17. Mai 2014
Sonnenhof-Großaspach:

Um im Abstiegskampf noch einmal alle Kräfte zu mobilisieren, hatten die Eichbaum-Brauerei und WO! – Das Wormser Stadtmagazin einen Fanbus für das Auswärtsspiel am vorletzten Spieltag bei der SG Sonnenhof-Großaspach eingesetzt. Erleben durften jede Menge Helene Fischers eines der denkwürdigsten Spiele der jüngsten Wormatia-Geschichte. Leider mit einem bitteren Ende. Wie so oft in dieser Saison.

An Bord des Busses gab es diesmal auch ein paar blondgescheitelte Helene Fischer-Perücken, schließlich ist Uli Ferber, Chef und Hauptsponsor der SG, der Gatte von Schlagerqueen Andrea Berg. Leider hatte die Wormatia der geplanten Auswärtsparty eine Woche zuvor einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht, als man – für viele überraschend – im Heimspiel gegen den Mitkonkurrenten um Platz 15, den SSV Ulm, mit 0:2 unterlag. Das hatte die Vorzeichen für die letzten beiden Spiele gravierend verändert. Mit zwei Punkten Rückstand und dem erheblich leichteren Restprogramm für die Ulmer schien die Sache bereits gelaufen, so dass sich die Erwartungshaltung im Wormser Lager in Grenzen hielt. Warum sollte ausgerechnet gegen den Meister Großaspach ein Sieg gelingen? Für die meisten schien die anschließende Heimfahrt untrennbar mit der Gewissheit verbunden zu sein, dass die Wormatia ganz sicher in die Oberliga absteigen würde. Von daher wurde das Lied „Oh VFR, wir sind da, jedes Spiel ist doch klar. Oberliga, tut so weh. Scheißegal oh VFR!“ schon zehn Minuten vor dem Spiel angestimmt und eine halbe Stunde lang in Dauerschleife durchgesungen. Fast hätte man meinen können, dass nicht die SG Sonnenhof-Großaspach nach dem Spiel als Meister gekürt wurde, sondern der tapfere Fast-Absteiger, dessen Fans eindeutig die stimmliche Übermacht gegenüber den geschätzt 15 Leuten im Block der SG hatten. Ohne Uli Ferber würde dieser Provinzklub aus der Retorte wohl bestenfalls in der Landesliga spielen.

Was für ein Spiel!

Erleben durfte die Buscrew ein Spiel, das von der Dramatik her in die Annalen des Vereins eingehen wird, und das nicht nur, weil man elf Tore bei einem Fußballspiel eher selten erlebt. Erst machte der VFR den Gegner – mal wieder – durch haarsträubende Fehler stark und lag bereits nach 10 Minuten mit 0:2 im Rückstand. Gedanklich hatte sich der eine oder andere schon auf eine deftige Packung eingestellt, als Bauer zum 1:2-Anschlusstreffer traf (16.). Kurz danach erhöhte der Tabellenführer erneut, ehe Jabiri zum 2:3 Pausenstand verkürzen konnte. Zwischenzeitlich machte die Nachricht vom Rückstand der Ulmer im Heimspiel gegen Hoffenheim II die Runde, mit einem Sieg in Großaspach hätte man also wieder vorbeiziehen können. Spätestens nach dem 2:4 kurz nach der Pause schien der Drops bereits gelutscht, ehe die immer noch laut singenden Besucher aus Worms gleich drei Tore hintereinander bejubeln durften. Als Zinnram und Jabiri (2x) die Partie zwischen der 56. und 67. Minute tatsächlich noch drehten, trieb das die Stimmung im Gästeblock zwischenzeitlich auf den Höhepunkt. Bis 4 Minuten vor Schluss die Großaspacher einen Ballverlust Abeles am eigener 16er zum Ausgleich nutzten. Zwar spricht es für die Moral der Mannschaft von Sascha Eller, dass man danach weiter nach vorne gespielt hat, aber nach einem Konter – im direkten Anschluss an ein elfmeterreifes Foul an Lucas Oppermann – landete die Kugel in der vierten Minute der Nachspielzeit zum 5:6 im Kasten der Wormser.

Ein typisches Spiegelbild der kompletten Saison

Nach einem verschlafenen Beginn wachte die Mannschaft erst dann auf, als das Spiel bereits verloren schien, zeigte Moral, schaffte sogar die überraschende Führung, um sich in den letzten Minuten doch noch um die Früchte der eigenen Bemühungen zu bringen. Den Wormatia-Fans kann man attestieren, die Mannschaft im Abstiegskampf noch einmal 90 Minuten lang vorbildlich unterstützt zu haben. Die Spieler dagegen müssen sich wieder einmal vorwerfen lassen, dass sie eben nicht über die komplette Spielzeit voll da waren und 30 – 40 starke Minuten reichen nun mal nicht, um ein solches Spiel zu gewinnen. In Anbetracht der geringen Hoffnungen im Vorfeld, hielt sich die Enttäuschung beim Wormser Anhang in Grenzen, vermutlich, weil man in dieser Saison schon zu viele Punkte sinnlos verplempert hat. Da kam es auf dieses eine Spiel gewiss nicht mehr an. Dass sich die Fahrt nach Großaspach trotzdem gelohnt hat, steht außer Frage. Nicht nur, dass es für die meisten das bisher verrückteste Spiel war, dem sie live beiwohnen konnten, gab es bei diesem Match, zusammen mit der Partie bei Kickers Offenbach, den besten Auswärtssupport der abgelaufenen Saison. Stimmungstechnisch waren die exakt 18 Minuten, die die 5:4-Führung hielt, unübertroffen. Die wichtigste Erkenntnis des Spiels war deshalb, dass der VFR über genau das verfügt, was dem neuen Meister der Regionalliga Südwest gänzlich fehlt: Anhänger, die mit Begeisterung und Leidenschaft ihren Verein unterstützen. Diese werden der Wormatia zur Not auch in der Oberliga die Treue halten. Auf deren Unterstützung kann man stolz sein, nicht auf den Großteil der Spieler, die schon in wenigen Wochen beim nächsten Klub das Vereinswappen küssen.