Regierungen weltweit schnüren aktuell Hilfspakete in Milliardenhöhe für alle möglichen Branchen, die durch die Corona-Krise betroffen sind. Irgendwann wird aber der Tag kommen, an dem auch unsere Regierung erklären muss, wie sie die wirtschaftlichen Folgen des Lock-Down tragen will, ohne sich hoffnungslos zu verschulden. Der haushaltspolitische Sprecher der CDU, Eckhard Rehberg, schlug als Erster Alarm: „Wer soll das alles bezahlen?“ Dabei könnte die Antwort denkbar einfach sein.

Es begann mit Deichmann, Adidas und H&M, die schon kurz nach Ausbruch der Corona-Krise ankündigten, keine Miete mehr für ihre Läden zahlen zu wollen. Und es endet gewiss noch nicht mit BMW, die ihre knapp 20.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in staatlich mitfinanzierte Kurzarbeit geschickt haben und gleichzeitig ankündigten, ihren Aktionären bei der Hauptversammlung am 14. Mai 1,64 Milliarden Euro Dividende ausschütten zu wollen. Während jeder dritte Deutsche in Kurzarbeit ist und nicht weiß, wie er über die Runden kommen soll, zeigt der Raubtierkapitalismus auch in Zeiten von Corona seine hässliche Fratze. Die Frage vieler kleiner Steuerzahler lautet deshalb: „Wann gebietet der Gesetzgeber diesem Treiben endlich Einhalt?“ Wir kennen das ja schon: in der Krise darf der Steuerzahler einspringen, in guten Zeiten die Investoren die Gewinne einstreichen. Dass die Aktionäre nun sogar in schlechten Zeiten abkassieren sollen, setzt dem Ganzen aber die Krone auf. „Wer Staatshilfen bekommt, darf nicht gleichzeitig Dividenden ausschütten“, kritisiert etwa Sahra Wagenknecht die Pläne der BMW-Manager. Ähnlich dreist wie BMW verhielt sich in den USA der Disney-Konzern, der aufgrund der Corona-Krise die Gehaltszahlungen für mehr als 100.000 Mitarbeiter aussetzte. Damit will der Konzern bis zu 500 Millionen US-Dollar pro Monat sparen. Während jedoch die Hälfte der Belegschaft von Disney zukünftig auf dürftige staatliche Leistungen angewiesen ist, weigert sich das Unternehmen gleichzeitig, Bonusprogramme für Führungskräfte oder eine Dividendenzahlung in Höhe von 1,5 Milliarden Euro an seine Aktionäre anzutasten. Auch hier gilt wie bei BWM, dass in der Krise vor allem die Kleinen bluten müssen. All diese Beispiele zeigen: Solange an dieser Stelle nicht vom Staat reguliert wird und sich wirtschaftlich gesunde Unternehmen auch in der größten Krise des Landes noch solche Unverschämtheiten leisten, muss der Gesetzgeber handeln. Waren es zuvor allenfalls die Linken, die eine Vermögensabgabe fordern, so sind mittlerweile auch ein paar SPD-Politiker umgeschwenkt. Klar ist: Mit moralischen Appellen und hilflosem Schulterzucken wird man nichts erreichen. Die Politik wird den Menschen in Deutschland zukünftig auch nicht mehr glaubhaft vermitteln können, warum man der Steuerflucht von Giganten wie Amazon, Google oder Facebook noch keinen Riegel vorgeschoben hat und warum immer noch Milliarden in Steueroasen versickern. Dass es auch anders geht, sieht man aktuell in Dänemark. Auch dort greift der Staat Unternehmen mit Corona-Hilfen unter die Arme, allerdings sind hiervon Firmen ausgeschlossen, die gleichzeitig Dividenden an ihre Aktionäre ausschütten oder in Steueroasen registriert sind.

Verschwörungstheorien
Im Netz kursieren derweil die wildesten Verschwörungstheorien, wer die politischen Drahtzieher hinter dem weltweiten Shutdown sind. Zeigt das Großkapital seine ganze Macht, in dem es die Unterschicht und sogar Teile des Mittelstandes in die Armut zwingt? Hat der Großspender Bill Gates seinen Einfluss auf die WHO oder das Robert-Koch-Institut dazu genutzt, weite Teile der Wirtschaft lahmlegen zu lassen? Waren Jens Spahn sowie Kanzlerin Merkel und all die anderen Staatschefs nur Marionetten des Großkapitals? Hat der Computerfachmann Bill Gates, der sich bestens damit auskennt, wie man mit einem Virus ein komplettes Betriebssystem zerstören kann, dies auch in der freien Natur zur Anwendung gebracht? Ich bin wahrlich kein Verschwörungstheoretiker, aber manche Geschichten hören sich so unglaubwürdig an, dass sie fast schon wieder wahr sein könnten. Um Sie aber nicht unnötig zu verwirren, wollen wir uns auf die Fakten beschränken, so wie wir das von den Wissenschaftlern in den letzten Wochen gelernt haben – fernab von durchaus spannenden Themen wie „Der Tiefe Staat der USA“, „Die geschäftlichen Verstrickungen des Bill Gates“ oder „William Henry Gates, ein überzeugter Eugeniker“. *

