Mit 12 Jahren war David Bennent bereits ein Weltstar. In Volker Schlöndorffs Verfilmung des Günther Grass Klassikers „Die Blechtrommel“ (1978) spielte er die Rolle des Oskar Matzerath. Jenem Jungen, der beschloss, niemals erwachsen werden zu wollen. Der Film gewann als erster deutschsprachiger Film den Oscar für den besten nichtenglischsprachigen Film. Die Kehrseite dieses frühen Ruhms war jedoch, dass er lange Zeit mit dieser Rolle assoziiert wurde. Im Kino spielte er danach nur noch sporadisch, u.a. in dem 1984 entstandenen 30 Millionen Dollar Fantasy-Epos „Legend“ an der Seite von Tom Cruise. Bennent konzentrierte sich vermehrt auf die Theaterbühne und feierte dort bis heute große Erfolge. Im letzten Jahr wurde er für seine Darstellung bei den „Jedermann-Festspielen“ in Salzburg von Publikum und Presse gleichermaßen gefeiert. Bennent, der in einer Künstlerfamilie (Vater Schauspieler Heinz Bennent, Mutter Tänzerin Paulette Renou) aufwuchs, spielte unter Regiegrößen wie Patrice Chereau, Georg Tabori, Leander Haußmann und in diesem Jahr unter Nuran David Calis bei den Nibelungen-Festspielen. Wenn er nicht Theater spielt, lebt er zumeist auf der Insel Mykonos.

Sie spielen in dem diesjährigen Festspielstück „Glut“ einen Waffenhändler namens Monsieur Vulture, genannt Rimbaud. Können Sie uns etwas zu Ihrer Rolle sagen?
Die Basis ist Rimbaud, der in Frankreich bei den Dichtern, Geschäftsleuten und Abenteurern ein Gott war und ein außerordentlicher Mensch dazu. Rimbaud reiste gerne und viel. Sein abenteuerliches Leben führte ihn unter anderem von Frankreich in den Jemen, wo er aus der puren Lust am Abenteuer sich als Waffenhändler betätigte.

Eine ungewöhnliche Berufswahl!
Was heißt Beruf? Ich glaube nicht, dass man das als klassischen Beruf bezeichnen kann. Er war ja eigentlich Schriftsteller. Damals, als er lebte, war das auch eine andere Angelegenheit wie bei Waffenhändlern in der heutigen Zeit, abgesehen davon, dass die Waffen ganz andere waren.

Man darf ihn sich also nicht als Großhändler – wie einst einen Kashoggi – vorstellen?
Eben. Er hat das ja alleine gemacht, mehr als ein oder zwei Kisten hatte er in der Regel nicht zu verkaufen. Er war ein Privathändler, nicht wie in Deutschland die Unternehmen, die mit dafür verantwortlich sind, dass mit ihren Waffen weltweit Kriege geführt werden.

Zumindest verhindert die Politik im Moment, dass Waffen z.B. nach Saudi-Arabien verkauft werden…
Was aber trotzdem gemacht wird. Man redet zwar darüber, dass man es nicht tun sollte, aber die Panzer werden trotzdem verkauft.

Wie bereiten Sie sich speziell auf diese Rolle vor?
Die Geschichte Rimbauds kenne ich sehr gut, auch durch meine Mutter, die Französin war. Ich bin ja in Frankreich aufgewachsen, insofern begleitete mich die Geschichte seiner Person seit meiner Jugend. Natürlich dient der echte Rimbaud nur als Vorlage für die Geschichte, die Albert Ostermaier geschrieben hat, weswegen ich den Zugang in erster Linie über das Erlernen des Textes finden muss. Ich werde letztlich neugierig auf diese Arbeit zugehen.

Haben Sie persönlich einen Zugang zu der Nibelungensage, die schließlich die Grundlage für dieses Stück ist?
Bisher habe ich mich mit den Nibelungen leider zu wenig beschäftigt. Ich kenne natürlich die Geschichte, aber ich kann mir nicht erlauben, ausführlich über die Nibelungen zu sprechen.

Aber Sie haben vor, sich mit der Sage noch intensiver zu beschäftigen?
Wahrscheinlich! Ich denke, dass, wenn ich in Worms bin, wir uns alle eingehender mit dem Nibelungenmythos auseinandersetzen werden.

Sie haben in der Vergangenheit schon öfters bei großen Freiluft-Veranstaltungen, wie z.B. bei den „Jedermann“-Festspielen in Salzburg, gespielt. Was ist das Besondere am Open-Air-Theater?
Es ist natürlich ein ganz anderer Auftritt als im Kammerspieltheater. Es ist alles größer und natürlich auch aufregender. Es ist auch körperlich anstrengender, da man für eine andere Präsenz sorgen muss, auch die Stimmmuskeln werden mehr beansprucht.

Wie kam es eigentlich zu dem Engagement in Worms?
Ich wurde gefragt, da müssten Sie Nico Hofmann fragen (lacht).

Calis und Ostermaier sind sehr politische Köpfe. Glauben Sie, dass man mit Theater ein Stückchen die Welt verändern kann?
Verändern glaube ich nicht, aber man kann ein Zeichen setzen. Ich denke, dass wir durch unser Spiel und die Meinung, die in dem Stück vertreten wird, durchaus Zeichen setzen können. Aber ich muss auch einräumen, dass Theater heute politisch nicht mehr so wichtig ist wie früher.

Was ist für Sie das zentrale Thema des Stückes „Glut“?
Das zentrale Thema ist natürlich die Geschichte. Es ist die Reise, die Intrigen, die in dieser fiktiven Welt stattfinden.

Als großer Filmfan würde mich zum Abschluss des Gesprächs eine Sache ganz besonders interessieren. Sie haben 1984 mit dem großen Regisseur, Sir Ridley Scott, gearbeitet, der oft als etwas exzentrisch beschrieben wird. Wie war die Zusammenarbeit mit ihm?
Das war sehr schön, liegt aber natürlich schon eine Ewigkeit zurück. Scott ist sehr gewissenhaft, er weiß, was er will. Ich fand ihn als Person sehr angenehm. Wie ihn die Welt von außen wahrnimmt, ihn andere Leute sehen, das ist wieder etwas Anderes. Den Film selbst mochte ich auch sehr. Ich fand die Bilder großartig und die Fantasie, die Scott in dem Film auslebt.

Während des Drehs war damals auch das komplette Set abgebrannt. Waren Sie davon auch betroffen?
Ja, wir waren gerade in der Mittagspause, als das geschah. Außer einem ordentlichen Sachschaden ist Gott sei Dank nichts passiert.

Wir danken Ihnen für das Gespräch.