gesa marie schulze

In den letzten beiden Jahren, in der sich die Welt in einer Pandemie befand, zogen Kulturschaffende nach Worms, die man noch gar nicht auf dem Schirm hatte. In unserer neuen kleinen Serie „Bekannt und trotzdem unerkannt“, wollen wir genau diese Menschen vorstellen. Den Anfang macht die Saxophonistin Gesa Marie Schulze, die in Nicht-Corona-Jahren mit Bands wie „The Incredible Firecacadoos“, „Jazzabella“, „Me and the Heat“, „Rumbacoustic“ oder „Irie Révoltés“ auf der Bühne steht.

WO!: Wie bist du zur Musik gekommen und wann war der Punkt, an dem du Dir gesagt hast, davon will ich leben?

Ich hatte Musik Leistung im Abitur und generell ist Musik seit meinem 8. Lebensjahr ein sehr intensives Hobby von mir gewesen. Trotzdem bin ich nach der Schule in meiner Heimat Bremerhaven erstmal ins Ausland, habe ein Studium abgebrochen und bin für eine Ausbildung zur Reisekauffrau in Mannheim gelandet. Dort habe ich mich dann einer Band angeschlossen, bei der ich zum ersten Mal ohne Notenblatt auf der Bühne stand. Das war quasi die Kehrtwende in meinem Leben, denn ich merkte, dass ein Bürojob mit 40 Stunden die Woche nicht ganz das Richtige war. Studieren wollte ich eh nochmal, wieso also nicht Musik? Ich nahm Unterricht bei der bekannten Mannheimer Saxophonistin Alexandra Lehmler und schaffte tatsächlich die Aufnahmeprüfung für ein Musikstudium in Mannheim. Das war 2011 und einfach mein Glück, denn nichts fällt mir im Leben   so leicht wie Musik zu machen und auf einer Bühne zu stehen.

WO!: Was war dein musikalisches Highlight bisher?

Mit Sicherheit die Erfahrung, mit Irie Révoltés auf Tour zu sein. Gar nicht mal wegen der musikalischen   Herausforderung,   son- dern einfach das Tourleben intensiv mitzubekommen. In einem Nightliner zu fahren, jeden Tag vor 3.000 Leuten zu spielen oder bei Festivals sogar vor bis zu 40.000, ist einfach besonders. Eben auch diese Erfahrung, einen Tourmanager zu haben, der sich – vom Catering, über das Hotel bis zum W-Lan Code hinter der Bühne um alles kümmert, war sicherlich außergewöhnlich. Musikalisch ist mein High- light aber wohl eher meine Band JAZZABELLA, die mir vor allem am Herzen liegt, da ich hier regelmäßig Eigenkompositionen mit einbringen kann.

WO!: Du bist vor fast zwei Jahren nach Worms gezogen. Mitten während des Lockdowns. Wie kam das zu Stande und wie hast du die Stadt in dieser Zeit erlebt?

Ich bin mit dem Wormser Musiker Tobias Lensinger zusammen und Tobi wohnt einfach schon immer hier in der Stadt (lacht). Als der Lockdown kam, wollte ich nicht länger alleine in meiner Mannheimer Wohnung sitzen. Wir haben dann festgestellt, dass wir es doch ganz gut miteinander aushalten und als dann auch noch eine Wohnung in Worms frei wurde, die für uns beide passte, haben wir die Gelegenheit einfach mal genutzt. Geplant, Mannheim zu verlassen, hatte ich vor Corona eigentlich nicht. Worms ist für mich im Vergleich eine grüne Oase mit vielen Parks und Weinbergen, die gerade dazu einladen, viel Zeit draußen zu verbringen. Die Innenstadt kenne ich leider noch nicht so gut und da das Kulturleben weitgehend stillstand, bin ich auch hier noch nicht so bewandert. Vor Corona war ich aber gerne auf Events wie den Nibelungen Festspielen und Jazz and Joy und hoffe, dass diese wieder in voller Größe stattfinden können.

WO!: Gab es Dinge in der Corona Zeit, die Du neu ausprobieren konntest?

Wie so ziemlich jeder Musiker hatte ich mich davor nie mit Home-Recording befasst und das immer vor mir hergeschoben. Während des Lockdowns habe ich genau damit angefangen, mir neue Mikrofone gekauft, um erstmal mehr schlecht als recht etwas aufnehmen zu können. Später kam noch Videoschnitt dazu, um Homevideos für meine Band Jazzabella zu machen. Und ganz zentral war natürlich, On- line Unterricht zu geben, um irgendwie mit meinen Schülern weiterarbeiten zu können. Außerdem konnte ich mich als DJane für bra- silianische Musik ausprobieren. Ich habe diese Art von Musik auf einem Auslandssemester lieben gelernt und wollte während der „Saure Gurken Zeit“ ein bisschen Lebens- freunde zu den Menschen bringen.

WO!: Wieso sollte man ausgerechnet Saxophon lernen?

(Lacht) Meistens kommen die Schüler zu mir, weil sie das Instrument optisch toll finden, sie unbedingt ein bestimmtes Solo können wollen oder Leo P. auf YouTube gesehen haben. Das Instrument hat einfach einen tollen Klang und man kann in viele stilistische Rich- tungen gehen. Ob Pop, Jazz oder Rock, es sind immer unterschiedliche Klangfarben möglich und man ist nie festgelegt. Das macht das Saxophon gegenüber anderen Blasinstrumenten, wie der Querflöte oder der Oboe, so interessant.

WO!: Mit wem würdest Du gerne einmal gemeinsam auf der Bühne stehen?

Lebend oder tot? (Lacht) Ich muss überlegen. Mein Saxophon Hero ist Cannonball Adderley. Der hatte einfach einen genialen Saxophon Sound und muss auch menschlich echt tierisch gewesen sein. Den hätte ich gerne einmal kennengelernt.

Danke für das Gespräch!

 

Text: Peter Englert, Foto: Anna Logue