Pressespiegel zusammengestellt von: Frank Fischer

Nach eher mäßigen Kritiken für ein „Gemetzel“, das keines war, im ersten Jahr unter der Intendanz von Nico Hofmann, konnte „Gold. Der Film der Nibelungen“ 2016 deutlich bessere Rezensionen in den Feuilletons der großen Tageszeitungen verbuchen. Der Abschluss der Ostermeier-Trilogie, „Glut. Siegfried von Arabien“ schaffte es dagegen nur selten, die erhoffte Glut unter den Theaterkritikern zu entfachen.


Schwäbische Zeitung Dass „Glut“ als Erzählung grundsätzlich funktioniert, liegt daran, dass die geheime Stern-Mission sich gut mit der Reise der Nibelungen in den Tod fügt. Ostermaier verknüpft beide Geschichten nahtlos. Er hat aus „Glut“ aber auch ein Spiel auf so vielen Ebenen gemacht, dass man sich auf den einzelnen Etagen verlaufen kann.“

Die Welt Erst nach der Pause sprang der Funke zum Publikum über, das sich am Schluss, nachdem das Drama in die vertrauten Nibelungenbahnen eingebogen war, dankbar und in Vorfreude auf ein nächtliches Büffet von den Plätzen erhob.

Schwäbische Zeitung „Nuran David Calis inszenierte die vielschichtige Nibelungen-Überschreibung vor dem Wormser Dom. Die Szenerie ist imposant, die Handlung eher unübersichtlich.“

Deutschlandfunk Albert Ostermaiers Stück rückt die Nibelungensage in ein neues Licht. Dumm nur, dass man in seinem Sänger-, Diplomaten- und Agententhriller so viel erklären muss.

Die Welt Der Inszenierung fehlt etwas, das für Freilichttheater entscheidend ist: eine Rampensau, die das Drama immer wieder über die Bühnenkante ins Publikum wuchtet.

Deutschlandfunk Ein Stück, das so verschwurbelt daherkommt und mit so viel Personal so wenig erzählt, hält die „Glut“, die es angeblich entfachen will, von vornherein auf Sparflamme. Dazu kommen noch die Ostermaier-üblichen Pathetiken und schiefen Sprachbilder.

Süddeutsche Kleins Hasardeur-Nummer mit dem Nibelungenstoff zu einer Art Agententhriller zu verknüpfen, ist eine originelle Idee, klug gedacht, aber Albert Ostermaier will zu viel. Will vor allem ganz unbedingt sophisticated sein. Sein Wüstenzug ist so schwer beladen mit Doppel- und Tarnexistenzen, mit Anspielungen, Monologen, Metaphern und Zitaten (Hamlet, Shylock, Nathan der Weise), dass es zwischendurch zu Verwirrungen im Gleisbereich kommt. So ist es in dieser komplexen Unternehmung, die auf mehreren Ebenen spielt, nicht immer leicht, dem Who is who des Personenregisters zu folgen, auch wenn sich die Figuren ständig erklären (müssen).

Rhein Neckar Zeitung Visuell phantastisch, inhaltlich anspruchsvoll – so lautet das Fazit der dreistündigen Uraufführung von Albert Ostermaiers so aktuellem wie explosivem Geschichtscocktail „Glut. Siegfried von Arabien“.

Die Welt Im Theater regiert die Sage die historischen Fakten und erzeugt ihre eigene Wahrheit. Dank Ostermaiers Autorengeschick sind beide Ebenen so gut miteinander verwoben, dass man kaum störende Nähte wahrnimmt. In der Textform läuft das Stück rund. Auf der Bühne tut es das nicht durchgängig. Regisseur Nuran David Calis zieht zwar wieder alle Register einschließlich Video-Close-up. Und er kann sich auch wieder auf hinreißende Bühnenmusiker stützen, mit denen die orientalisch verfremdeten Wagner-Gesangseinlagen zu Glanzlichtern werden. Aber es gelingt ihm doch nicht immer, Ordnung und Spannung in dem figurenreichen Geschehen aufrechtzuerhalten.

Saarbrücker Zeitung Dass die Ebenen sich überlagern, erschwert für manchen das Verständnis – so wie manche Monologe von Randfiguren trotz brillanter Darbietung zu lang wirken. Intendant Nico Hofmann mag das geahnt haben, als er vor Spielbeginn sagte: „Wenn Sie manche Dinge nicht ganz verstehen, schauen Sie ins Programmheft.“

NMZ Für ein größeres Freilichttheater mit 1136 Sitzplatzen beinhaltet diese Story sicher das Höchstmaß der Publikumsbeanspruchung. Am Ende gibt es deshalb neben großer Begeisterung auch dezent artikulierte Ratlosigkeit.

