Eine Pressemitteilung der Nibelungen Festspiele:
Die größte Leinwand Europas in Worms, Verleihung des Luther-Preises „Das unerschrockene Wort“, Nibelungen-Festspiele mit dem Fall „Luther“, Landesausstellung „Hier stehe ich. Gewissen und Protest – 1521 bis 2021“ und weitere Veranstaltungen begleiten das große Jubiläum
Am 18. April 1521 soll der Mönch und Reformator Martin Luther auf dem Reichstag in Worms jene berühmten Sätze gesagt haben: „Hier stehe ich. Ich kann nicht anders!“ Sein Auftritt steht bis heute als bedeutendes Beispiel für Zivilcourage und das Einstehen für die eigene Haltung. Die evangelische Kirche und die Stadt Worms erinnern an dieses Schlüsselereignis der Weltgeschichte in diesem Jahr mit zahlreichen Aktionen. 500 Jahre später, am 17. April 2021, werden die Feierlichkeiten in der Stadt Worms mit einem Festakt eröffnet, an dem via Internetübertragung jeder eingeladen ist teilzunehmen. Und danach kann die Nacht vor dem Auftritt Luthers in Worms noch einmal hautnah mit allen Zweifeln und Ängsten miterlebt werden: Das geht auch in der Corona-Pandemie. Der SWR überträgt die Multimedia-Inszenierung „Der Luther-Moment“ live am 17. April um 23 Uhr aus Worms. Dabei wird die Dreifaltigkeitskirche in der Innenstadt zur größten Leinwand Europas. Ein Schauspiel-Ensemble um Rufus Beck, Isaak Dentler und Barbara Stollhans erweckt Geschichte zum Leben. Die Inszenierung des Frankfurter Komponisten und Regisseurs Parviz Mir-Ali spannt einen Bogen von den Ereignissen auf dem Wormser Reichstag über historische Momente bis zu aktuellen Geschehnissen, in denen Menschen Haltung beweisen. Zum Abschluss des Auftaktwochenendes übertragt dann am Sonntag, 18. April, das ZDF den Festgottesdienst zum Jubiläum ab 9.30 Uhr aus der Wormser Magnuskirche. Die Feier wird unter anderem von dem hessen-nassauischen Kirchenpräsidenten Volker Jung und dem Mainzer Bischof Peter Kohlgraf gestaltet.
Mit einem speziellen EKD-Themenheft begleitet die Evangelische Kirche in Deutschland das große Jubiläum. Unter dem Titel „Gewissen befreien. Haltung zeigen. Gott vertrauen.“ geht es ab sofort in einer Auflage von 40.000 Exemplaren bundesweit an evangelische Gemeinden und Einrichtungen. Auf 60 farbig illustrierten Seiten erklärt die Publikation, was sich damals auf dem Reichstag ereignete und zieht daraus Schlüsse für die Gegenwart. Abgerundet wird das Heft mit einem umfassenden Service-Teil, der praktische Impulse für Unterricht und Gemeindearbeit gibt sowie über die Veranstaltungen in Worms informiert. Es steht ab sofort auch online zum Download bereit auf www.wagemutig.de.
Auch im Internet wird das Jubiläum mit zahlreichen Aktionen begleitet. So ist das Projekt „Ich, Luther“ dem Reformator auf dem Weg von Wittenberg nach Worms mit kurzen Videoclips auf den Fersen. Dabei präsentiert sich der Reformator als pfiffiger Blogger auf allen gängigen sozialen Netzwerken. Speziell für die Jugendarbeit wurde zudem „#ichbinhindurch“ entwickelt. Hier können alle ihre Momente im Leben in den Sozialen Netzwerken veröffentlichen, bei denen sie den Mut hatten, für ihre eigene Überzeugung einzutreten. Die Einträge mit dem Hashtag #ichbinhindurch werden dann automatisch auf der Internetseite www.wagemutig.de gesammelt.
Am 24. April wird der Bund der 16 Lutherstädte in Deutschland den mit 10.000 Euro dotierten Luther-Preis „Das unerschrockene Wort“ 2021 an die drei weißrussischen Bürgerrechtlerinnen Weronika Zepkalo, Swetlana Tichanowskaja und Maria Kolesnikowa vergeben. Die drei Frauen stehen stellvertretend für tausende von friedlich demonstrierenden Menschen, die derzeit für politische Veränderungen in Weißrussland kämpfen. Sie stehen für eine friedliche Revolution, für Neuwahlen und für eine demokratische Zukunft ihres Landes. Mit dem Preis „Das unerschrockene Wort“ honorieren die Lutherstädte die Entschlossenheit, das mutige Auftreten und den friedlichen Widerstand gegen Ungerechtigkeit und Unterdrückung. Aufgrund des Reichstagsjubiläums wird der Preis in diesem Jahr in Worms verliehen.
