Alle Jahre wieder, um die Weihnachtszeit, gibt es eine Trainerentlassung bei der Wormatia

Es ist fast schon Tradition, dass bei der Wormatia kurz vor Weihnachten, wenn man die bisherige Saison Revue passieren lässt, gerne mal Köpfe rollen. Zumeist wird der Schuldige für die sportliche Misere auf der Trainerbank vermutet, wo nun mal das schwächste Glied in der Kette seinen undankbaren Platz hat. Nun erwischte es Trainerneuling Maximilian Mehring, der aufgrund der schwachen Saisonbilanz nach 20 Spieltagen gehen musste. Mit einem Trainerwechsel will der Verein neue Impulse für den Abstiegskampf im Jahr 2023 setzen. Die Frage, ob die Entscheidung richtig war, spaltet derweil die Anhängerschaft. Die Art und Weise war jedenfalls ungewöhnlich.

Für viele Leute im Umfeld der Wormatia kam die Entlassung von Max Mehring überraschend, war dieser doch, trotz der bisher enttäuschenden Saisonbilanz, intern hoch angesehen. Tatsächlich hätte man auch als Außenstehender nach dem Ausfall der beiden Stamminnenverteidiger und einer lahmenden Offensive dringendere Baustellen bei der Wormatia vermutet. Dass man nun das Experiment mit einem „Trainerneuling mit Stallgeruch“ vorzeitig für gescheitert erklärt hat, bestätigt diejenigen, für die Mehring von Anfang an aufgrund seiner Zeit als Co-Trainer in der Ära Jones als verbrannt galt. Natürlich hat Mehring im Laufe der bisherigen Saison Fehler gemacht, die man einem Neuling aber zugestehen sollte, schließlich war es auch dank seiner personellen Entscheidungen zu vier Saison- siegen gekommen. Aber es waren im Endeffekt eben nur vier Siege in 20 Spielen, weshalb dann gerne die üblichen Mechanismen greifen.

Am schwersten wiegt jedoch, dass bisher, obwohl Mehring intern als Taktikfuchs galt, nicht wirklich ein taktisches Konzept erkennbar war. Als dann noch Verletzungspech und Sperren dazu kamen, fehlten ihm die personellen Mittel, um die Krise abwenden zu können. Die zuletzt acht sieglosen Spiele in Folge waren deshalb nicht unbedingt am Trainer festzumachen, sondern eher an den Spielern aus der zweiten Reihe, die ihre Regionalligatauglichkeit schuldig blieben. Der Vermutung, dass ein zerrüttetes Verhältnis zwischen Spielern und Trainer bestand, schob die Mannschaft des VfR wenige Tage nach der Entlassung mit einem offenen Brief einen Riegel vor. Hierbei drücken die Spieler ihre Verwunderung und auch Unverständnis über die Entscheidung aus, um ganz klar zu sagen, dass sie an den Klassenerhalt glauben und auch zu 100% an den Klassenerhalt mit Max als Trainer geglaubt hätten. Man habe es als Mannschaft nicht geschafft, taktische Vorgaben und Trainingsinhalte in Punkte umzuwandeln. An der Qualität des Trainers lassen die Spieler keinen Zweifel und bescheinigen dem scheidenden Mehring, dass er sowohl menschlich, als auch fachlich alle Voraussetzungen mitbringe. Machen wir uns also nichts vor: Wenn der Verein Mehring als den Schuldigen für die bisher gezeigten Leistungen ausfindig macht, muss man auch sich selbst hinterfragen. Was die späte Kaderzusammenstellung und die Qualität der Neuzugänge angeht, ist der Sportvorstand genauso mit im Boot. Ungewöhnlich war auch, wie diese Entlassung abgelaufen ist.

Dem Vernehmen hat die sportliche Leitung erst nach einem Gespräch mit Mehring über die bisherige Saisonbilanz dessen Entlassung beschlossen. Dementsprechend sind im Umfeld des Vereins einige aus allen Wolken gefallen, gab es doch zuvor keine Anzeichen, dass man noch vor der Winterpause den Trainer entlassen würde, ohne einen Plan B in der Tasche zu haben. Besonders tragisch war der Zeitpunkt für Mehring selbst, der eine Woche zuvor noch ein Angebot als Co-Trainer bei Hansa Rostock abgelehnt hatte, weil er davon ausgegangen war, im neuen Jahr eine neue Chance zu erhalten, von Anfang an mit dem kompletten Kader (plus eventuelle Verstärkungen) arbeiten zu können. Man kann nur vermuten, dass die sportliche Leitung um Ibrahim Kurt damit ein Stück weit von den eigenen Versäumnissen ablenken wollte und Mehring war eben das Bauernopfer. Das erkannten auch viele Wormatia Fans bei FACEBOOK, wo die Nachricht von Mehrings Entlassung auf ein geteiltes Echo stieß. Natürlich gab es in Anbetracht des bisherigen Saisonverlaufs Befürworter, die fragten: „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ Aber eben auch jede Menge kritische Stimmen, die in Frage stellten, ob es ein Neuer tatsächlich besser macht. Dies wird auch die zentrale Frage der nächsten Wochen und Monate: Schafft ein neuer Trainer die Wende? Bei Misserfolg sind auch die Tage des Sportvorstandes gezählt.

 

Kommentar: Frank Fischer, Foto: Andreas Stumpf