20. Juli 2014
Heylshofpark in Worms:

Als Zufallsprodukt bei den Festspielen 2002 entstanden, sind die Theaterbegegnungen mittlerweile nicht nur fester Bestandteil des Rahmenprogramms, sondern auch eine der schönsten Veranstaltungen, was sich leider nicht in dem etwas zurückhaltenden Besucherandrang widerspiegelte.

Im märchenhaften Idyll des Heylshofparks fanden bei tropischen Temperaturen einmal mehr interessante Gespräche im Wechsel mit unterhaltsamen musikalischen Beiträgen statt. Den Anfang machte Dieter Wedel im Gespräch mit der Moderatorin und Autorin JULE GÖLSDORF. Im netten Plauderton erzählte ein entspannter WEDEL interessante Anekdoten aus 13 Jahren Festspielen und ließ die Zuhörer teilhaben an seinen Gedanken zu dem diesjährigen Stück. So konnte man erfahren, warum es überhaupt zu den Filmeinspielern kam. Die wurden nämlich nicht aus dramaturgischen Gründen gedreht, sondern aus Zeitnot. Wedel erzählte, dass es ihm damals wichtig war, dass die Burgunder in Ritterrüstungen am Hofe Etzels erscheinen sollten. Dies wäre aber auf der Bühne nicht möglich gewesen, da das Anlegen der Rüstung sehr lange dauerte. Also setzte man die Schauspieler, bekleidet mit kiloschweren Rüstungen, in einem Steinbruch ab und filmte die Reise ins Hunnenland. Während der Film über die Leinwand flimmerte, hatten sie Gelegenheit, sich zwischenzeitlich in ihr Ritter Outfit zu zwängen. Desweiteren hätten die Einspieler auch den Vorteil, dass die Zuschauer in den hinteren Reihen mehr zu sehen bekämen. Natürlich erzählte er auch wieder davon, wie das ZDF in letzter Minute mit seiner technischen Ausrüstung die damalige Premiere rettete, da die engagierten Techniker in Worms selbige nicht in den Griff bekamen. Nach diesem Erlebnis hätte er es sich nie und nimmer vorstellen können, dass er einmal 13 Jahre hier sein würde: „Worms war anstrengender als sechs abendfüllende Filme“.

Neben solchen netten Anekdoten stand natürlich „Born this way“ im Mittelpunkt des Gesprächs. In diesem Zusammenhang erzählte Wedel, dass – bevor er den ersten Teil der Hebbelschen Fassung inszenierte – ein Journalist ihn ansprach, warum er sich eines so faschistischen Stückes annehmen würde. Tatsächlich hätte er sich, gerade mit dem zweiten Teil, sehr schwer getan. Ziel war es, das Stück von seiner Herrenmenschenideologie zu befreien. Dafür war es notwendig, die Burgunder auch lächerlich zu machen. „Wir haben es geschafft, die Vergiftung des Stoffs durch die Nationalsozialisten wegzuräumen“, erklärte ein zufriedener Wedel. Interessantes wusste er über die Besetzung von Erol Sander als Hunnenkönig Etzel zu erzählen. Bewusst habe er ihn gegen den Strich besetzt und dabei gegenüber der Literaturvorlage deutliche Änderungen vorgenommen. Ein Vertreter der Abrüstung sollte Etzel sein, dafür war eine ungewöhnliche Besetzung unabdingbar. Allerdings hätte er Sander von Anfang an darauf aufmerksam gemacht, dass er mit Vorurteilen zu kämpfen hätte. „Schön und begabt, dass ist einfach zu viel“, merkte der 71-jährige Intendant an.

Nach diesen erhellenden Ausführungen war es an der Zeit für ein wenig musikalische Zerstreuung. Begleitet von dem Mini Orchester „Die Konferenz“, die bei den Festspielen keine Unbekannten sind, sangen sich Schauspieler des Ensembles durch 13 Jahre Nibelungen Festspiel-Musik. Besonderen Respekt verdienten sich die Nachwuchsschauspielerinnen NICOLE SYDOW und VALENTINA JIMENEZ TORRES, die unter Beweis stellten, dass sie nicht nur spielen, sondern ebenso gut singen können. Nach dieser willkommenen Abwechslung führte Moderatorin Gölsdorf souverän durch die folgende Gesprächsrunde, in der die Medienexperten JO GROEBEL, WOLFRAM WEIMER, MARKUS SCHÄCHTER und DIETER WEDEL miteinander über den Mythos Nibelungen diskutierten. Schächter und Groebel regten in diesem Zusammenhang an, für die Deutschen eine große Erzählung zu finden, die mit einem positiven Geist verbunden ist. Tatsächlich kann es natürlich verwundern, dass eine Sage, deren Held im ersten Teil ein Holländer ist und im zweiten zu einem fatalistischen Szenario neigt, die berühmteste und wichtigste deutsche Sage ist. Weimer erklärte dazu, dass man den Mythos der Geschichte an sich würdigen müsse und schlechte Figuren oftmals die spannenderen Figuren seien.

FAZIT: Einmal mehr zeigten sich die Begegnungen als spannende und vor allem informative Veranstaltung. Eingebettet in einem entspannten Rahmen, war das mal wieder eine rundum gelungene Sache.