Auch die Nibelungen-Festspiele Worms widmen sich in diesem Jubiläumsjahr vom 16. Juli bis 1. August 2021 dem Thema Luther. Georg-Büchner-Preisträger und einer der profiliertesten deutschsprachigen Dramatiker Lukas Bärfuss hat das Stück über den Reformator geschrieben. Bärfuss gilt nicht nur in seiner Schweizer Heimat als wichtige literarische Stimme mit enormem politischem Gewicht. So spürt er auch in LUTHER nicht nur dem Menschen Martin Luther nach, sondern vor allem der öffentlichen und der politischen Figur. Wie konnte ein einfacher Augustinermönch innerhalb kürzester Zeit so viel Einfluss gewinnen, dass nicht nur Päpste und Kardinäle, sondern auch Fürsten und sogar der Kaiser seine Worte fürchteten? Was ist zwischen dem Anschlagen eines Papiers an eine Kirchentür in Wittenberg bis zum aufsehenerregenden Reichstag fünf Jahre später in Worms geschehen? Am Originalschauplatz vor dem Wormser Dom wird der Fall „Luther“ als hochspannende Staatsaffäre zwischen Machtintrige und Religionskampf erzählt. Und gezeigt, wie es Martin Luther als hochöffentliche Person gelingt, nicht nur eine Kirche bis in ihre Grundfeste zu erschüttern, sondern auch die Welt zu verändern – bis in unsere Gegenwart hinein.
Zu einem weiteren Höhepunkt des „Luther-Jahres“ gehört die Landesausstellung „Hier stehe ich. Gewissen und Protest – 1521 bis 2021“ im Museum der Stadt Worms im Andreasstift. Die Schau nimmt das Jubiläum der Widerrufsverweigerung Martin Luthers auf dem Wormser Reichstag zum Anlass, die Entwicklungsgeschichte der „Gewissensfreiheit und des Protests“ anhand zahlreicher Beispiele bis in unsere Gegenwart aufzuzeigen und kritisch zu hinterfragen. Die Laufzeit der Ausstellung wurde jetzt noch einmal vom 3. Juli bis zum 30. Dezember 2021 angepasst.
Für das Rahmenprogramm der Ausstellung ist der experimentelle Dokumentarfilm „Die unerschrockenen Stimmen“ entstanden, der sich der Frage widmet, wofür Menschen heute gemeinsam einstehen und mit ihrer Stimme bürgen können. 16 ganz unterschiedliche Menschen aus den 16 Lutherstädten wurden nach Worms eingeladen, um gemeinsam 16 Aussagen zu formulieren und diese als Sprechchor vorzutragen. Der Film von Studenten der Filmakademie Ludwigsburg zeigt das Diskutieren miteinander und die Suche nach gemeinsamen Standpunkten. In einer Zeit, in der gesellschaftliche Debatten zunehmend virtuell und immer unerbittlicher geführt werden, begegnen sich „Die unerschrockenen Stimmen“ mit Kompromissbereitschaft und regen so dazu an, in der Verschiedenheit das Wir zu entdecken. Seine Premiere soll der Film im April feiern.
Wer Luther und das Reichstagsjubiläum in Worms erleben möchte, kann dies das ganze Jahr über individuell und weitestgehend unabhängig von der Pandemie tun: Zum Beispiel mit Outdoor-Angeboten wie dem Bildungs- und Erlebnisparcours, dem Lutherrundgang oder dem spirituellen Wandern auf dem Lutherweg 1521. Letzterer führt von der Wartburg in Eisenach bis nach Worms. Ab dem 16. April werden sich auf dem rheinhessischen Teil des Lutherweges Wanderer und Pilger in drei Tagesetappen ab Oppenheim auf den Weg begeben, um am 18. April in Worms anzukommen.
Zudem wird es eine App mit einer Graphic Novel zum Aufenthalt von Luther in Worms geben. Hierin durchläuft eine eigens dafür entworfene Lutherfigur den gesamten Aufenthalt im April 1521 in historischen Szenen. Die Eingangsbilder der Orte entstammen der 3D-Rekonstruktion „Luther 1521 in Worms“ von Faber-Courtial in Darmstadt. Über die Endgeräte kommt der Nutzer an den vorhandenen Stelen des Luther-Rundgangs in der Wormser Innenstadt in direkten Kontakt mit den verschiedenen Stationen. Die App ist als Auftragsarbeit der Kulturkoordination der Stadt Worms an der Hochschule Worms entstanden, beteiligt waren Prof. Drengner, Prof. König, Prof. Wiebel und Studierende.
Das Land Rheinland-Pfalz unterstützt das Jubiläumsjahr gleich dreifach: Zum einen als langjähriger Förderer der Nibelungen-Festspiele und in diesem Jahr auch der Landesausstellung sowie zum anderen durch die Genehmigung von Geldern aus der ReStart-Förderprogramm für die Wiederbelebung des Tourismus im Land.
Neben den genannten Aktionen ist ein umfangreiches Rahmenprogramm mit mehr als 80 kleineren und größeren Veranstaltungen zwischen April und Oktober in Planung. Ob und in welchem Umfang oder mit welchen Änderungen dieses stattfinden kann, können die Veranstalter mit Blick auf die Pandemieentwicklung heute noch nicht sagen. Dies soll zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgegeben werden.