PROVOKATION ALS STILMITTEL

Wie schon die Süddeutsche Zeitung richtig erkannte, sind „ein maliziöses Lächeln, böse Reime und ein geschliffener Vortrag die unverkennbaren Markenzeichen von Lisa Eckhart“. Dass sie alles andere als „Everybodys Darling“ ist, wurde auch bei ihrem aktuellen Programm „Die Vorteile des Lasters“, das sie in einem gut gefüllten Wormser Theater präsentierte, einmal mehr deutlich.

Lisa Eckhart ist eine Kunstfigur, erfunden und gespielt von der in Leipzig lebenden, gebürtigen Österreicherin Lisa Lasselsberger, die gerne als 1930er-Jahre-Ikone im SM-Style daherkommt. Ihr Humor lebt von der Provokation, wozu auch gewagte Kleidung gehört, die sie selbstredend auch an diesem Abend trug. Kritiker werfen ihr Rassismus, Antisemitismus und fehlende politische Korrektheit vor. Andere wiederum argumentieren, dass sie gesellschaftliche Vorurteile allein dadurch entlarve, indem sie sie überspitze. Beim Publikum in Worms kam der Tabubruch jedenfalls gut an, wozu auch einige grenzwertige Gags gehörten. Über Männer mit einem zu laschen Händedruck schlussfolgerte sie, dass solche Männer sie beim Sex sicher nicht richtig würgen könnten und führte damit die #MeToo- Debatte ad absurdum. Auch das leidige Thema Corona oder die Religion wurden von Eckhart nicht verschont. Da die Jungfrau Maria, der Erzählung nach, keinen Geschlechtsverkehr hatte, müsse ihr Jungfernhäutchen von innen zerstört worden sein, weshalb Jesus selbiges bei der Geburt auf dem Kopf trug. Das erkläre auch, warum Juden heute noch eine Kippa tragen. Über den plötzlichen Abgang von Alpenkanzler Sebastian Kurz sinnierte sie: „Das ist dasselbe, wie wenn Adolf Hitler bei einem Sturz im Badezimmer ums Leben gekommen wäre.“ Nach einem 90-minüti- gen kabarettistischen Dauerfeuerwerk, wofür die Kabarettistin als Requisite lediglich einen Stuhl in der Bühnenmitte benötigte, präsentierte sich zur Zugabe eine wesentliche nahbarere Person auf der Bühne. Denn eines sollte man nicht vergessen: Lisa Eckhard ist halt nur eine Kunstfigur, die Dinge ausspricht, die sich andere aus Political Correctness nicht trauen.

Fazit: Satire muss auch mal wehtun und gutes Kabarett bohrt tief in den Wunden des Publikums. Insofern ist Lisa Eckharts Humor wie ein Farbklecks in einer Zeit der politischen Überkorrektheit.

Text und Foto: Frank Fischer