Martin Friess und Ralf Hoh sind zwei Wormser, die zahlreichen Bürgern in der Nibelungenstadt bekannt sein dürften. Darüber hinaus vereint sie die Tatsache, dass sie wahrscheinlich ebenso viele Menschen in Bewegung gebracht haben. Doch dann kam plötzlich eine Zwangspause mit ungewissem Ausgang. Wir sprachen mit den beiden Geschäftsleuten über ihren Umgang mit dem Lockdown und die Folgen für ihr Gewerbe in Zeiten von Corona.

Für Martin Friess war es ein seltsamer Moment, als er die Treppen hinabschritt in den umfangreichen Wellnesbereich, der erst vor wenigen Jahren für viel Geld erweitert wurde, um ihn zum ersten Mal in seinem Leben stillzulegen. Es war das Wochenende vor dem Lockdown, der in Folge der Pandemie bundesweit verhängt wurde. Mittlerweile durfte Friess den Wellnessbereich wieder öffnen. Laut dem aktuellen Hygienekonzept ist der Betrieb von Saunen mit mehr als 60 Grad gestattet, Dampfbäder wiederum nicht. Martin Friess lässt diesen Bereich dennoch geschlossen, da Wellness natürlich Entspannung bedeutet und, neben dem gesundheitlichen Aspekt, auch eine kleine Auszeit vom stressigen Alltag sein sollte. Ist die aber möglich, wenn man nach Verlassen der Kabine sofort einen Mund-Nase-Schutz tragen muss? Friess kann diese Auflage prinzipiell nachvollziehen, erklärt aber, dass das praktisch bedeuten würde, dass der Gast infolge des Nachschwitzens ständig seine Maske wechseln müsse. Für Friess hat das nicht viel mit Erholung zu tun. Eine Veränderung bedeutet das auch für die Mitarbeiter des Wellnessbereichs. Über Nacht wurden sie sozusagen arbeitslos. Natürlich sind diese immer noch Mitarbeiter des Gesundheitszentrums, nur jetzt mit einer anderen Funktion. Nach dem Lockdown musste er erst mal die schwierige Entscheidung treffen, fast alle seiner knapp 40 Mitarbeiter in Kurzarbeit zu schicken, verbunden mit dem Versprechen, diese so schnell wie möglich in die Normalität zurückzuholen. Friess erklärt, dass Kurzarbeit einerseits ein tolles Instrument ist, um Betrieben zu helfen. Er weiß aber auch, dass er für seine Mitarbeiter Verantwortung trägt und es ein großer Vertrauensvorschuss sei. Zwischenzeitlich ist es ihm gelungen, alle wieder normal zu beschäftigen und das Personal aus dem Wellnessbereich hat zugleich eine neue Funktion, nämlich als Hygieneaufsicht. Weitreichende Entscheidungen mit finanziellen Auswirkungen musste er auch im Umgang mit den 750 Mitgliedern treffen. Bis Ende April liefen die Verträge normal weiter. Für die Dienstleistungen, die er zwangsweise nicht erbringen kann, hat er individuelle Lösungen, wie z.B. die Ausgabe von Gutscheinen, gefunden. Im Mai setzte er schließlich die Beiträge aus. Für einen Betrieb mit laufenden Kosten ein gewaltiger Kraftakt. Angesprochen darauf, ob er die Entscheidung, Gesundheitszentren zu schließen, nachvollziehen kann, antwortet er offen mit einem Nein. Zwar durften medizinisch verordnete Behandlungen weiter durchgeführt werden, bis zum 27. Mai war allerding kein privater Sport möglich. „Auch wenn ich die Entscheidung des Lockdown verstehe, denke ich, dass unser Bereich falsch eingeordnet wurde, da wir schließlich viel zu einem gesunden Immunsystem beitragen“, erklärt er. Dennoch ist für ihn der entscheidende Punkt, dass er, trotz Einschnitten, mit seinem kompletten Personal nun weiterarbeiten kann.

Im Mittelpunkt steht der Tanzunterricht
Lange Zeit war unklar, wie es mit Tanzschulen weitergeht. In einer im Internet übertragenen Pressekonferenz zeigte Ministerpräsidentin Malu Dreyer kein dezidiertes Interesse an dieser Form von Unterricht. Als sie von einem Journalisten auf die Perspektive für Tanzschulen angesprochen wurde, war ihre Antwort ein amüsiertes Lachen. Eine Reaktion, die viele Tanzlehrer brüskierte, schließlich ging es für diese Branche ums Überleben. Auch Ralf Hoh, der seit 2014 in seiner Tanzgalerie am Obermarkt etlichen Menschen den Rhythmus ins Blut brachte, befand sich von einem auf den anderen Tag in einem unfreiwilligen Zwangsurlaub. Mittlerweile darf wieder getanzt werden, die Auflagen machen ihm allerdings das Leben immer noch schwer. So entschied er sich dafür, seinen Bistrobetrieb erstmal ruhen zu lassen. Neben den Hygienekonzepten für Tanzschulen, müsste er zusätzlich die Hygieneverordnung für Gastronomie umsetzen. Das würde wiederum bedeuten, mehr Personal zu beschäftigen, das andererseits auf eine eingeschränkte Gastronomie trifft. Kurzum, ein wirtschaftliches Arbeiten ist nicht möglich. Im Mittelpunkt steht aber letztlich der Tanzunterricht und dieser hat sich für den Tanzlehrer gravierend verändert. Hoh erklärt: „Es ist am einfachsten, Menschen einen Tanz zu erklären, wenn man mit ihnen kurz tanzt oder mit einem dezenten Tipp an die Schulter die Menschen lenkt“. In der Verordnung heißt es aber: „Der Tanzlehrer*in hat zu den Tanzschüler*innen den Mindestabstand von 1,5 Metern einzuhalten. Eine Korrektur der Tanzposen mit Körperkontakt ist untersagt.“ Die Lösung: er selbst muss mit einer festen Partnerin den Unterricht abhalten. Da es zudem weitere Einschränkungen gibt bei Tänzen, bei denen mit einem höheren Aerosolausstoß zu rechnen ist, also bewegungsintensive Tänze wie Walzer, Disco Fox, beschränkt sich der erfahrene Tanzlehrer auf sogenannte „stationäre Tänze“ wie Rumba. Ein weiterer Vorteil, niemand kommt sich in die Quere. Trotz aller Auflagen ist er froh, wieder seiner Leidenschaft nachgehen zu können. Demnächst wird es auch wieder die beliebten Tanzabende geben. Kinder müssen sich allerdings noch ein bisschen gedulden. Aktuell arbeitet seine Partnerin Nadine Jung an Konzepten, damit diese sich ebenfalls wieder mit viel Spaß im Takt bewegen können. Für die Zukunft hoffen beide, dass es bald weitere Lockerungen geben wird, sodass sich die Tanzschule Schritt für Schritt wieder mehr in Richtung Normalität bewegen kann. Die aktuellen Infektionszahlen in Worms scheinen zumindest in die richtige Richtung zu zeigen.