Jetzt ist die OB-Wahl rum. Kessel ist neuer OB und Kissel bald Geschichte. Ich höre Sie deshalb schon wieder zu Tausenden fragen: „Sagen Sie mal, Herr Bims, wie beurteilen Sie denn das Ergebnis der OB-Wahl?“
Da gibt’s recht wenig zu analysieren, außer dass ziemlich viele Wormser einen Wechsel wollten. Während sich jedoch der geschlagene Amtsinhaber Kissel als guter Verlierer zeigte und für die Kameras noch einmal sein aus der Presse hinlänglich bekanntes Sonntagslächeln aufsetzte, war seine Lebensgefährtin am Wahlabend offensichtlich zu Timm Thaler mutiert. Immerhin wissen wir aber seitdem, dass Kathrin Anklam-Trapp noch eine zweite Gesichtsregung hat. Quasi das Gegenstück zu „gute Miene zum bösen Spiel“. Womöglich hat sie auch nur gerade daran gedacht, wie der abgewählte Sonnenkönig neben ihr zukünftig den Haushalt in Monsheim nach Loriots „Pappa ante Portas“ Manier in Schwung bringt. Vermutlich schmeißt Kissel als Pensionär erstmal die private Putzfrau raus, weil er auf ihrem Handy rechtes Gedankengut findet. Oder er lässt sich von einem Chauffeur die 200 Meter zum Bäcker fahren. Einfach nur aus langjähriger Gewohnheit.
Dabei hatte Kissel für die Mission Wiederwahl alles Mögliche aufgeflockt. Busrundfahrten, Schlossbesichtigungen, große Plakate, kleine Plakate, Flyer, rote Rosen für einsame SPD-Wählerinnen, Kinoabend für Neuwähler oder Marktfrühstück am Obermarkt mit Gitarrengott Rolf Bachmann (alleine der kostet schon ein Vermögen). Einzig auf die schicken roten Brotdosen, mit denen Marcus Held im Bundestagswahlkampf die Eltern von Grundschülern bestechen wollte, hat man diesmal verzichtet. Nach dem Desaster im ersten Wahlgang wurde man auf der Suche nach verloren gegangenen SPD-Schäfchen sogar bei unseren türkischen Mitbürgern fündig. Auf türkischsprachigen Flyern warb Kissel vor allem bei denen um Wählerstimmen, die auch nach Jahren der Integration noch nicht Deutsch sprechen. Und dann landete noch ein ganz persönlicher Brief Kissels im Briefkasten, in dem ein von der Wahlniederlage geläuterter OB um eine dritte Amtszeit bat, da er nun endlich verstanden habe, dass er mehr Wert auf die Bedürfnisse und Sorgen der Bürger legen müsse. Nahezu jeder zweite Satz provozierte die Nachfrage: „Und das fällt ihm erst jetzt nach 15 Jahren ein?“ Der Schuss ging bekanntlich nach hinten los, die Abwahl Kissels fiel in der Stichwahl noch deutlicher aus.
Derweil hat ein parteiloser Underdog, der komplett auf Wormser Zeitung, Wochenblatt oder Nibelungenkurier als Werbemedium verzichtet und einzig über Facebook (und natürlich unser Magazin) seine Wähler angesprochen hat, beinahe so viele Stimmen erhalten wie der langjährige OB Kissel, der die zwanzigfache Summe an Werbekosten verblasen hat. Respekt an meinen Kollegen zur Linken, der seinen Wahlkampf ganz cool durchgezogen hat. Tatsächlich habe ich den Peter in den letzten zwölf Monaten exakt zwei Mal richtig schwitzen sehen. Natürlich hat er in dieser Zeit öfters geschwitzt als zwei Mal, denn rein statistisch gesehen hat alleine schon jeder vierte Wormser mindestens einmal Peters verschwitzten Körper bei einem Döftels-Konzert über sich tragen müssen. Ich meine aber eher so dieses Schwitzen, wenn einem innerhalb von Millisekunden die Birne rot anläuft, der Schweiß in alle Ritzen läuft und man nichts dagegen tun kann. Das erste Mal war vor ziemlich genau einem Jahr, als wir redaktionsintern den Gegenkandidaten Kissels in einem aufwendigen Schnick-Schnack-Schnuck-Verfahren ermittelt haben und er im entscheidenden Match gegen mich antreten musste. Der Rest der Geschichte ist bekannt. Zum zweiten Mal habe ich ihn am Abend des 4. November heftig schwitzen sehen, als er nach der Auszählung von fünf Wahlbezirken nur knapp hinter Kissel auf Platz 2 lag. Im weiteren Verlauf des Abends flog aber Adolf Kessel, leicht wie eine Feder, an den Beiden vorbei. Erst als sich ganz am Ende herausstellte, dass ihm 421 Stimmen zur Stichwahl fehlten, hat sich auch der Peter wieder etwas entspannt. Immerhin einen Wahlbezirk konnte Peter Englert für sich entscheiden, nämlich Worms-West. Dort landete er mit 23,8% auf dem ersten Platz. Sechs Stimmen vor Kessel und exakt eine Stimme vor Richard Grünewald. Und jetzt dürfen Sie mal raten, wo der Bert Bims wählen war.
In diesem Sinne:
Ein Hoch auf den neuen OB Adolf Kessel!
Ihr Bert Bims