Seit Jahren wird Rheinhessen von Wetterkapriolen heimgesucht, wie 2016, als es fast den ganzen Frühling hindurch zu Starkregenereignissen kam, mit der Folge, dass so manche Kommune „Land unter“ vermelden musste. Das Jahr 2018 hatte es besonders in sich. Als anschauliches Beispiel dafür, wie sich die Folgen des Klimawandels auf unser Leben direkt auswirken können, entpuppte sich hierbei der Rhein. Jener Mythos umrankte und längste Fluss Deutschlands, der auch untrennbar mit unserer Nibelungenstadt verbunden ist.
Hochwasser
Anfang des Jahres deutete noch nichts auf dessen dramatische Entwicklung im Spätsommer 2018 hin. Ganz im Gegenteil. Schlagzeilen machte Väterchen Rhein zunächst mit ordentlich Hochwasser. Bereits am 7. Januar verkündete der Hochwassermeldedienst den Höchstwert von 6,22 Meter (der bisherige Höchstwert liegt bei 8,22 Meter im Jahre 1882). Für die Gastronomen am Rhein bedeutete das, kreative Lösungen zu suchen, damit ihre Gäste sie trockenen Fußes erreichen konnten. So behalf sich das Team im Alten Ruderhaus zunächst mit improvisierten Brücken über den Parkplatz, ehe es einen Shuttle Service einrichtete. Nachdem der Rhein bereits Mitte Januar schon wieder einen Normalstand erreichte, sorgte erneut einsetzender Starkregen schnell dafür, dass dieser wenige Tage später schon wieder zu einem reißenden Strom anschwoll. Nichts deutete in diesen Wochen darauf hin, mit welchen sommerlichen Rekordtemperaturen die Wormser kurz darauf konfrontiert werden würden.
Rekordsommer
Kaum hatte sich das Wasser wieder zurückgezogen, was zugleich für Aufatmen sorgte, da sich zeigte, dass größere Schäden ausblieben, zeigte sich das Wetter ab März von seiner strahlenden Seite. Schnell wurden Erinnerungen an das Jahr 2003 wach, als schon einmal die Sonne Worms fest in ihrem heißen Griff hatte. Bereits der April entwickelte sich zum wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen vor 150 Jahren. Die Wormser freute es, und sie strömten in den folgenden Wochen in Massen zu den unterschiedlichsten Freiluftveranstaltungen. Wer bei den Marktwinzern einen kühlenden Wein wollte, musste sich auf lange Warteschlange einstellen. Das Heinrich-Völker-Bad und das Paternusbad konnten Besucherrekorde vermelden, ebenso wie die städtischen Eisdealer. Der einen Freud, ist der anderen Leid. Für Gastronomen ohne größeren Biergarten oder das Wormser Kino entwickelte sich der dauerstrahlende Sommer zur wirtschaftlich bedrohlichen Situation. Zusätzliche Risse bekam der Sommer im August, als kurz hintereinander drei Menschen im Rhein den Tod fanden. Öffentliche Diskussionen führten dazu, dass ab 2019 mit Schildern explizit darauf hingewiesen wird, dass das Schwimmen im Rhein lebensgefährlich ist.
Niedrigwasser
Der ausbleibende Regen sorgte für eine weitere Entwicklung, die für viele Wormser zum beispiellosen Naturschauspiel werden sollte, das Niedrigwasser. In den Sozialen Netzwerken, allen voran Facebook, wurden nahezu stündlich die Pegelstände aktualisiert. Den historischen Tiefstand am Pegel Worms erreichte dieser am 20.Oktober: 1 cm (Quelle: Internetpräsenz der Stadt Worms). Massen strömten an den Rhein, als sei dort ein Volksfest zu bestaunen. Hessen schien nie so nah, wie in diesen Wochen. Doch auch hier zeigte sich bald auch die unangenehme Seite. Durch die Einschränkung der Rheinschifffahrt mussten viele Güter auf die Schienen verlagert werden, was zur Folge hatte, dass zum Beispiel das Benzin trotz fallenden Rohölpreises neue Rekordpreise erzielte. Des Weiteren führten uns diese Wetterextreme beispielhaft vor Augen, dass auch Worms mitten im Zentrum des Klimawandels liegt und was das für uns bedeutet.
Der Klimawandel und wir Wormser
Aber welchen Beitrag können wir in dieser globalisierten Welt voller Umweltteufel leisten, damit sich dieser Wandel nicht zu einer noch größeren Katastrophe auswirkt? Landwirt und Grünen-Politiker Richard Grünewald: „Wir müssen unseren kleinen Beitrag zum globalen Schutz des Klimas leisten, indem wir z.B. keinen Kohlestrom mehr kaufen und können einen größeren Beitrag zum Schutz unseres lokalen Stadtklima leisten, indem wir Frischluftschneisen nicht zubauen“. Vielleicht ist es auch eine Option, nicht jede Strecke in Worms mit dem Auto zurückzulegen. Zusätzlich prognostiziert er, dass es in den folgenden Jahren vermehrt zu Extremwetterlagen kommen wird. Wie OB Michael Kissel weist auch er darauf hin, dass Privatmenschen und Stadt deutlich mehr Vorsorgen in Bezug auf Starkregen betreiben müssen. Im Moment zeigt sich das Wetter verhältnismäßig entspannt, doch das kann sich schnell ändern.