Geboren wurde er 1959 in Heidelberg, aufgewachsen ist er in Mannheim, der Produzent und Festspielintendant Nico Hofmann. 2015 trat er das Nibelungenerbe von Dieter Wedel an. Nachdem das Debüt „Gemetzel“ eher verhalten aufgenommen wurde, stieß er mit dem letztjährigen Stück „Gold. Der Film der Nibelungen“ auf ein überwiegend positives Echo. Gleich im Anschluss an die Festspiele 2016 verlängerte Hofmann seinen Vertrag in Worms vorzeitig bis 2022. Ab September ist der Erfolgsproduzent auch alleiniger Geschäftsführer der UFA-Gruppe. Die Produktionsfirma ist Deutschlands Marktführer bei TV-Produktionen. Einen großen Erfolg feierte er zuletzt mit dem aufwendigen TV-Film „Ku’Damm 59“. In diesem Jahr arbeitet Hofmann zum vorerst letzten Mal bei den Festspielen mit Autor Albert Ostermaier und Regisseur Nuran David Calis zusammen. WO! sprach am Rande eines Pressegesprächs in Mannheim mit dem umtriebigen Produzenten („Deutschland.83“, „Unsere Mütter, unsere Väter“) über sein Vorhaben, den Nibelungen ein filmisches Denkmal zu setzen und Hofmanns Faszination für den Nibelungenstoff.
WO! Als wir vor zwei Jahren miteinander sprachen, erklärten Sie, dass Sie interessiert seien an einer filmischen Umsetzung der Nibelungen, Sie aber noch nicht wüssten, wie man den Stoff am besten für die Kamera adaptiert. Sind Sie dem zwischenzeitlich näher gekommen?
Die Nibelungen sind nach wie vor ein hochinteressantes Thema für einen Film oder eine Serie. Man müsste den Stoff natürlich sehr episch und bildgewaltig wie bei „Game of Thrones“ erzählen, was enorme Kosten bedeuten würde. Aber je länger ich mich mit den Nibelungen beschäftige, desto mehr denke ich darüber nach, ihn möglicherweise auch filmisch umzusetzen.
WO! Woher rührte in der Vergangenheit die Unlust, sich sowohl literarisch als auch filmisch dem Stoff zu nähern?
Ich sehe da keine Unlust. Auf der Bühne sind die Nibelungen seit jeher ein Thema, zumal sie auch die inhaltliche Fülle bieten, sich der Geschichte immer wieder neu zu nähern. Wenn man in Film denkt, sieht man als Produzent erst einmal die wahrscheinlich sehr hohen Kosten und es ist in Deutschland auch sehr schwierig, Autoren zu finden, die in der Lage sind, auf einem sehr hohen Niveau zu schreiben. Auf der Bühne geht das deutlich einfacher.
WO! Hat Albert Ostermaier mit seinem ungewöhnlichen Ansatz bei den Nibelungen keine Anreize geliefert, wie man sich einem Film nähern könnte?
Albert Ostermaier schreibt sehr filmisch, er geht an seine Stoffe mit einem großen Fantasiebogen heran. Wir haben bereits im ersten Jahr ganz viel in Richtung Film nachgedacht.
WO! Also heißt es demnächst vielleicht, Drehbuch: Albert Ostermaier?
Das kann durchaus sein.
WO! Was fasziniert Sie nach drei Jahren Festspielen persönlich immer noch an dem Nibelungen-Thema?
Der Nibelungenstoff wird seinen Reiz nie verlieren. Was mich aktuell interessiert, ist die Umsetzung auf der Bühne hier in Worms. Ich habe mit Nuran David Calis sozusagen Blut geleckt. Es macht mir unglaubliche Freude, mit welcher Fantasie und Lust an der Inszenierung er an das Stück geht. Dadurch haben die Nibelungen für mich einen erheblichen Mehrwert bekommen. Zu sehen, wie man die musikalische Ebene in das Stück integriert und wie man die Zirkusebene in die Inszenierung einbettet. Außerdem herrscht bei Calis immer eine fantastische Stimmung bei den Proben. Das Ensemble ist unglaublich motiviert und fühlt sich in Worms sehr wohl, was mich wiederum sehr glücklich macht. Alles in Allem – die Zusammenarbeit mit Nuran David Calis und Albert Ostermaier ist für mich auch in diesem Jahr wieder sehr positiv.
WO! Haben Sie aktuell Einblick in die Proben?
Ja, ich war zwar bisher nur einmal in diesem Jahr persönlich vor Ort, aber ich spreche mit dem künstlerischen Team und mit verschiedenen Personen des gesamten Ensembles und habe dadurch einen detaillierten Einblick in das Fortschreiten der Proben. Zur Generalprobe bin ich vor Ort und kann beurteilen, ob der Rhythmus stimmt. Gemeinsam mit dem Regisseur, dem Dramaturg Thomas Laue, dem Team können dann noch Korrekturen vorgenommen werden.
