Marcus Held (SPD) kommt mit Bewährungsstrafe davon
Marcus Held, der einst gefeierte Shootingstar der SPD und zweimalige Direktkandidat für den Wahlkreis 206, musste sich seit Mai 2021 wegen des Vorwurfs der Untreue und Bestechlichkeit in mehreren Fällen vor dem Landgericht Mainz verantworten. Am 20.12.2021 wurde das Urteil gefällt. Der ehemalige Bürgermeister von Oppenheim wurde zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt und muss eine Geldbuße in Höhe von 10.000 Euro an den Verein KIKAM zahlen. Held hat angekündigt, gegen das Urteil in Berufung zu gehen.
Während die Verteidigung einen Freispruch für ihren Mandanten verlangte, hatte die Staatsanwaltschaft wegen insgesamt 19 einzelnen Straftaten eine Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten beantragt. Damit sind fast vier Jahre vergangen, nachdem ein bis heute Unbekannter ein Dossier an verschiedene Zeitungen (u.a. an unser Magazin) geschickt hatte, das den Bürgermeister von Oppenheim schwer belastete. Wie viel von den Vorwürfen letztendlich übrig blieb, das hatte im abgelaufenen Jahr das Landgericht Mainz zu klären. Das wiederum sah es als erwiesen an, dass Marcus Held im Zuge des Grundstücksankaufs für ein Baugebiet einen Steuerberater als Makler beauftragt hatte, der an den Grundstücksgeschäften über 200.000 Euro verdient habe, obwohl bei allen Grundstücken bereits die jeweiligen Eigentümer sowie deren Verkaufsabsichten bekannt gewesen seien. Im Gegenzug soll dieser 24.600 Euro an die SPD Oppenheim zur Finanzierung des Bundestagswahlkampfs von Marcus Held überwiesen haben. Held wies die Vorwürfe bis zuletzt zurück und argumentierte, dass er stets zum Wohle der Stadt Oppenheim gehandelt habe. Und da sich die Stadt der Konkurrenz eines Investors habe erwehren müssen, sei es zwingend notwendig gewesen, einen Makler zu beauftragen. Vor Gericht konnte dies jedoch nicht bewiesen werden. Ebenso konnte die Staatsanwaltschaft nachweisen, dass der durch Held beauftragte Makler auch Provisionen für Grundstücke erhalten habe, die er gar nicht vermittelt hatte.
MARCUS HELD UND WO! – DIE VORGESCHICHTE
Mit unserem Magazin verbindet Held diesbezüglich ein besonderes Verhältnis, das unseren Verlag im Jahr 2017 ein paar tausend Euro gekostet hat. Seinerzeit ließ Held den Druck der April-Ausgabe unseres WO! Magazin, in dem wir über die anonymen Vorwürfe berichten wollten, über den Medienanwalt des Axel-Springer-Verlages, Prof. Dr. Jan Hegemann von der Berliner Kanzlei „Raue LLP“, stoppen. Mit dem Hinweis, dass eine geplante Veröffentlichung mit der Durchsetzung von Unterlassungs-, Gegendarstellungs-, Richtigstellungs- und auch Schadenersatzansprüchen beantwortet werden würde, haben wir seinerzeit „freiwillig“ den Druck gestoppt. Noch bevor ein bereits terminiertes, persönliches Gespräch mit Marcus Held stattfinden konnte, wurde dieser auf der Titelseite des NIBELUNGENKURIER wie folgt zitiert:
„DIE UNANGEMESSENE ART DER BERICHTERSTATTUNG OHNE DIE REFLEKTION DER VORWÜRFE AUF IHREN TATSÄCHLICHEN WAHRHEITSGEHALT, HABE IHN (MARCUS HELD, DIE RED.) AUCH DAZU VERANLASST, GEGEN DIE GEPLANTE BERICHTERSTATTUNG IN EINEM STADTMAGAZIN EINE EINSTWEILIGE VERFÜGUNG ZU ERWIRKEN.“
Eine Behauptung, die nachweislich nicht gestimmt hat. Gegenüber dem Radiosender SWR1 legte Held verbal nach. Darauf angesprochen, ob man damit nicht mit Kanonen auf Spatzen geschossen habe, antwortete Held:
„WER SO MIT DRECK WIRFT, MUSS IN EINER DEMOKRATIE DAMIT RECHNEN, DASS MAN SICH WEHRT. UND DAS HABE ICH GETAN!“
Wie sich nun fast vier Jahre später herausgestellt hat, waren die Vorwürfe keineswegs aus der Luft gegriffen, denn das Gericht sah die von der Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwürfe „fast vollumfänglich als gegeben“ an. Dass Held trotzdem „nur“ eine Bewährungsstrafe erhielt, liegt darin begründet, dass bei dem 44-Jährigen keine Vorstrafen vorlagen. Allerdings dürfte der Jurist – sollte das Urteil in der Revision vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe bestätigt werden – aufgrund seiner Bewährungsstrafe nicht mehr als Anwalt praktizieren. Im Übrigen hat auch die Stadt Oppenheim angekündigt, Held in einem Zivilprozess in Regress zu nehmen und das veruntreute Geld zurückzufordern. Trotzdem sind solche Urteile in einer Zeit, in der man für das Nichtbezahlen der GEZ-Gebühren bereits in den Knast muss, für einen Normalbürger nur schwer zu vermitteln. Stattdessen entsteht der Eindruck, dass man mal eben 200.000 Euro aus der Stadtkasse abzweigen kann und muss dafür nur 10.000 Euro Strafe zahlen. Für jemanden, der trotz der Vorwürfe weiterhin mehr als vier Jahre lang sein Salär als Bundestagsabgeordneter beziehen konnte, ist dieser Betrag nur ein Klacks. Gemessen an den Entschädigungen und Schmerzensgeldern, die wir als Verlag in den letzten Jahren an Lokalpolitiker zahlen mussten, kann man da schon ein wenig verwundert sein, mit welch unterschiedlichen Maßstäben heutzutage geurteilt wird.