„Kultur findet Stadt“ Tag 1 mit dem Pop-Up-Festival

02. Oktober 2021 | Innenstadt Worms:

Lange Zeit suchte man die Kultur in der Stadt vergeblich, nun fand diese endlich für einen Monat wieder den Weg zurück in die Stadt und zeigte damit, wie Innenstadt und Kultur voneinander profitieren können. Den Anfang des Oktober-Projekts „Kultur findet Stadt“ bestritt der Pop-Up-Worms e.V. mit einer eintägigen Auflage des alternativen Innenstadtfestivals. Schon lange konnte man die Wormser Innenstadt nicht mehr so lebendig erleben wie an diesem Samstag. Das Wetter lud zudem geradezu ein, die Zeit im Freien zu verbringen, entspannt durch die Stadt zu flanieren und einen Kaffee oder Wein zu genießen. Gleichzeitig unterstrichen zahlreiche Künstler / innen ihr Talent und genossen es sichtlich, mal wieder vor Publikum zu spielen. Dabei wurde auch an die kleinsten aller Gäste gedacht, die Kinder. Die wurden von der etwas tollpatschigen Lisbeth Schnuggelisch alias Astrid Haag am Obermarkt in Empfang genommen, die sich mühte, ein kleines Konzert zu arrangieren. Begleitet wurde sie von Stofftieren und Lindy Huppertsberg, die den Kontrabass spielte. Direkt in der Nachbarschaft unterhielt unterdessen der Kölner Markus Sauer, der seine Musik als literarisch-philosophische Chansons bezeichnet, mit leisen und humorvollen Tönen die Erwachsenen am Parmaplatz. Ein paar Meter weiter, im Schatten des Lutherdenkmals, bereiteten sich sieben Männer in roten Anzügen auf ihren Auftritt vor. Die hatten jedoch keine spezielle Bühne. Stattdessen bewegte sich die etwas andere Blaskapelle „Brass2Go“ mit ordentlich Rhythmus im Blut durch die gesamte Innenstadt und posaunte den Wormsern mal ordentlich was. Mit ihrem energiegeladenen Mix aus New Orleans Groove, Disco Hits sowie Evergreens aus Pop und Rock, garantierten sie dem Event die maximale Aufmerksamkeit, sodass nicht wenige Flaneure ungläubig das Handy zückten, um zu filmen.

Street Art Kunst vs. Leerstand
Dem Nachwuchs gehörte der Platz vor leerstehenden Ladengeschäften in unmittelbarer Nachbarschaft zu der Kunsthandlung Steuer. Dort ließ es DJ Kay Luv mit fetten Beats ordentlich krachen, während Andy Mics sich an den Mics die Seele aus dem Leib rappte. Da hatte es ein DJ, der ein paar Meter entfernt auf ein Juweliergeschäft aufmerksam machen wollte, definitiv nicht einfach. Einfach hatte es indes Mika Magic. Mit flinken Fingern verknotete er Ballons zu lustigen Formen und hatte so schnell die Herzen der Kinder für sich gewonnen. Der Straßentheater erfahrene Zauberer zauberte dabei so manchen Zuschauern ein wahrhaftiges Lächeln ins Gesicht. Zwischen den Coffee Brothers und dem ehemaligen Kaufhof-Gebäude begeisterte wiederum der Künstler „Hightower.dezignz“, der eigentlich Alexander Schmitt heißt, mit spontaner Graffiti-Kunst, um dem innerstädtischen Grau kraftvolle Farben entgegenzusetzen. Zugleich standen der Streetart-Künstler sowie Kay Luv und Andy Mics mit ihrer Positionierung vor leerstehenden Geschäftsräumen für die ursprüngliche Idee des Festivals, mit junger Kunst und Kultur auf den Niedergang von Innenstädten aufmerksam zu machen.

„Viel zu arg“
Ein leerstehendes Geschäft war es ganz gewiss nicht, wo Gringo Mayer seine Bühne aufschlug. Der Ludwigshafener spielte und sang in dem alternativen Plattenladen Heaven Records in der Stephansgasse vor rund 20 Zuhörern (also sozusagen ausverkauft), die zuvor natürlich ihren jeweiligen Gesundheitsstatus mitteilen mussten. Mayer ist ein ganz besonderer Experte für Rock und Blues in „Pälzer Mundart“. Statt mit grobschlächtigem Gitarrenrock überzeugt der Musiker mit satirischen Texten, rauchiger Stimme und einem bluesigen Groove auf der Gitarre. Sein größter Verdienst ist allerdings, ein wahrhafter Pälzer Straßenpoet zu sein. Definitives Highlight: „Viel zu arg (moi Mudder hot moi Droge verschdeckt)“. Der Abschluss des abwechslungsreichen Pop-Up Tages wurde in den Elefantenhöfen bzw. beim „Kulturelefant“ gefeiert. Letzter ist nichts weniger als die neue Heimat des Wormser Kulturvereins in unmittelbarer Nachbarschaft zur dortigen Bühne, die zukünftig mit kleinen Konzerten, Lesungen etc. bespielt werden soll. Zunächst gehörte der Raum dem DJ Kollektiv von Komma Laut. Selina und Paul sorgten mit chilligen Elektrobeats dafür, dass man sich zuweilen wie auf einer lauschigen After Hour fühlen konnte. Peter Englert, Vorsitzender des Pop Up Vereins und des Kulturvereins, nutzte die entspannten Sounds dann auch dazu, erstmals an diesem langen Tag durchschnaufen zu können. Zudem zog er ein zufriedenes Fazit. So zeigte er sich für die helfenden Hände ebenso dankbar, wie für den reibungslosen Ablauf sowie die begeisterten Stadtflaneure.

Fazit: Es war ein rundum gelungener Tag, den Besucher/innen der Innenstadt an diesem Samstag erleben durften. Womöglich war dies auch ein Vorgeschmack darauf, wie man Einkaufen und das Erlebnis Innenstadt insbesondere in den Sommermonaten verbinden kann.