Es war ein Post, der aufhorchen ließ. Ein Facebook Nutzer berichtete am gestrigen Mittwoch, dass es am Samstag zu einem schweren Zwischenfall am Kreisel Hochschule/Brauereiviertel kam. Mit einem Kleinkalibergewehr wäre dort auf Passanten geschossen worden. Weiter berichtet der Nutzer, dass der Täter auch auf eine Frau in einem PKW geschossen hätte. Dabei sei glücklicherweise nur das Fenster zu Bruch gegangen. Weiter heißt es in dem Post, dass der Täter gestellt wurde und man in seiner Wohnung weitere Waffen, u.a. eine Machete, gefunden hätte. Der Poster stellt sich daraufhin die Frage, warum die Bürger nicht informiert wurden. Weiter bemerkt er, dass es wohl kein Deutscher sei und vielleicht deshalb keine Meldung herausgegeben wurde. Dieser Post wurde schließlich 38-mal geteilt und es folgte eine lebhafte Diskussion mit 53 Kommentaren. Dabei wurde von einem weiteren Vorfall berichtet, denn die Polizei verschwiegen hätte.

Der Kommentator behauptet, dass es letzte Woche in der Friedrichstraße Ecke Rheinstraße eine Schlägerei zwischen fünf Beteiligten gegeben habe. Der Zeitraum wird sogar präzisiert: „Gegen 21.00 Uhr. Freitagabend.“ Weiter schreibt der FB Nutzer, dass einer davon im Gesicht schwer verletzt wurde und mit dem Rettungswagen abtransportiert wurde. Die Auseinandersetzung hätte zwischen zwei „Schwarzen“ und drei Russen stattgefunden. Die Polizei wäre mit drei Wagen schnell vor Ort gewesen und hätte alle Beteiligten gefasst. Auch dieser Vorfall wurde rege diskutiert.

In beiden Fällen waren sich die Diskutanten schnell einige, dass das Verschweigen der Vorfälle damit zusammenhänge, dass Menschen mit ausländischem Hintergrund darin verwickelt waren. Beide Fälle klingen durchaus spektakulär und werfen mehrere Fragen auf, nämlich ob diese tatsächlich so passiert sind und wenn ja, warum die Polizei darüber nicht berichtet hat? Bei der Polizeidirektion Worms ist der Ansprechpartner für Pressefragen Michael Lerch. Dieser verspricht direkt nach Erhalt unserer Mail, beide Fälle zu recherchieren. Heute Nachmittag folgte schließlich ein langes Telefonat. In diesem konnte er zumindest den ersten Vorfall bestätigen, wobei entscheidende Details vom  Facebook Post abweichen. Zu der Schlägerei in der Friedrichstraße konnte er zumindest für den angegebenen Zeitraum weder einen Polizeivermerk noch ein Einsatz eines Rettungsdienstes bestätigen.

Nach Durchsicht der Akten vom Wochenende konnte Lerch bestätigen, dass am vergangen Samstag ein Schuss fiel am besagten Kreisel fiel. Kurz vor zehn Uhr morgen kam es demnach zu einem einzelnen Schuss auf einen PKW. Dieser wurde von einer Frau gesteuert. Die Fahrerin wurde glücklicherweise nicht getroffen, allerdings ging die hintere rechte Scheibe zu Bruch. Kurz darauf sei ein Mann an ihr Auto getreten, der erklärte, dass er geschossen hätte, es sich aber lediglich um Plastikkugeln gehandelt hätte. Danach hätte sich der Mann wieder entfernt. Im Verlauf der Vorortuntersuchung durch die Polizei, hätte man schnell die echte Identität des Täters herausgefunden und damit auch die Wohnung des Schützen. Dort traf man ihn allerdings nicht an, dafür aber die Schusswaffe. Tatsächlich handelte es sich um echte Stahlkugeln und nicht wie von dem unbekannten Mann behauptet um Plastikkugeln. Weitere Waffen wurden offenbar nicht gefunden, so Michael Lerch. Der polizeibekannte gebürtige Deutsche, wie Herr Lerch erklärt, wurde zur Fahndung ausgeschrieben. In der Nähe des Bahnhofs wurde er heute Morgen aufgegriffen. Da gegen den Mann ein Haftbefehl wegen eines weiteren Vorfalls vorlag, wurde er umgehend in die JVA gebracht. Der Mann wurde wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und Sachbeschädigung angezeigt. Das Motiv ist indes unklar. Schütze und Frau kannten sich nicht.

Keine Übereinstimmung in den vorliegenden Polizeiberichten konnte Michael Lerch jedoch in Bezug auf den Vorfall Friedrichstraße vermelden. An dem besagten Freitagabend gab es laut Lerch keinen Polizeieinsatz, auf dem die Beschreibung passt. Lerch erklärt, dass man auch den Rettungsdienst angefragt hätte, aber auch dieser konnte den Vorfall nicht bestätigen. Der Pressesprecher erklärt, dass es an diesem Wochenende zwar einen Vorfall in der Friedrichstraße gab, dieser decke sich aber nur marginal mit der in Facebook geschilderten Situation. Tatsächlich kam es vergangen Sonntag zu einem Beziehungsstreit auf offener Straße. Der Polizeieinsatz sei um 19 Uhr erfolgt. Involviert waren auch keine fünf Personen, sondern vier. Ebenso hätte es bei diesem Vorfall keinen Rettungswageneinsatz gegeben und es seien auch keine dunkelhäutigen Männer oder Russen involviert gewesen. Aber auch zu diesem Vorfall gab es keine Pressemitteilung.

Michael Lerch erklärt hierzu, dass die Polizeimeldungen am Wochenende von den diensthabenden Kollegen verfasst werden. Er selbst würde diese nur unter der Woche erstellen. Prinzipiell gäbe es keinen Leitfaden, der vorgibt, wann eine Meldung verfasst werden muss. Dies hänge ausschließlich von den Kollegen ab und hätte natürlich auch mit der Intensität des Einsatzaufkommens am Wochenende zu tun. Lerch räumt ein, dass er zwar mit den Kollegen vom Wochenende nicht sprechen konnte, aber einen Zusammenhang, dass man bewusst Taten von Menschen mit Migrationshintergrund verheimliche, schließe er kategorisch aus, zumal in dem Vorfall am Kreisel es sich um keinen Ausländer handelte. Dennoch betont er, dass es in diesem Fall sehr unglücklich war, dass keine Meldung erfolgte. Was der prinzipielle Umgang mit der Nationalität von Tätern betreffe, so beteuert er, dass man diese nicht absichtlich unterschlage. Sofern die Nationalität zur Aufklärung eines Falls beiträgt oder relevant für das Verständnis eines Falls ist, so würde man natürlich auf die Hintergründe eingehen, ergänzt Lerch. Was Fahndungen angeht, so räumt er ein, dass man oft mit sehr rudimentären Beschreibungen arbeiten müsse, da man letztlich auf Zeugenaussagen angewiesen sei.

Text: Dennis Dirigo