Nach meiner letzten Kolumne wurde ich oft gefragt, was mein kryptisches Geschreibsel denn genau zu bedeuten habe und ob ich jemanden Bestimmtes damit meine. Meine ich, sag ich nur nicht. Außerdem wurde bemängelt, dass die Kolumne mal wieder ein bisschen Kunst vertragen könne.

Liebe Leser, was haben wir denn diesen Monat alles?

Ein amerikanischer Präsident, der kurz vor der Amtsenthebung steht und ordentlich Waffendeals mit Saudi-Arabien macht; ein Martin-Schulz-Zug, der wohl kurz vorm Entgleisen steht; die Wormatia und der HSV steigen niemals ab; das „Ich-liebe-Sascha“-Schild hängt immer noch überm Neuhauser Tunnel; James Bond ist tot, einige Bürgermeister schleifen haarscharf an Korruption vorbei und im Fernsehen läuft eine Nackt-Dating Show. Alles wie immer, könnte man meinen – oder?

Vor wenigen Tagen war ich in einem Theaterstück über die Kyberiaden von Stanislaw Lem. Schließlich ist gerade in der Kunstszene großes „Lem-Jahr“. In diesem Stück ging es um einen Ingenieur namens Trurl, der versucht, Maschinen zur Lösung aller Probleme der Menschheit zu entwickeln. Habgier, Dummheit oder Herrschsucht löst er spielerisch mit technischer Hilfe. Wäre das nicht zu schön, wenn es aktuell einen solchen Wissenschaftler auf Erden gäbe? Auf der anderen Seite steht natürlich folgendes Zitat: „Wir leben in gefährlichen Zeiten, alles ist in Veränderung begriffen. So schnell, dass wir manchmal das Gefühl haben, nicht mehr mitkommen zu können.“ Das war natürlich von Martin Luther, schließlich ist auch Luther-Jahr, was man überall zweifelsfrei sehen kann. War das jetzt genug Kunst für eine Ausgabe?

Dass es in Worms ziemlich abgehen kann, zeigte mir diesen Monat die Berichterstattung um „Hooligans“, die Fans aus Koblenz am Marktplatz attackierten und deren Bus beworfen haben sollen. Gleichzeitig hat unser Chefredakteur Frank Fischer (ein riesiger Wormatia Anhänger) ein Bild gepostet, das ihn in einem Ultra Pulli zeigt, den er etwa deutlich zu heiß gewaschen oder im zarten Alter von 15 gekauft hat. Jedenfalls habe ich mir dann in meiner blühenden Fantasie vorgestellt, wie unser Chef (im Pulli!) am Marktplatz steht und wilde Eistüten von Vannini gegen die Fensterscheiben des Koblenzer Busses feuert. Tolle Wurst!

Was mich an Worms immer wieder begeistert, ist die Tatsache, dass hier der Nibelungen-Kram richtig durchgezogen wird. Nibelungenstadt, Nibelungenschule, Nibelungen-Center, Nibelungen-Museum, Nibelungen-Kurier, Nibelungen-Turm, Nibelungen-ASV, Nibelungen-Lauf, Nibelungen-Jugendherberge, Nibelungen-Horde, Nibelungen-Autohaus, Nibelungen-Stube, Nibelungen-Taxi, Nibelungen-Turngau, Nibelungen-Verlag, Nibelungen-Schmuck, Nibelungen-Fahrschule, Nibelungen-Turnier, Nibelungen-Drachen, Nibelungen-Brücke, Nibelungen-Kegelverein, Nibelungen-Pizza, Nibelungen-Bähnchen und und und und… Achtung jetzt kommts: Der NIBELUNGEN WEIHNACHTSMARKT.

Gut, Weihnachtsmarkt wäre übertrieben. Eigentlich müsste es ja Glühweinmarkt heißen, denn der gemeine Wormser, Nachfahre der Nibelungen, schluckt natürlich gerne. Warum jetzt ausgerechnet Nibelungen-Weihnachtsmarkt? Na, das ist doch sonnenklar:

„Uns ist in alten Maeren, wunders vil geseit,
Siegfried, Hagen und so weiter,
Es war zur Weihnachtszeit.“

Wer erinnert sich denn nicht an die Geschichte, wie Siegfried den Drachen tötete und anschließend in rotem Glühwein badete, ihm dann ein Lebkuchen auf den Rücken fiel und er dann noch auf der Christmas-Party von Kriemhild eingeladen war. Ja, so war das damals, bei den Nibelungen.

Das wars. Ab nächsten Monat schreib ich dann wieder von den Bad Hersfelder Festspielen aus.

Viele Grüße
Jim Walker Jr.