WO! Wer hat eigentlich bei der Besetzung der Rollen das letzte Wort?
Wir haben die Besetzung sehr einvernehmlich zusammengestellt, die Ideen entwickeln sich ja auch erst mit dem Entstehen des Stückes. Insgesamt sind wir sehr glücklich mit dem Gesamtensemble, dem in diesem Jahr mit Nadja Michael auch eine professionelle Sängerin angehört.
WO! Sie sprechen im Zusammenhang mit den Nibelungen immer wieder von einer deutschen Identität. Können Sie genau sagen, was Sie damit meinen?
Das Heldenepos Nibelungenlied als Grundlage des Stoffes umfasst Themenbereiche wie Toleranz und Egoismus, entscheidende Themen in der aktuellen Politik. Mir gefällt auch der Gedanke, dass ein Regisseur mit einem türkischen-armenischen Kulturhintergrund und sein multikulturelles Ensemble einen ganz anderen Blick auf diese Geschichte haben.
WO! War es eine bewusste Entscheidung, einen Regisseur zu engagieren, der einen Migrationshintergrund hat?
Nein, überhaupt nicht. Nuran David Calis hat seine ersten Schritte als Filmregisseur bei der UFA gemacht, außerdem schätze ich seine Theaterinszenierungen sehr. Davon abgesehen sind wir eine multikulturelle Gesellschaft, was sich letztlich auch auf der Bühne wiederspiegelt.
WO! Die Stücke „Gold“ und „Glut“ werfen einen sehr unkonventionellen Blick auf das Nibelungenlied. In Facebook sind in diesem Zusammenhang immer wieder Stimmen zu lesen, die fragen, was das noch mit den Nibelungen zu tun hat. Was würden Sie diesen kritischen Stimmen entgegnen?
Erstmal respektiere ich das. Letztlich hat jeder, der ins Theater geht, eine eigene Meinung. Ich selbst finde diesen Weg, sich von der klassischen Erzählweise zu entfernen, sehr spannend. Im Übrigen würde ich diesen kritischen Stimmen auch entgegnen, dass wir mit diesem Weg sehr viel mehr neues Publikum gewonnen haben, als dass wir altes verloren hätten. In fünf Jahren können wir dann nochmal darüber reden, ob die Entscheidung, sich von der klassischen Erzählweise zu entfernen, richtig war.
WO! Im nächsten Jahr wird es thematisch darum gehen, dass man die Geschichte nach dem Massaker am Hofe König Etzels weiter erzählt.
Mit Feridun Zaimoglu haben wir für 2018 einen herausragenden Autor verpflichtet, das Stück ist hochinteressant. Zum Thema, wer das Stück im nächsten Jahr inszenieren wird, hat Laue (künstlerischer Leiter der Festspiele ab 2018, Anm. der Red.) bereits konkrete Gespräche geführt. Wir können alle gespannt sein!
WO! Sie sind beruflich ein extrem eingebundener Mensch. Ab September übernehmen Sie die alleinige Geschäftsführung der UFA, einer erfolgreichen Produktionsfirma, und haben die Intendanz für die Festspiele bereits im letzten Jahr bis 2022 verlängert. Daran gekoppelt sind natürlich auch Erwartungen. Wie gehen Sie mit so einem enormen Erwartungsdruck um?
Das geht natürlich nur mit einem sehr guten Team. Im Grunde ist es wie beim Fußball. Sie können ein hervorragender Trainer sein und dennoch ist entscheidend, was auf dem Rasen passiert. In Worms stimmt dieses Team, mit Sascha Kaiser und Petra Simon vor Ort. Mit Thomas Laue konnte ich zudem einen der besten Bühnenleute Deutschlands als künstlerischen Leiter verpflichten, der mich tatkräftig unterstützt.
WO! Und den Sie auch gleich als Chef-Dramaturg für die UFA engagiert haben!
(lacht) Ja, Thomas ist mir in Worms aufgefallen. Ich halte ihn für einen Riesengewinn für die UFA.
WO! Sie haben selbst als Regisseur ihre Filmkarriere begonnen. Ist es für Sie eine Option, auf den Regiestuhl zurückzukehren?
Nein, überhaupt nicht! Man braucht als Regisseur eine unendliche Geduld und die habe ich nicht mehr. Je älter ich werde, desto weniger Geduld habe ich. Umso mehr bewundere ich Nuran dafür, wie er das Stück inszeniert. Für mich wäre das unmöglich.
WO! Wir danken Ihnen für das Gespräch!