Geld verdirbt den Charakter. Diese Erkenntnis ist zwar nicht neu, wurde aber selten zuvor so eindrücklich filmisch umgesetzt wie von Ridley Scott mit seinem prächtigen Bilderbogen der legendären Familie Gucci. Die Erben waren entsprechend wenig begeistert von dem Film und versuchten juristisch gegen ihn vorzugehen, allerdings ohne Erfolg. Der Grund ist nach Sichtung des Films offensichtlich, denn „House of Gucci“ ist das wenig schmeichelhafte Portrait einer Familie mit wenig Talent, deren Ruhm sich ausschließlich auf die Leistung ihres Großvaters bezog, der das Familienunternehmen einst gründete. Im Mittelpunkt der Geschichte steht Maurizio Gucci, ein Spross der Mode Dynastie. Der will eigentlich nichts mit dem Unternehmen zu tun haben und lieber Jura studieren. Auf einer Party lernt er Patrizia Reggiani kennen, die aus einer weniger schillernden Familie stammt. Maurizio verliebt sich und heiratet sie gegen den Willen des Vaters. Zunächst arbeitet er in der Spedition von Patrizias Vater. Als sein Onkel ihm ein Angebot macht, ins Geschäft ein- zusteigen, drängt ihn seine Frau und Maurizio willigt ein. Es beginnt ein Leben in Saus und Braus, das allerdings bald von Patrizias wachsender Gier nach mehr Macht überschattet wird. Das alles endet schließlich mit dem Mord an Maurizio Gucci. Zu- gleich war das auch das tragische Ende der Familie Gucci. Danach übernahmen Investoren das Ruder. Scott komprimiert die realen Ereignisse, die sich über 20 Jahre erstreckten, zu einer grotesken Farce, die keinen Zweifel daran lässt, dass zwar Erbe verpflichtet, aber nicht Jeder dem gewachsen ist. Zugleich ist der Film eine Ge- schichte über die Verführbarkeit von Menschen, wie Gier beginnt, die Seele zu zerfressen.
Fazit: Zwar pendelt „House of Gucci“ immer wieder unentschlossen zwischen Satire und Drama, dem gegenüber steht allerdings eine he- rausragende Besetzung, der man gerne zweieinhalb Stunden beim Lügen und Betrügen zuschaut. Gekleidet ist das alles zudem in eine visuell berauschende Inszenierung, die quasi das optische Äquivalent zu der Ober?ächlichkeit der Charaktere ist.
Text: Dennis Dirigo
House of Gucci
USA
Regie: Ridley Scott
Darsteller: Lady Gaga, Adam Driver, Al Pacino
Laufzeit: 157 Minuten
Freigegeben ab 16 Jahren
Bewertung: sehenswert