kunden erfolgen. Aktuell müssen die Daten durch die Vorlage eines gültigen Ausweises vorgelegt werden. Wann die App kommt, ist aber noch nicht klar. Doch die Verordnung ist nicht die einzige Hürde.

Das Prostitutionsschutzgesetz und die Stadt

In den letzten Jahren hat die Konkurrenz erheblich zugenommen. Neben den klassischen Bordellbetrieben sind es vor allem Prostitutionsstätten, die sich in ganz normalen Mietswohnungen befinden, die Vielen dieser Branche das Leben erschweren. Durch niedrigere Fixkosten können die Dienstleisterinnen zumeist auch niedrigere Preise aufrufen. Oftmals arbeiten sie vor der Nase der Stadt, ohne dass diese ordentlich mit ihrem Gewerbe angemeldet sind. Dies ist allerdings gemäß dem Prostitutionsschutzgesetz, das seit 2016 gilt, verpflichtend. Stadtrat Christian Engelke (Bündnis 90/Die Grünen) stellte hierzu bereits Ende Januar eine Anfrage und wollte wissen, wie die Stadt ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachkommt. Die Antwort ist ernüchternd. Adolf Kessel erklärte, dass die Stadt aus personellen Gründen nicht in der Lage sei, das „horizontale Gewerbe“ in Worms entsprechend dem Gesetz zu kontrollieren. Aus der Antwort geht auch hervor, dass die Stadt von zwölf Betrieben Kenntnis hat und 65 Prostituierte registriert sind. Von den zwölf bekannten Etablissements ist aber nur eine Einrichtung korrekt nach dem Gesetz angemeldet. WO! gegenüber erklärt Oberbürgermeister Kessel, dass dies allerdings nicht gleichbedeutend sei, dass die elf anderen Betriebe ohne Erlaubnis geöffnet hätten, sondern man lediglich noch nicht den besonderen Anforderungen des Gesetzes nachkam. So kann man das natürlich auch sehen. Hintergrund des Gesetzes ist, dass Frauen, die in diesem Gewerbe arbeiten, vor illegaler Prostitution geschützt werden sollen. Um dies zu verhindern, müsste allerdings mehr kontrolliert werden. Vielleicht schafft es ja die Stadt im kommenden Jahr, wenn die Stadtverwaltung erneut personell aufgestockt wird und es womöglich in der Zeit nach Corona ein paar Bordellbetriebe weniger gibt, dem gerecht zu werden.

Verbot oder kein Verbot?

Ginge es nach dem Willen der Prostitutionsgegner gäbe es hierzulande sowieso schon längst ein Verbot wie in Schweden oder Frankreich. Politisch lässt sich das bislang nicht durchsetzen. Zuletzt diskutierte die SPD auf ihrem Bundesparteitag im Dezember 2019 über ein mögliches Verbot, ohne dies zu besiegeln. Verbände und Beratungsstellen warnen indes immer wieder vor einem Verbot. Die Deutsche Aidshilfe verweist auf Studien, nach denen jede Form der Kriminalisierung von Prostitution das Risiko von Prostituierten erhöhe, Opfer von Gewalt oder anderer Straftaten zu werden. Auch steige das Risiko, sich sexuell übertragbare Infektionen zuzuziehen. Das Angebot sexueller Dienstleistungen werde nicht kleiner, sondern verlagere sich ins Verborgene. Zudem würden prekäre Lebens- und Arbeitsverhältnisse verschärft. Bedenken äußerte man auch dahingehend, ob dies verfassungsrechtlich durchsetzbar sei. Wie so oft sind es nicht neue Gesetze, die notwendig sind, sondern der Wille, diese auch durchzusetzen.