Letzte Vorbereitungen für die große Landesausstellung

Nur noch wenige Wochen und dann öffnet die lange vorbereitete Landesausstellung „Hier stehe ich – Gewissen und Protest – 1521 bis 2021“ endlich ihre Pforten, sofern Corona und die Politik das zulassen. Bei einem Rundgang mit WO! und den Hauptverantwortlichen, Ulrike Breitwieser (Verwaltungsleitung), Dr. Olaf Mückain (Kurator) und Bürgermeister Hans Joachim Kosubek, zeigte man sich betont optimistisch.

Eigentlich sollte es bereits im April losgehen, pünktlich zum Jubiläum des Luther Auftritts vor dem Wormser Reichstag 1521, doch Corona verhinderte die Eröffnung. Genauer gesagt, die Agentur Neo. Studio Berlin, die für die grafische Umsetzung der Ausstellung zuständig sind, bat um Aufschub, da diese bedingt durch Corona organisatorische Probleme hatte. Zudem hätten die Wormser Inzidenzwerte eine Öffnung verhindert. Aber das ist hoffentlich Schnee von gestern, dementsprechend wird eifrig im Andreasstift gearbeitet, um Besucher pünktlich ab dem 4. Juli empfangen zu können. Betreten wird die Ausstellung über den Weckerlingplatz durch die Andreaskirche. Der ehemalige Haupteingang ist nun Ausgang, aber auch der barrierefreie Zugang. Auch wenn die Ausstellung pünktlich beginnt, hinterlässt Corona unweigerlich Spuren, denn klar ist, dass auch bei einer Aufhebung der Corona Bundesnotbremse Zugangsbeschränkungen bestehen werden und man natürlich persönliche Kontakte – soweit möglich – reduzieren möchte. In der Praxis heißt das, dass Besucher zuvor über eine Homepage „Time Slots“ reservieren müssen, damit nicht zu viele Besucher die Räume stürmen. Geplant sind derzeit alle 20 Minuten maximal 30 Besucher. Je nach Corona Bekämpfungsverordnung möchte man die Besucherzahlen anpassen, also hoffentlich aufstocken.

Die Technik ist da, die Exponate noch nicht

Die Ausstellung ist unterteilt in 14 Themeninseln, beginnend mit der berühmten Widerrufsverweigerung, die das Grundmotiv liefert. Dieser berühmte Moment, der nicht nur Gutes auslöste, aber dennoch die westliche, christlich geprägte Welt bis heute prägt, ist im Hauptteil der ehemaligen Kirche untergebracht. Noch weisen lediglich Schrifttafeln auf die zukünftige Ausstellung hin. Ein riesiges, nahezu sechs Meter hohes Gerüst im Innenraum dient als Installationshilfe für einen Zylinder, der dort die Besucher beeindrucken soll und erst noch geliefert wird. Das gilt auch für einen Großteil der rund 120 Exponate. Ulrike Breitwieser erklärt, dass der Hauptteil in den letzten zwei Wochen vor Ausstellungsbeginn über eine auf Ausstellungen spezialisierte Spedition quer durch Deutschland „eingesammelt“ wird. Fertig sind indes die vielfältigen technischen Notwendigkeiten, die zumeist für das Auge kaum sichtbar sind. Verlegt hinter Wänden und Decken bedurfte das in die Jahre gekommene Museum einer entsprechenden Generalüberholung. Wie Kosubek ausführt, stieß man im Laufe der Zeit immer wieder auf neue Herausforderungen. Doch es waren nicht nur veraltete Kabel, die neuen Verordnungen angepasst werden mussten, sondern auch Sicherheitstechnik, die ihren Weg in das 1000 Jahre alte Gebäude fand, um zu gewährleisten, dass weder Feuer noch räuberische Hände Zugriff auf die wertvollen Exponate erhalten.

Kleine Details, viel Arbeit

Besonders stolz ist das Team auf die sogenannte „Schatzkammer“, früher fanden dort Besprechungen oder kleinere Empfänge statt, nun ist es ein kleiner Hochsicherheitstrakt. Alte Türen wurden verstärkt, die denkmalgeschützten Fenster ergänzt durch einbruchssicheres Glas und ein Heizungssystem installiert, das die Exponate vor Klimaveränderungen schützt. Doch nicht nur die Technik nahm viel Zeit in Anspruch. Texttafeln oder Grafiken, Dinge, über deren Aufwand man sich als Besucher kaum Gedanken macht, beschäftigten das Ausstellungsteam über viele Monate. Texte mussten recherchiert, verfasst, angepasst und gegengelesen, sowie rechtliche Fragen geklärt werden, da ebenso Musikbeispiele, als auch Filmausschnitte die mediale Vielfältigkeit ergänzen. Der Bürgermeister zeigt sich deswegen besonders stolz und betont, dass andere Ausstellungen über deutlich mehr Personal verfügen. Dabei verweist er auch auf Dr. Olaf Mückain, der Kurator der Ausstellung ist und die ebenso anspruchsvolle wie zeitintensive Aufgabe hatte, die Erkenntnisse des wissenschaftlichen Beirats, der sich bereits vor mehreren Jahren erstmals traf, zu bündeln (In unserer Juli-Ausgabe folgt ein ausführliches Gespräch). Der Rundgang endet sowohl für die zukünftigen Besucher als auch den WO! Redakteur im Kreuzgang des Andreasstifts. Dieser wurde aufwendig saniert bzw. nach historischem Vorbild vervollständigt. Während der alte Flügel um verschiebbare Fenster ergänzt wurde, ließ der Altertumsverein die vor hunderten von Jahren zerstörten Teile des Kreuzgangs wieder auferstehen. Bei aller historischen Pracht gibt es aber eine kleine Einschränkung, da der Innenhof nun deutlich kleiner ausfällt und damit größere Konzerte, wie früher bei Jazz & Joy, eher nicht mehr möglich sein werden.