Man könnte sagen, dass der Neubau des Parkhauses am Dom das Vorspiel war zu der weit größeren Herausforderung, nämlich der Sanierung der Tiefgarage am Ludwigsplatz. Seit vielen Jahren ist bekannt, dass die Statik des unterirdischen Parkhauses aufgrund von eindringendem Wasser marode geworden ist, weshalb seit 2014 auf dem einst belebten Platz keine Veranstaltungen mehr durchgeführt werden dürfen. Was also tun?
Eine Machbarkeitsstudie für das perfekte Parkhaus
Im Bauausschuss sorgte jüngst eine Machbarkeitsstudie für kollektives Fraktionskopfschütteln. Unter Vorgabe von Oberbürgermeister Kissel beauftragte die Stadtverwaltung das Ingenieurbüro Schüßler-Plan aus Frankfurt am Main mit der Erstellung einer Machbarkeitsstudie für die Tiefgarage unter dem Ludwigsplatz. Zielsetzung dieser Machbarkeitsstudie war es, die technischen Möglichkeiten für einen Neubau auszuloten und die damit verbundenen Kosten abzuschätzen. Nach einer Präsentation im Ausschuss durch den Architekten, entschieden sich die Fraktionen, die Studie nicht weiter zu beachten. Der Grund ist schnell ersichtlich, denn bereits die Kostenschätzung verrät, dass diese politisch kaum vermittelbar sind. Der Neubau einer dreigeschossigen Tiefgarage (225 Stellplätze) würde mit rund 26 Millionen Euro zu Buche schlagen. Selbst wenn man auf eine Etage verzichtet (150 Stellplätze), würden die Kosten immer noch bei stolzen 17 Millionen Euro liegen. Aufgrund der traumatischen Erfahrungen mit dem weiterhin nicht eröffneten Parkhaus am Dom ist zu befürchten, dass diese Summen dennoch am Ende nicht ausreichen. Für Klaus Karlin, Fraktionssprecher CDU, ganz klar eine Totgeburt. „Es war vorher schon klar, dass unter diesen Vorgaben, das Bauvorhaben nicht zu verwirklichen ist“, erklärt Karlin gegenüber unserem Magazin und fügt an: „OB Kissel wollte eine Studie für das perfekte Parkhaus, das kostet natürlich viel Geld“ und ergänzt: „Man hätte auch einen Auftrag erteilen können, wie man möglichst kostengünstig das Parkhaus neu baut.“ Auch Timo Horst, Fraktionssprecher der SPD, sagt ganz klar, dass ein Neubau mit solch hohen Kosten in der heutigen Zeit nicht mehr zu vermitteln ist. Besprochen wurde in der Machbarkeitsstudie auch das Zuschütten der Tiefgarage mit Betonmasse. Selbst diese Maßnahme würde aktuell mit rund 4 Millionen Euro zu Buche schlagen.
Verkaufen oder selber bauen?
Doch ist die Stadt überhaupt in der Lage, nach den vergangenen Erfahrungen, den Bau eines Parkhauses erneut durchzuführen? Klaus Karlin denkt, dass das schon möglich ist. Statt einen kompletten Neubau durchzuführen, wäre es eine Variante, die Außenmauern durch neue Wände, die wasserdicht sind, zu verstärken, sowie die Zu- und Abfahrt zu optimieren. Wichtig sei für ihn, dass das Projekt nur mit einer sogenannten Funktionalausschreibung umgesetzt werden könnte. Hierbei wird die Leistung nur durch eine allgemeine Beschreibung der Bauaufgabe definiert. Bisher ist es in Worms übliche Praxis, Projekte über ein dezidiertes Leistungsverzeichnis auszuschreiben. Der Vorteil ist, dass die Stadt genau vorgeben kann, was sie möchte, während sie bei der anderen Ausschreibungsart nur Rahmenbedingungen schaffen kann. Das bevorzugte Modell im Stadtrat ist derzeit allerdings ein Verkauf an die ITG, jene Gesellschaft, die die Kaiser Passage betreibt und schon länger Interesse an dem Erwerb hat. Die Stadtverwaltung zeigt indes wenig Begeisterung für diesen Plan und warnt in einem Schreiben vor etwaigen Nachteilen, die der Stadt entstehen könnten. Es seien zu viele Unwägbarkeiten vorhanden und das finanzielle Risiko für die Stadt sei sehr hoch. Zudem hätte sich das Unternehmen einen Kostendeckel gesetzt und versuche nun, das Gebäude entsprechend anzupassen. Für Karlin und Horst Nachteile, die man in Kauf nehmen würde. Beide sagen aber auch, dass die Stadt sich dennoch an den Baukosten beteiligen müsste.
Innovative Ideen und ein fast vergessenes Parkhaus
Nachgefragt, wie weitere Lösungen aussehen könnten, gehen die beiden Fraktionssprecher allerdings unterschiedliche Wege. Karlin ist der Meinung, dass man in Bezug auf die Tiefgarage auch kreativ denken sollte. Warum den Bau nicht durch eine Art „Crowdfunding“ realisieren? Da durchaus in Bezug auf Parken in der Innenstadt ein Extrembedarf vorhanden ist, hegt er den Gedanken, dass Anwohner oder Betriebe durchaus auch dazu bereit wären, einen Parkplatz zu kaufen. Über diese vorab eingenommenen Summen könnte man schließlich das Projekt finanzieren. Timo Horst bat indes die Stadtverwaltung, zu prüfen, ob es möglich ist, private Flächen, wie z.B. den Parkplatz des Lidl in der Innenstadt, in Kooperation mit den Eigentümern, mit einem Parkhaus zu bebauen, sodass innerstädtische Parkflächen optimal genutzt werden. Gefragt nach kurzfristigen Lösungen für innerstädtische Parkplatznutzer, verweist Timo Horst auf die schnellstmögliche Eröffnung des Parkhauses am Dom. Freilich kann auch er im Moment nicht sagen, wann dies sein wird. Der Grund für das Oberflächenproblem sei zwar gefunden, aber noch nicht die Haftungsfrage geklärt. „Und dann ist da noch das Parkhaus in der Friedrichstraße“, sagt Horst wohlwissend, dass hier ein weiteres Sorgenkind auf die Stadt wartet. Seit einigen Jahren ist dieses gesperrt (auch hier gibt es Probleme mit der Statik) und fast hätte es der eine oder andere Wormser vergessen, gebe es da nicht die unsägliche Geschichte mit einem dubiosen Vertragswerk, das einst vor vielen Jahrzehnten zwischen Stadt und Anwohnern geschlossen wurde. Horst erklärt, dass in diesem Fall die Stadt dazu verpflichtet ist, den Vertragspartnern einen Stellplatz in einem Radius von 500 Metern anzubieten. Aktuell parken die betroffenen Anwohner in der Tiefgarage Ludwigsplatz. Sollte das Parkhaus wegen des anstehenden Neubaus geschlossen werden, müsste die Stadt für Ersatz sorgen und z.B. im Parkhaus am Modehaus Jost entsprechende Stellflächen anmieten. Oder die Stadt müsste die Verträge wegen Wegfalls der Vertragsgrundlage kündigen. Das würde wahrscheinlich wiederum juristische Konsequenzen nach sich ziehen. Es scheint wahrscheinlich, dass die beiden Tiefgaragen dem Wormser Stadtrat in den nächsten Monaten noch viel Kopfzerbrechen bereiten werden.