Es hätte alles so einfach sein können. Wenn doch nur zwei Vertreter von CDU oder FDP im letzten Moment ein schlechtes Gewissen bekommen und sich für eine „Enthaltung“ entschieden hätten. So aber wird das Thüringer Wahldebakel vor allem einer Partei nützen. Während sich CDU und FDP öffentlich kräftig blamierten, dürften sich im Hintergrund die Vertreter der AfD genüsslich die Hände gerieben haben. Wie soll man aber zukünftig mit der AfD umgehen? Kann man eine Partei, die ein Viertel der Wähler in Thüringen hinter sich vereinigen konnte, einfach so ignorieren und von der Politik ausgrenzen?

Ja, das kann man. Aber nur, wenn man aus der Geschichte lernt. Die Faschisten sind immer nur dann an die Macht gekommen, wenn ihnen Konservative die Plattform geboten haben. Das war in Italien so. Und auch in Deutschland hat man geglaubt, man könnte einer Ideologie durch Einbindung ihren Reiz nehmen, als Reichskanzler Franz von Papen Adolf Hitler und seiner NSDAP zur Macht verhalf. Die Folgen sind bekannt. Vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte ist es also absolut richtig, Nazis und deren heutige Jünger von der Politik fern zu halten. Wenn wir wollen, dass unsere demokratischen und freiheitlichen Werte überleben, ist es die Pflicht eines jeden Demokraten, den Faschismus zu bekämpfen und von der aktiven Politik auszugrenzen. Vor allem in Thüringen, wo schon einmal der Aufstieg der Faschisten begann. Dort wird die AfD mit Björn Höcke von jemandem geleitet, den man gemäß Gerichtsbeschluss Nazi nennen darf, weil er nachgewiesenermaßen einer ist. Höcke vertritt „Konzepte der Neuen Rechten“, er strebt ein „Bündnis rechtsnationalistischer Gruppen zur ethnischen Homogenisierung Deutschlands und Europas“ an und kündigt in seinem Buch an, dass hierzu „ein groß angelegtes Remigrationsprojekt“ notwendig sei. Höcke weiter: „Man werde, so fürchte ich, nicht um eine Politik der „wohltemperierten Grausamkeit“ herumkommen.“ *
Da der Ehrenvorsitzende Alexander Gauland selbst gesagt hat, dass Höcke die „Mitte und Seele der Partei“ sei, kann man sich ausmalen, an welchem Rand die AfD ihre Anhänger rekrutiert.

WIE WEIT RECHTS IST DIE AFD?
Im Jahr 2013 als Euro-kritische und rechtsliberale Partei gegründet, ist heute von der einstigen Protestpartei nicht mehr viel übrig. Im Laufe der Jahre mussten alle „gemäßigten“ Spitzenpolitiker der Partei nacheinander gehen. Erst 2015 Gründer Bernd Lucke, 2017 Frauke Petry, 2018 Andre Poggenburg – übrig blieben noch Bernd Höcke und seine braune Gefolgschaft. Die Partei, die schon kurz nach ihrer Gründung beachtliche Wahlergebnisse erzielte, wurde in den letzten sieben Jahren sukzessive von Rechten unterwandert. Spätestens beim Parteitag 2019, als auch die letzten kritischen AfD’ler abgewählt und von Mitgliedern des „Höcke-Flügels“ ersetzt wurden. Anhand der Äußerungen ihres Führungspersonals und den mitunter blinden Hassparolen, die von AfD Politikern abgesondert werden, kann man unschwer erkennen, dass diese Partei inzwischen eine faschistische Partei geworden ist, die vor allem der Hass auf alles Fremde eint.

AUSGRENZEN ODER EINBINDEN?
Die Frage, ob man sich als Christdemokrat oder Liberaler mit Hilfe der AfD zum Ministerpräsidenten wählen lässt oder zähneknirschend doch eher einen Kandidaten der Linkspartei unterstützt, sollte sich einem echten Demokraten gar nicht erst stellen. Das von Rechten gerne verliehene Prädikat „SED-Nachfolgepartei“ sollte 30 Jahre nach dem Mauerfall nun wahrlich nicht mehr gelten, zumal die Linkspartei PDS bereits 2007 mit der westdeutschen WASG fusionierte und sich im Laufe der letzten Jahre immer weiter von den Vorstellungen des DDR-Regimes entfernt hat. Dagegen fand bei der AfD ein umgekehrter Prozess statt. Die meisten Wähler/-innen der AfD sind selbst Faschisten oder sympathisieren mit dieser Ideologie. Auch das hat uns die Geschichte gelehrt: Wenn jemand demokratisch gewählt worden ist, macht ihn das noch lange nicht zum Demokraten. Von daher ist es wenig sinnvoll, mit Nazis zu diskutieren, weil ihr verschlossenes Weltbild wissenschaftliche und geschichtliche Erkenntnisse ignoriert und sachlichen Argumenten gegenüber überhaupt nicht aufgeschlossen ist. Es geht ihnen nicht um eine Politik der Kompromisse, sondern um Macht. Oder wie der ehemalige Generalsekretär der CDU, Ruprecht Polenz, kürzlich sagte: „Faschismus ist eine Methode zur Machtergreifung. Deshalb kann man mit diesen Parteien nicht nur nicht paktieren, man muss sie ausgrenzen.“

*(Quelle: Björn Höcke, „Nie zweimal in denselben Fluss.”, S. 254).