06. August 2017 | Heylshofpark Worms:

Im Kulturprogramm der Nibelungen-Festspiele haben die Theaterbegegnungen längst einen festen Platz. In der entspannten Atmosphäre des Heylshofparks ist es immer wieder interessant, Festspielmachern zu lauschen, wenn sie kurz nach der Premiere über die Erfahrungen der letzten Monate sprechen.

Im Falle des diesjährigen Stücks, „Glut. Siegfried von Arabien“, waren die Erfahrungen für die anwesenden Gäste, Intendant Nico Hofmann und Dramaturg Thomas Laue, mit großen Anstrengungen verbunden. Laue, der seit letztem Jahr zum Festspielteam gehört, erklärte, dass die Endprobephase sehr anstrengend gewesen sei. Bis zuletzt hätte man noch Szenen umgestellt, Dialoge gestrichen und neue hinzugedichtet. Hofmann erläuterte hierzu, dass der Rhythmus bei einem Theaterstück unbedingt stimmig sein müsse. Etwas, was im ersten Jahr seiner Intendanz, bei dem Stück „Gemetzel“, überhaupt nicht gepasst hätte. Während man beim Film den Rhythmus über den Schnitt bestimmen kann, ist dies beim Theater nur durch Umstellungen und Verschiebungen von Schwerpunkten möglich. Eine entscheidende Veränderung hätte vor allem die Figur der Lady Adler erfahren, die im ursprünglichen Buch eine weniger dominante Rolle spielte. Eine der größten Herausforderungen war für Thomas Laue jedoch, Albert Ostermaiers Fassung auf Theaterlänge zu verdichten, das hieß, von 250 Seiten auf 70 runter zu kürzen. Hofmann erklärte, dass Ostermaier „unglaublich komplexe Strukturen“ liebe und Laues Job sei es, durchzugreifen. Außerdem hätte man noch bis kurz vor der Premiere aktuelle Ereignisse eingearbeitet. In diesem Zusammenhang stellte Hofmann fest, dass er immer wieder vom Wormser Publikum überrascht sei, dass sie Ostermaiers ambitionierter Sprache und Strukturen folgen können. Verschmitzt lächelnd erzählte er, dass seine Mutter von dem politisch motivierten Stoff wenig begeistert war und ihm sagte, dass das sein Untergang sei. Sein Untergang sicherlich nicht, allerdings gab es im Gegensatz zum letzten Jahr deutlich mehr kritische Pressestimmen. Angesprochen auf die Kritiken, zeigte sich Nico Hofmann dennoch zufrieden, allerdings räumte er ein, dass der Großteil der Besprechungen erst montags folgen würde. Zu seinem Engagement in Worms erzählte Laue, dass er von den Nibelungen-Festspielen von Anfang an beeindruckt gewesen sei. Immerhin müsse man hier die gesamte Infrastruktur eines Theaterhauses auf das Open-Air-Konzept übertragen. Etwas, was mit viel Aufwand verbunden und nicht selbstverständlich ist. „Mich beeindruckt, wie die Leute hier die Kultur hoch halten“, sagte er hierzu.

Neben dem zurückliegenden Stück beschäftigte sich die Gesprächsrunde auch mit der kommenden Aufführung. Nachdem Albert Ostermaier seine Trilogie mit „Glut“ vollendet hat, ist geplant, dass sich in jedem Jahr ein neuer Autor mit dem Nibelungenstoff beschäftigen wird. Den Anfang machen der preisgekrönte Schriftsteller Feridun Zaimoglu und Günter Senkel, der schon öfter mit Zaimoglu zusammenarbeitete. Beide haben bereits eine erste Fassung abgeliefert, die auch eine gute Länge aufweise, wie Dramaturg Laue lächelnd ergänzte. Als Regisseur wurde der Schweizer Rober Vontobel verpflichtet. Vontobel gilt in der Branche als einer, der „altehrwürdige Texte mit unverstelltem, unideologischem Blick auf der Bühne wieder zum Sprechen bringe“. Mit seinen Adaptionen von großen Klassikern wie Schillers „Don Carlos“ oder Shakespeares „Richard III.“ hat er schon zahlreiche Theaterpreise gewonnen. Ähnlich wie Calis gilt auch er als Experte für eine bildgewaltige Theatersprache. Inhaltlich möchte man abermals neue Pfade beschreiten. Im kommenden Jahr wird erstmals so etwas wie eine Fortsetzung des Nibelungenstoffs erzählt. Die Geschichte schließt nahtlos an das Gemetzel an König Etzels Hof an. Etzel ist einer der wenigen Überlebenden. Geschockt von der Gewalt, die über seinen Hof hereinbrach, reist er nach Worms, um Kriemhilds Erbe, den Schatz, einzufordern. Hierbei begegnet er Brünhild. Während im Nibelungenlied das Schicksal der isländischen Königin ungeklärt bleibt, wird die starke Frau in dem Stück eine wichtige Rolle spielen. Hofmann verriet, dass man im Kuratorium der Festspiele in Verbindung mit dem kommenden Stück auch über eine Besetzung mit namhaften Stars diskutiert hätte. Als Intendant wolle er dies aber nicht unbedingt, da für ihn die Qualität des Stückes und nicht die der Namen im Vordergrund stünden. Dennoch brachte er an dieser Stelle immer wieder den Namen der bekannten Schauspielerin Maria Furtwängler ein, erläuterte aber auch, dass die Sommerzeit für viele Schauspieler die Hauptdrehzeit sei, weswegen viele bekannte Darsteller eine Theaterverpflichtung scheuen. So sei das Engagement von Uwe Ochsenknecht im letzten Jahr erst in letzter Minute zustande gekommen. Dennoch zeigt er sich zuversichtlich, dass zukünftig viele Schauspieler von sich aus auf die Festspiele zukommen würden. „Sie sind angefixt“ feixte er zum Abschluss, ehe das musikalische Ensemble des aktuellen Stückes für beschwingte Töne im sommerlichen Heylshofpark sorgte.