DER SCHWERKRAFT TROTZEND, ODER DOCH NICHT?
Vielleicht haben Sie sich schon mal gefragt, wie Spider-Man es schafft, scheinbar mühelos die Wand hoch zu klettern? Der Akrobat Tobias Wegner lieferte mit seiner One-Man-Show „Leo“ im Wormser Theater mit einer staunenswerten Show die Antwort.
Es ist ein Trick, der schon in der Stummfilmzeit Verwendung fand und es ermöglichte, dass Buster Keaton sich an einer Turmuhr festhalten konnte oder Fred Astaire in „Royal Wedding“ an der Decke tanzte. Dieser Film inspirierte Wegner schließlich dazu, daraus eine ganze Bühnenshow zu machen. Ganz heißt in diesem Falle: überschaubare 65 Minuten Nettospielzeit. Diese Zeit reichte dem Berliner Künstler allerdings vollkommen, um die Wahrnehmung der Zuschauer auf die Probe zu stellen, obwohl er von Beginn an die Illusion offensichtlich machte. Die Bühne war zweigeteilt. Auf der rechten Seite befand sich ein leerer Raum. Wegner bewegte sich überwiegend mit dem Rücken auf dem Boden, während eine seitliche montierte Kamera den Künstler vertikal filmte. Diese Bilder wurden auf eine Leinwand übertragen, die links auf der Bühne stand. Darauf entstand der Eindruck, dass sich Wegner entlang der Wand scheinbar schwerelos bewegte. Das führte zu skurrilen und lustigen Momenten, wie eigenwilligen Tänzen und Zeichnungen an der Wand, mit denen er eine ganze Wohnung ausstattete. Verknüpft wurden die Bilder durch die Geschichte eines Mannes, der sich einsam fühlt und sich nach Gesellschaft sehnt. Die fand er später in Form von Fischen, mit denen er in seinem Raum schwimmen ging.
Fazit: Wegners Idee, nur durch den Perspektivwechsel mit der Wahrnehmung zu spielen, ist faszinierend. Das ist gekonnt und zuweilen artistisch beeindruckend, allerdings wirkte der im Grunde simple Trick trotz der geringen Spielzeit ein wenig redundant. Dennoch ein interessanter Beitrag im Wormser Theater zwischen Beethoven, Mozart und klassischem Theater.
Text: Dennis Dirigo, Fotos: Andreas Stumpf