Autoren: Dennis Dirigo, Nicole Bircan
Es ist zweifelsohne eine besondere Zeit, wenn es in der Innenstadt wieder an allen Ecken nach gebrannten Nüssen, Waffeln oder gegrillten Würstchen duftet. Menschen tummeln sich dicht gedrängt an urig wirkenden Hütten, um, vertieft in einem Gespräch, eine dampfende Tasse Glühwein zu trinken. Wie in so vielen anderen Städten ist auch der Wormser Weihnachtsmarkt längst mit der Adventszeit verwachsen und nicht mehr wegzudenken.
Wie ein hell leuchtender Lindwurm schlängelt sich auch in diesem Jahr die kleine Budenstadt, vom Obermarkt beginnend, ihren Weg durch die Fußgängerzone. Mit dabei, Stefanie Kinzler und René Bauer. Zwei, die von Beginn an dabei sind und bis heute untrennbar mit diesem verbunden sind. René Bauer ist seit 2011 Vorsitzender des Wormser Schaustellerverbandes und so was wie die Schnittstelle zwischen der Stadt und den einzelnen Budenbetreibern. Das Jahrmarktgeschäft ist ihm schon in die Wiege gelegt worden. Bereits seine Eltern und Großeltern verdienten ihren Lebensunterhalt auf den unterschiedlichsten Festen. So war es für ihn nie eine Frage, dass auch er das unstetige Leben eines Schaustellers annehmen würde. Als junger Mensch war es das bunte Leben, das ihn lockte. Aber auch die Herausforderung, sich den unterschiedlichsten Aufgaben zu stellen – denn Schausteller zu sein ist kein Beruf wie jeder andere – vielmehr setzt es das Talent voraus, ein „Ein-Personen-Unternehmen“ zu sein, dass gleichermaßen Organisationstalent wie auch versierter Handwerker ist. Heute ist der Mann längst ein Kleinunternehmer und nicht nur in Worms unterwegs. Weihnachtsmarktzeit heißt für ihn vier Wochen Dauereinsatz. Dass sein Handy in dieser Zeit nur selten stumm ist, versteht sich von selbst. Als Vorsitzender ist er für die Budenbetreiber zumeist der erste Ansprechpartner, wenn es gilt, kleinere und größere Probleme zu klären. Auch die Organisation des Programms auf dem Obermarkt gehört zu seinen Aufgaben. Bauer ist es in diesem Zusammenhang wichtig zu betonen, dass alles wie aus einem Guss wirken soll, dazu gehört die Beschallung genauso wie das optische Auftreten des Marktes. Was wie selbstverständlich aussieht, setzt eine genaue Planung und vor allem einen intensiven Dialog voraus.
Auch Stefanie Kinzler ist seit den frühen 80ern auf dem Weihnachtsmarkt vertreten. Als der Gedanke entstand, in Worms einen Weihnachtsmarkt in der Innenstadt zu etablieren, wendete man sich seinerzeit an Heino Kinzler, einen gestandenen Schausteller aus dem Stuttgarter Raum. Da dieser mit einer besonders prächtigen Bude ausgestattet war, wollte man ihn unbedingt in Worms haben. Aufgrund verschiedener Verpflichtungen schickte er kurzerhand seine damals 16-jährige Tochter los, die Geschicke in der Nibelungenstadt zu lenken. Eine Lagerhalle in Ludwigshafen und ein Wohnwagen darin, das sollte für die nächste Zeit Stefanies Wohnung sein. Mit knappen Worten instruierte der Vater die Tochter über das Angebot. Glühwein, Champignons und Reibekuchen sollte Stefanie in den nächsten Wochen zubereiten und verkaufen. Wenn man keine Ahnung von alledem hat, heißt das Gebot der Stunde: „Learning by doing“. 30 Jahre sind seitdem vergangen und aus dem Teenager ist eine gestandene Geschäftsfrau geworden, die seit fünf Jahren mit René Bauer gemeinsam daran arbeitet, den Obermarkt immer wieder attraktiver für die Besucher zu machen. Eine Neuerung, die es dieses Jahr geben wird, ist unter anderem ein gemütliches Fass, das dazu einlädt, in gemütlicher Runde einen Weihnachtsmarktabend mit Freunden zu verbringen. Selbstverständlich kann man das Fass vor Ort reservieren. Nicht planbar ist jedoch das Wetter, aber auch das sieht René Bauer mittlerweile etwas gelassener. Wenn die Temperaturen, ähnlich wie im letzten Jahr, wieder kurz vor Heiligabend tropische Ausmaße annehmen, müssen die Getränke einfach nur ein bisschen besser gekühlt und vor allem der Nachschub gesichert sein.