Es gibt nicht nur Verlierer der Krise
Zu den harten Fakten gehört, dass alleine in den USA in den ersten vier Wochen 22 Millionen Menschen arbeitslos wurden. In Deutschland haben im ersten Monat nach dem Lock-Down mehr als ein Drittel aller Unternehmen bereits auf Kurzarbeit umgestellt. Weitere dürften folgen. Kurzarbeiter erhalten in der Regel nur 60 beziehungsweise mit Kindern 67 Prozent ihres früheren Nettolohns. Millionen Haushalte in Deutschland stehen deshalb vor der Frage, wie sie damit ihren Lebensunterhalt bestreiten sollen. Zumal es in der Gastronomie, im Hotelgewerbe oder im Eventbereich hauptsächlich die Kleinverdiener trifft. Der Komiker Ingo Appelt hat einmal gesagt: „Machen Sie sich keine Sorgen, Ihr Geld ist ja nicht weg. Es hat jetzt nur ein Anderer.“ Auf die Corona-Krise bezogen, könnte man sagen, dass der einen Leid auch der anderen Freud war. Wenn man sich nur mal die zehn reichsten Menschen der Welt ansieht, dann sind darunter nicht nur alleine acht Amerikaner, sondern ausschließlich Glückskinder, die ihr Vermögen trotz Corona-Krise noch einmal gewaltig nach oben geschraubt haben. Allen voran der laut „Forbes“-Liste reichste Mensch der Welt, Jeff Bezos (113 Milliarden US-Dollar). Dass der Onlineversandhandel des Amazon-Chefs in Zeiten geschlossener Innenstädte ordentlich gebrummt hat, steht außer Frage. Auf Platz zwei liegt Ex-Microsoft-Chef Bill Gates (98 Mrd. US-Dollar), der sein Geld längst nicht mehr mit Betriebssystemen verdient, sondern in erster Linie über sein beachtliches Aktiendepot, das von der „Bill und Melinda Gates Foundation“ gefüttert wird. Bill Gates setzt hierbei bewusst auf traditionelle Werte wie das Investmentunternehmen Berkshire Hathaway seines Freundes Warren Buffet, die Supermarktkette Walmart, Coca Cola, Postdienstleister wie UPS und FedEx, Crown Castle, einen Entwickler von Mobilfunkmasten, oder Waste Management, das größte Abfall- und Recyclingunternehmen der USA. Das sind allesamt Unternehmen, die zwar wenig mit dem Thema „Gesundheit“ zu tun haben, deren Geschäfte aber auch während der Corona-Krise glänzend liefen. Zudem zeigt Gates zunehmend großes Interesse an Pharmaunternehmen. Zufälligerweise hat die Gates Stiftung bereits 2019 in das Mainzer Unternehmen Biontech investiert, das jetzt den ersten Impfstoff in Deutschland auf den Markt bringen will. Aber egal, wer irgendwann einen Impfstoff oder ein Medikament gegen Corona findet, würde ich darauf wetten, dass Bill Gates Anteile an diesem Unternehmen besitzt. Platz vier der reichsten Menschen der Welt belegt die Investorenlegende Warren Buffet (67,5 Mrd. US-Dollar). „Das Orakel von Omaha“, das mit seinem Investmentunternehmen Berkshire Hathaway einen Jahresumsatz von 242 Mrd. US-Dollar erzielt, zeigte sich schon vor Ausbruch der Corona-Krise als echtes Orakel und löste mit massiven Verkäufen den Crash an den Börsen erst aus. Freilich, um danach weltweit auf große Schnäppchentour an den Börsen zu gehen. Auf Platz 5 der reichsten Menschen weltweit liegt Larry Ellison, (59 Mrd. US-Dollar), dessen Softwareunternehmen Oracle auch in Krisenzeiten genauso florierte wie das von Facebook-Gründer Mark Zuckerberg (54,7 Mrd. US-Dollar), der Platz 7 belegt. Und dann kommen auch schon die Waltons, die Kinder von Wal-Mart-Gründer Sam Walton. Nachfolgend auf den Plätzen acht bis zehn Jim Walton (54,6 Mrd. US-Dollar), Alice Walton (54,4 Mrd. US-Dollar) und Rob Walton (54,1 Mrd. US-Dollar). Der US-Supermarktkonzern Walmart stellte während der Corona-Krise täglich 5.000 neue Mitarbeiter ein, um die stark steigende Nachfrage nach Lebensmitteln und Hygieneprodukten bewältigen zu können. Halten wir fest: Von den zehn reichsten Menschen der Welt sind acht Amerikaner, deren Vermögen in Höhe von 555 Milliarden US-Dollar auch während der Corona- Krise noch weiter zugenommen hat. Für eine handfeste Verschwörungstheorie reicht das zwar noch nicht aus, aber als Tatsache kann man das zumindest festhalten.

