Eine Kampagne, die polarisiert
Deutschlands Innenstädte stecken in der Krise. Das ist auch in Worms zu spüren. Die Probleme waren lange bekannt, innovative Mittel im Kampf gegen das Innenstadtsterben waren jedoch Mangelware. Doch dann kam in Worms die Wende mit dem Kaufhof-Aus inmitten der Corona-Krise. Als seien alle Akteure, die mit der Gestaltung der Innenstadt zu tun haben, urplötzlich aus einer mehrere Jahre andauernden Lethargie erwacht, wurden emsig Arbeitskreise gegründet. Zunächst konzentriert auf das Kaufhof Gebäude, wurden fleißig Ideen entwickelt, nur um dann festzustellen, dass alle Ideen ohnehin nicht funktionieren, so lange der Eigentümer nicht vorankommt. Und das tut er bis heute nicht. Aber das ist eine andere Geschichte…
Immer noch die Innenstadt im Blick, bewarb sich die Stadt in der Folge für das Bundesprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“. Auch hierfür wurden wieder zahlreiche Arbeitskreise gebildet, aus dem sich das Konzept destillierte, das heute unter dem Namen „Worms wird wow“ umgesetzt wird. Lohn der Mühe war ein positiver Bescheid aus Berlin in Form einer Fördersumme von 2,3 Millionen Euro, die bis zum August 2025 zur Förderung der Innenstadt ausgegeben werden muss. Die Stadt trägt bei den jeweiligen Projekten einen Anteil von zehn Prozent der Kosten. Die Verantwortung, dem Projekt „Worms wird wow“ Leben einzuhauchen, tragen Jessica Köchling (Citymanagerin) und Jonas Volz (Kommunikationsmanager), die beide eigens für das Projekt am 1. November 2022 eingestellt wurden und unter den Namen „City Hub“ Am Römischen Kaiser ein Büro haben. Köchling und Volz fungieren dabei als Schnittstelle zu den städtischen Verantwortlichen, dem Stadtmarketing und der IHK Rheinhessen, sind aber auch mit der Organisation der einzelnen Maßnahmen betraut. Das ist eine Herkulesaufgabe in Anbetracht der vielen Probleme des Patienten Innenstadt.
Seit Beginn von „Worms wird wow“ ist viel passiert. Doch nicht jede Maßnahme begeisterte die Wormser. Ausdrückliches Lob gab es vor allem für zwei Projekte: Den „Worms“ Schriftzug als Fotospot auf dem Ludwigsplatz sowie das überdimensionale Hagen Wandbild am Dom Hotel, das zwischen- zeitlich durch die Auswirkungen eines Brandes ein wenig von seiner intensiven Strahlkraft verloren hat. Auf besonders viel Kritik stieß indes das Pop Up Restaurant „Glücklich im Tivoli“, das mit gehobener französischer Küche in den Räumen des ehemaligen Tivoli lockt. Während Gastronomen im Umfeld der Innenstadt eine Wettbewerbsverzerrung sahen, war es für viele Wormser unverständlich, dass ein hochpreisiges Restaurant steuerlich subventioniert wird. Tat- sächlich wird ein Teil der Miete durch „Worms wird wow“ übernommen, zudem gibt es Unterstützung beim Marketing. Beides ist von Anfang an Teil des Konzeptes, denn ein ausdrückliches Ziel von „Worms wird wow“ ist es, den Leerstand zu reduzieren. Und das am besten mit attraktiven Geschäften, die auch eine Chance haben, nach der Zeit der Förderung zu überleben. Im Falle von „Glücklich im Tivoli“ ist die Förderdauer auf fünf Monate begrenzt. Für die Akteure ist die Kritik an einem „steuerlich subventionierten Luxuslokal“ nicht nachvollziehbar, denn schließlich ist es ja das Ziel, etwas Außergewöhnliches in Worms zu etablieren.
Während das Wandbild etwas zur Verschönerung der grau dominierten Fußgängerzone und „Glücklich im Tivoli“ zur gastronomischen Attraktivität beiträgt, gibt und gab es wiederum viele Maßnahmen, die durch- aus einen kritischen Blick verdient haben. Nicht unumstritten war die Entscheidung, ausgerechnet eine Trierer Agentur damit zu betrauen, „Worms wird wow“ marketingtechnisch zu begleiten. Entscheidend sollte natürlich die Qualität der Arbeit sein. Wobei sich die Frage stellt, was genau die Aufgabe ist? Auf Nachfrage unseres Magazins erklärt Jonas Volz: „Im „Alltagsgeschäft“ ist Markenmut hauptsächlich dafür verantwortlich, die digitalen Anzeigen zu entwerfen und strategisch zu „schalten“ (Meta, Google und Spotify). Mit Blick auf das Budget erklärt Volz weiter: „Da wir ihnen ein vergleichsweise geringes Marketing-Budget zur Verfügung stellen, fokussieren sie sich hauptsächlich auf kosteneffizientes digitales Marketing. Wir arbeiten daher auch mit sogenannten „Peaks“. Das heißt saisonal (1-2-mal im Jahr) investieren wir für kurze Zeit etwas mehr Geld, um durch mehr digitale Ausspielungen in einem bestimmten geographischen Umkreis um Worms gezielt für mehr Aufmerksamkeit zu sorgen.“ Gemessen an den Klickzahlen, die „Worms wird wow“ veröffentlichte, sorgten sowohl das Hagen Wandbild, als auch die Eröffnung des Restaurants „Glücklich im Tivoli“ für die meiste Aufmerksamkeit.
Fraglich erscheinen indes zahlreiche der kleinteiligeren Maßnahmen, wie das „SchUMobil“, das für viel Geld gebaut wurde und wahrscheinlich keinen besonderen Beitrag dazu leisten wird, dass Worms nun wow wird, zumal es ohnehin kaum öffentlich zu sehen ist. So nett die Idee virtueller Denkmäler ist, dürfte #makesusvisible mit seinem Kosten von rund 10.000 Euro ebenfalls weniger dazu geeignet sein, das Ziel zu erreichen. Das eigentliche Hauptproblem, der Leerstand, erweist sich indes als Sisyphos Arbeit. Zwar wurde im Rahmen des Wettbewerbs „Sprungbrett Worms“ nun ein Pop Up Laden in der Wilhelm-Leuschner-Straße eröffnet („Sneaker Empire“), doch im gleichen Moment hat dafür die Bäckerei Theurer ihre Filiale an prominenter Stelle am Obermarkt geschlossen. Auch für 2024 gilt: Es müssen weiterhin dicke Bretter gebohrt werden!
Wenn Sie mehr über das Projekt „Worms wird wow“ erfahren möchten, folgen Sie hier dem Link zur Homepage: https://worms-wow.de/?gclid=CjwKCAiAnL-sBhBnEiwAJRGignFz8vw7UZADVVWOsgcZqDHf-veqsEbxWmRunbRYGwuvly6J_Hnx-xoCb3oQAvD_BwE
Text und Fotos: Dennis Dirigo