Geboren wurde Nico Hofmann 1959 in Heidelberg. Heute, 60 Jahre später, gilt Hofmann als Deutschlands einflussreichster Filmproduzent und ist Geschäftsführer des Mediengiganten UFA. Als wäre das nicht genug, übernahm der Workaholic 2015 als Intendant die Nibelungen-Festspiele und brachte zugleich frischen Wind in das angestaubte Nibelungenlied. Den vorläufigen Höhepunkt feierte Hofmann im letzten Jahr mit dem umjubelten Stück „Siegfrieds Erben“. Diesen Erfolg möchte er natürlich am liebsten in diesem Jahr wiederholen. „Überwältigung“ heißt das Stück und wurde von dem Autor Thomas Melle geschrieben. Inszeniert wird es von der erfolgreichen Regisseurin Lilja Rupprecht. Am Rande der Pressekonferenz unterhielten wir uns mit dem Produzenten, dessen Lebensmittelpunkt mittlerweile Berlin ist, über die Macht des Schicksals und das geplante Nibelungen-Filmprojekt.

WO! Wie schwer war es, Klaus Maria Brandauer nach Worms zu holen?
Klaus Maria Brandauer fand den Text von Thomas Melle herausragend, außerdem hat sich unter Schauspielern seit einigen Jahren die Qualität der Festspiele herumgesprochen, sodass es deutlich einfacher ist, namhafte Akteure nach Worms zu holen. Es scheint sich mittlerweile wie ein positives Lauffeuer zu verbreiten. Ich kann in diesem Zusammenhang sagen, dass es mir deswegen auch großen Spaß macht, bei den Nibelungen-Festspielen zu arbeiten.

WO! Das Thema Schicksal ist der Ausgang für das Stück „Überwältigung“. Glauben Sie persönlich an die Macht des Schicksals?
Es gibt ja den Spruch, „das Schicksal liegt auf unserer Hand“. Insofern liegt mir nichts daran zu sagen, es ist irgendwie Schicksal und wir können nichts dafür. Nehmen Sie das Beispiel Umweltschutz. Präsident Trump sagt, der Polarkreis schrumpft halt mal eben so zusammen und deswegen macht es auch gar keinen Sinn, sich um den Umweltschutz zu kümmern. Dem gegenüber stehen derzeit Tausende junger Menschen, die sich unter dem Begriff „Friday for Future“ versammeln, um etwas gegen dieses Unausweichliche zu unternehmen. Ich denke, es ist besonders im Moment wichtig, eine Haltung zu zeigen und das Schicksal in die eigene Hand zu nehmen.

WO! Man könnte auch sagen, dass die vielen Populisten in dieser Welt ständig mit dem Thema Schicksal spielen und sagen, dass wir uns abschotten müssen, bevor wir einem negativen Schicksal ausgesetzt sind.
Da haben Sie Recht. Ich finde es persönlich auch entsetzlich, mit welcher Selbstverständlichkeit sich Egomanie in dieser Welt zurzeit durchsetzt. Ich war vor kurzem auf einem Abendessen mit den Eliten der deutschen Wirtschaft eingeladen und jeder dieser Teilnehmer hat es geschafft, nur über sich zu reden. Sie haben es also geschafft, keine vier Zentimeter über ihren eigenen Tellerrand zu schauen!

WO! Das heißt, die Egomanie ist die Kehrseite des Schicksals?
Ich habe vor drei Jahren gesagt, dass der eigentliche Urstoff bei den Nibelungen das Thema Egoismus ist und da hat sich in den vergangenen tausend Jahren wenig daran verändert. Politiker reden nicht mehr miteinander, sondern nur noch übereinander. In verschiedenen Ländern gehen zahllose Menschen zwischenzeitlich auf die Straßen, wie z.B. in Frankreich, und schreien laut heraus, dass die Politik sie verrät und das ist ein sicheres Zeichen, dass irgendwas nicht richtig läuft.

WO! Was ist der Schlüssel dazu, diese Egomanie zu überwinden oder wie gehen Sie als mächtiger Produzent damit um, nicht die Bodenhaftung zu verlieren?
Es hat damit zu tun, sich seiner Heimat bewusst zu sein. Ich komme nicht hier her, um zu zeigen, wie toll ich bin, sondern weil diese Region ein Teil meiner Heimat ist. Ich muss mich hier nicht verstellen. Meine Oma war Metzgermeisterin in Mutterstadt, meine Schwester ist wiederum beim Südwestfunk Gleichstellungsbeauftragte und meine Mutter wird letztlich in Mannheim sterben. Hier sind meine Wurzeln und ich glaube, es hilft, sich immer wieder zu seinen Wurzeln zu bekennen.

WO! Worms ist nicht Mannheim und dennoch arbeiten Sie hier für die Festspiele. Was gefällt Ihnen an der Arbeit in Worms besonders?
Ich mag es, wie sich hier Bürger, z.B. in Form der Nibelungenfreunde, für die Kultur in dieser Stadt engagieren und das auch für die Politik hier Kultur etwas Selbstverständliches ist. Das ist etwas, was sie in Berlin überhaupt nicht haben. Das spiegelt sich auch in der Meinung vieler früherer Ensemblemitglieder wieder, die sagen, dass sie hier in Worms eine wundervolle Zeit erlebt haben.

WO! Was ist für Sie die wichtigste Bedeutung von Theater?
Das Stück im vergangenen Jahr („Siegfrieds Erben“) ist ein tolles Beispiel hierfür. Das Publikum hat sich im Anschluss an die Premiere bis spät in die Nacht über das Stück unterhalten. Es hat sie beschäftigt. Nichts ist schlimmer, als dass die Zuschauer nach dem Ende einfach nach Hause gehen und das Gesehene wieder vergessen.

WO! Wie wird es sich mit dem aktuellen Stück „Überwältigung“ verhalten?
Thomas Melle hat einen sehr zeitgemäßen Stoff aus den Nibelungen gemacht. Vielleicht entsteht am Ende des Abends durch das gemeinsame Erleben ein Diskurs, über die Frage nach dem Schicksal nachzudenken. Natürlich soll die Inszenierung auch kontrovers sein. Ich genieße es immer wieder, wie kontroverse Stoffe Diskussionen anstoßen.

WO! In Gesprächen mit unserem Magazin haben Sie gesagt, dass Sie eine Verfilmung der Nibelungen Geschichte anstreben. Wie ist der aktuelle Stand?
Das Drehbuch ist mittlerweile fertig, das heißt, dass der Film auf jeden Fall kommen wird. Es ist auch mein absolutes Wunschprojekt. Derzeit habe ich aber noch zwei andere Projekte, die ich betreuen muss. Das eine ist ein Film über die Zauberer Siegfried und Roy, sowie einen Film, den ich mit dem Regisseur Michael Haneke plane. Danach geht es an das Nibelungen-Projekt. Es ist wirklich ein tolles Drehbuch geworden. Die Verfilmung wird aber auch sehr teuer werden. Wir reden hier von 50 bis 60 Millionen Euro. Ein Großteil kommt davon aus Amerika, wo man von dem Projekt sehr begeistert ist.

WO! Wird es eine klassische Umsetzung oder eher eine moderne Interpretation?
Der Film ist eine klassische Umsetzung der Geschichte, die wir als zehnteilige Serie realisieren.