Wie sieht es in Deutschland aus?
Unter die Top 10 der reichsten Menschen der Welt schafft es zwar kein Deutscher, aber für ein gewaltiges soziales Ungleichgewicht reicht es auch hierzulande allemal. So besitzen beispielsweise die 45 reichsten Familien Deutschlands so viel wie die Hälfte der deutschen Bevölkerung, also knapp 41 Millionen Menschen. Man könnte auch sagen: In Vermögenswerten ausgedrückt ist einer dieser deutschen Superreichen so viel wert wie die kompletten Einwohner einer Millionenstadt wie Köln (1,06 Mio. Einwohner). Insgesamt gibt es in Deutschland 114 Milliardäre, von denen nur ein Drittel Selfmade-Milliardäre sind, die sich also ihr Vermögen aus eigener Leistung aufgebaut haben. Der Rest hat lediglich geerbt und allenfalls das Vermögen noch erweitert. Ein typisches Beispiel hierfür sind die Geschwister Beate Heister und Karl Albrecht jun. (33,3 Mrd. US-Dollar), die an der Spitze der reichsten Deutschen thronen. Die Kinder von Karl Albrecht, der 2014 im Alter von 94 Jahren verstarb, erbten mit ALDI Süd die größere Hälfte der Supermarktkette. Dagegen ist mit Theo Albrecht jun. (17 Mrd. US-Dollar) ein weiterer ALDI-Erbe (Nord) nur der drittreichste Deutsche. Dazwischen liegt auf Platz zwei Dieter Schwarz (19,8 Mrd. US-Dollar), dem als Eigentümer der Schwarz-Gruppe die Discounter LIDL und KAUFLAND gehören. Ebenso wie Walmart in Amerika verzeichneten auch die großen Discounter in Deutschland Rekordumsätze während der Corona-Krise. Auf Platz vier der reichsten Deutschen folgt schließlich Susanne Klatten (16,8 Mrd. US-Dollar), die ihren Bruder Stefan Quandt (12,3 Mrd. US-Dollar), der nur auf Platz zehn liegt, deutlich hinter sich lässt. Bei den beiden Mehrheitseignern von BMW schließt sich auch wieder der Kreis, denn dank der eingangs erwähnten Dividendenausschüttung von BMW werden auch Frau Klatten und Herr Quandt mal eben um eine halbe Milliarde Euro reicher, während die Kurzarbeiter in ihrem Betrieb vom Staat bezahlt werden.

Was bedeutet Solidarität?
In Zeiten von Corona ist das Wort „Solidarität“ wieder schwer in Mode gekommen. Man bekundet öffentlich seine Solidarität mit Pflegepersonal, Supermarktkassiererinnen und all den anderen Systemrelevanten. Aber was bedeutet der Begriff „Solidarität“ eigentlich wirklich? Bei WIKIPEDIA ist hierzu u.a. nachzulesen: „Solidarität bezeichnet vor allem als Grundprinzip des menschlichen Zusammenlebens ein Gefühl von Individuen und Gruppen, zusammenzugehören. Dies äußert sich in gegenseitiger Hilfe und dem Eintreten füreinander.“ Wenn sich der haushaltspolitische Sprecher der CDU, Eckhard Rehberg, also demnächst mal wieder fragt, wer das alles bezahlen soll, dann sollte er verstärkt auch an die Bezos, Klattens und Albrechts dieser Welt denken. Welche ernsthaften Gründe kann man als Politiker anführen, warum jemand, der in Zeiten, in denen Millionen Menschen existenziell bedroht sind, sein Vermögen sogar noch vermehrt hat, nicht einen deutlich größeren Beitrag zum Gemeinwohl leisten kann als bisher? Dass starke Schultern mehr tragen müssen als schwache, sollte in einer solidarischen Gesellschaft eigentlich selbstverständlich sein.

*BUCHTIPPS:
Ulrich Mies: „Der Tiefe Staat schlägt zu – Wie die westliche Welt Krisen erzeugt und Kriege vorbereitet“
Daniele Ganser: „Imperium USA – Die skrupellose Weltmacht“