Badische Zeitung Der Heylshofpark in einer lauschigen Nacht ist schön, das Premierenbuffet war wieder mal vortrefflich, und nichts gegen B-Prominenz wie Andrea Nahles, Markus Lüpertz, Mutter Beimer oder Chinas Generalkonsul. Aber Worms ist nun mal nicht Bayreuth. Der Dom, von Scheich Omar schon als Moschee vereinnahmt, steht herrlich und unversehrt in der Abenddämmerung, aber zu seinen Füßen sieht man mehr Asche als Glut, mehr Sand als frisches Grün.

FAZ „Agentenklamotte und Wagner-Oper, Völkerverständigungstheater und Karl-May-Abenteuer, die Eisenbahn als Weltmodell und Volkshochschule, die Theatertruppe als Wehrsportgruppe in Tarnuniform, Shakespeare- und Rimbaud-Zitate, Hexameter, Gott-ist-groß-Tätowierungen und zähnefletschende Schäferhunde, auf Großleinwand übertragen und untermalt mit Ethnopop aus Hirtentrommeln und Schilfrohrflöten: Was in Worms an Pathos, Prunk und politisch korrekten Zaunpfählen aufgeboten wird, ist einfach zu viel, zu wirr, zu hanebüchen und humorlos.“

Süddeutsche Über der Zug-Szenerie erhebt sich eine riesige Videoleinwand, auf der live gefilmte Szenen und Gesichter in Großaufnahme gezeigt werden – die Methode Castorf gehört ja längst zum Hightech-Kanon und ist im Mainstream angekommen. Regisseur Nuran David Calis setzt sie so exzessiv ein, dass man in den Szenen ohne Videovergrößerung oft gar nicht erkennt, wer da vorne, im Wimmelbild vor dem Dom, gerade in sein Mikroport spricht. Es ist dies alles ein großes Tamtam.

Rhein Neckar Zeitung Es geht jedoch nicht nur um Nibelungen-Deutschland. Wo man auch hinblickt, finden sich Aktualitätsbezüge zur unübersichtlichen Gegenwart: bei Großbritannien zum Brexit-Land, beim damaligen Kranken Mann am Bosporus zum Muskelspiel der heutigen Türkei, beim zaristischen Russland zum derzeitigen russischen Weltmachtstreben sowie bei der Kolonialmacht Frankreich zu einem führenden Land der Europäischen Union. Und das Ganze ist durchwirkt von so wichtigen Phänomenen wie Multikulturalität, Religionskampf, Nationalismus und nicht zuletzt auch Terrorismus – die heute ach so guten Deutschen spielen da 1915 eine mehr als zwielichtige Rolle.

Deutschlandfunk Das Ganze spielt im Wüstensand, der Orient-Express fährt hin und her, und rein musikalisch werden nebenbei die lieblichsten orientalischen Klischees zu Gehör gebracht. Der deutsche Agententrupp, der nur zu Tarnzwecken eine Theatergruppe sein darf, bringt das Problem des Abends auf den Punkt: Theater als Tarnung ist nicht genug. Auch wenn Ostermaier natürlich mit seiner Stück-im-Stück-Dramaturgie auf Hamlets Mausefalle zurückgreift.

Rhein Neckar Zeitung Insbesondere werden fundamentale Fragen aufgeworfen, und zwar weit über den Premierenabend hinaus. Vor hundert Jahren wollen die Deutschen im Orient ein Feuer entfachen, das auf den Ersten Weltkrieg überspringt. Befindet sich heute im globalen Pulverfass Arabien wieder die Glut, die ein Wüstenfeuer ausbrechen lassen kann und in ungewissen Zeiten dann auch einen Weltenbrand? – Begeisterter Applaus für einen gelungenen Festspielstart.

Schwäbische Zeitung „So kennt man Albert Ostermaier: Er ist ein Metaphern-Meister, türmt voluminöse Sprachbilder und verknüpft Erzählfäden labyrinthisch. Die Antwort auf die Frage, wo bitte der Ausgang aus dem Labyrinth sein könnte, ist ernüchternd: Es gibt keinen. „Glut“ ist ein überambitioniertes Verwirrspiel, auf das Uraufführungsregisseur Nuran David Calis einigermaßen schlüssig reagieren konnte. Er inszeniert Erzählfragmente und versucht erst gar nicht alle Andeutungen im Text szenisch zu interpretieren.“