Kinder schwänzen die Schule für den Klimaschutz, Mitarbeiter der Stadtverwaltung sind überdurchschnittlich oft krank und in Worms ist bald Kommunalwahl. Ich höre Sie deshalb schon wieder zu Tausenden fragen: „Sagen Sie mal, Herr Bims, was hat das alles miteinander zu tun?“

Liebe Lesende!

Wie Sie schon an meiner genderneutralen Ansprache erkennen, möchte ich nicht nur die männlichen und die vielen weiblichen Lesenden meiner Kolumne ansprechen, sondern auch die Lesenden dritten Geschlechts. Ich möchte politisch korrekt sein, schließlich befinden wir uns mitten im Kommunalwahlkampf. Deshalb war die letzte Stadtratssitzung so gut besucht wie selten. Auf den Besucherplätzen erwartungsfrohe Kandidaten, die sich anschicken, schon bald selbst in den Wormser Stadtrat einzuziehen. So mancher rüttelte, so wie einst Gerhard Schröder vorm Kanzleramt, an dem nicht vorhandenen Zaun im Sitzungssaal und rief: „Ich will hier rein!“ Ich kann das verstehen, politisch geht es in Worms ja gut ab. Erst wollte jahrzehntelang kein einziges Hotel nach Worms und jetzt gleich drei. Für Bürger, die etwas außerhalb von Worms wohnen, bietet sich somit die Gelegenheit, bei übermäßigem Alkoholgenuss auf einem der zahlreichen Wormser Kulturevents, anschließend ein Zimmer im Ibis-Styles-Hotel zu mieten. Das ist allemal günstiger, als den Führerschein zu verlieren. Viel wichtiger ist jedoch, dass sich die Politik endlich um das marode Parkhaus Ludwigsplatz kümmern will, bevor noch einem Autofahrer der Obelisk durch die Parkhausdecke auf den Kopf knallt. Ich hätte zwei pragmatische Lösungen vorzuschlagen: Entweder man gießt das Ding mit Beton zu, damit wenigstens Veranstaltungen auf dem Ludwigsplatz stattfinden können. Oder man höhlt das Parkhaus aus und macht ein riesiges Schwimmbecken daraus, das bei Temperaturen um den Gefrierpunkt auch als Eisbahn nutzbar wäre (Stichwort: Nibelungen Weihnacht!). Im Winter würde dann aus dem „Ludwigsbecken“ die „Nibelungen-on-Ice-Bahn“. Ich finde, Politik kann so einfach sein. Vielleicht kandidiere ich auch mal für den Stadtrat. Nicht zu verwechseln übrigens mit der Stadtverwaltung. Das ist dort, wo die Mitarbeiter im Schnitt 41 Tage pro Jahr krank sind. Das sind, zusätzlich zu sechs Wochen Urlaub, nebenbei noch acht Wochen Erholung von dem stressigen Job. Respekt! Ich zitiere in diesem Zusammenhang gerne Heinz Schenk in dem Hape-Kerkeling-Film „Kein Pardon“:

„Ich war in 30 Jahren ein einziges Mal krank – mit 39 Fieber – da war ich professioneller als der ganze Haufen hier zusammen!“

Apropos krank. Der „Meister des gelben Scheins“ dürfte aktuell wohl Marcus Held sein. Das war wohl mehr als nur ein Schnupfen, das Held nach den massiven Vorwürfen aus dem letzten Jahr umgehauen hat. Seine stattlichen Bezüge als Bundestagsabgeordneter kassiert der Held aus Oppenheim natürlich weiterhin. Schließlich muss er noch ein bisschen Geld sammeln, damit er der Staatsanwaltschaft einen lukrativen Deal anbieten kann.

Wenn junge Leute solche Vorbilder haben, darf man sich nicht wundern, wenn sie die Schule schwänzen, um an „Friday for Future“ Demos teilzunehmen. Angezettelt von einem kleinen Mädchen namens Greta Thunberg demonstrieren Schüler seit Wochen für den Klimaschutz. Während alte, fette Männer Angst vor einem kleinen Mädchen hatten, das ihrer Generation die unschöne Wahrheit sagt, fühlte sich ausgerechnet Christian Lindner (FDP) bemüßigt, den jungen Leuten zu erklären, dass das Problem nur von Profis zu lösen sei. Bei der nächsten Demo hielt ein Kind ein Plakat in der Hand: „Dank Vollprofis wie dir, sind wir heute hier!“ Andererseits kann man den kleinen Rotzgören, die jeden Freitag auf Politik machen, weil sie dann auch schulfrei haben, auch mal den Spiegel vor die eigene Nase halten. Wenn man sich auch kleinste Strecken zur Schule fahren lässt und jedes Jahr mit einem neuen Smartphone über den Schulhof marschiert, ist man halt auch selbst Teil des Problems. Aber was würde Freiburgs weiser Trainer Christian Streich dazu jetzt sagen? Das ist euer Produkt, ihr habt sie doch selbst erzogen und ihnen alles vorgelebt.

Und dann war da noch die Meldung, dass das Finanzministerium dem Steuerschwindel im Zusammenhang mit Cum-ex-Aktiengeschäften nachgeht. Da musste ich an die Geschichte denken, die unser Verlagschef gerne erzählt, wenn er sich über das Finanzamt in Rage redet. Vor ein paar Jahren kamen gleich zwei Vollstreckungsbeamte in unser Büro, um die unfassbare Summe von 49,80 Euro, die sich an Verspätungs- und Säumniszuschlägen fürs Finanzamt angehäuft hatte, einzutreiben. Notfalls auch per Pfändung. Um aber auf Cum-Ex zurückzukommen. Kurz gesagt haben ein paar Superreiche und Investmentbanker sich über Jahre hinweg Steuern aus Aktiengeschäften erstatten lassen, die sie de facto überhaupt gar nicht gezahlt hatten. Bis der Steuerschwindel aufflog, waren dem deutschen Staat mal eben 55 Milliarden Euro unrechtmäßig gezahlte Steuern flöten gegangen. Zur Aufklärung dieser unfassbaren Steuerbetrugsfälle, von denen die ersten schon bald verjährt sind, setzt man nun sage und schreibe 15 Steuerfahnder ein. Ist das nicht süß? Da flutscht doch zwangsläufig der eine oder andere Steuerbetrug mal eben noch schnell durch: Ups, schon verjährt. Auch hier hätte ich einen pragmatischen Vorschlag zu machen: Vielleicht kann man auf der Suche nach den Steuersündern wenigstens noch die beiden Vollstreckungsbeamten mit dazu nehmen, die damals wegen den 49,80 Euro bei uns im Büro waren. 34 Augen sehen schließlich mehr als 30. Und womöglich bleibt dann die eine oder andere Million mehr beim Fiskus hängen.

In diesem Sinne,
Ihr Bert Bims