Die Verantwortlichen der Wormatia müssen Nerven wie Drahtseile haben. Nachdem kurz vor knapp noch ein Nachfolger für Torjäger Treske verpflichtet wurde, war man einen Tag vor Saisonstart bei den Stuttgarter Kickers immer noch auf der Suche nach einem Lenker fürs defensive Mittelfeld. Dazu kam ein unfassbares Verletzungspech in der Vorbereitung, das den ohnehin noch nicht vollständigen Kader weiter dezimiert hat. Wormatia Worms wird also mit dem letzten Aufgebot in die neue Saison gehen, die mit einem harten Auftaktprogramm aufwartet und als stärkste Regionalliga Südwest aller Zeiten gilt.
Wochenlang lechzten die Fans der Wormatia nach der Bekanntgabe von Neuzugängen, immerhin war der Aderlass mit dem Abgang von fünf gestandenen Leistungsträgern und zwei Ergänzungsspielern nicht unerheblich, aber einen Tag vor Saisonstart war die sportliche Leitung immer noch auf der Suche nach einem gestandenen „Sechser“, der das Spiel lenken kann und/oder einem „Abwehr-Allrounder“. Jetzt ist man es in Worms aus der Vergangenheit bereits gewohnt, dass der Verein relativ spät mit den Vorbereitungen für eine Saison beginnen konnte, weil man bis zuletzt den Klassenerhalt abwarten musste. Auch ist es Standard, dass man bis auf den letzten Drücker wartet, um eventuell noch kurz vor Saisonstart ein Schnäppchen machen zu können. Die späte Zusammenstellung des Kaders hatte in den letzten Jahren allerdings zur Folge, dass die Wormatia zumeist eine schwächere Hinrunde und anschließend eine stärkere Rückrunde absolviert hat. Diesmal stand der Klassenerhalt relativ frühzeitig fest und Gerüchte um die Abgänge der Leistungsträger schwirrten schon Ende April durch Worms. obwohl sich anschließend wieder einmal etliche Testspieler im Training tummelten, die kurz danach bei einem anderen Verein unterschrieben, konnten in den letzten zwei Monaten lediglich vier frühzeitig feststehende und eine last-minute Verpflichtung getätigt werden. Aber selbst die bisherigen Neuzugänge haben nicht gerade für grenzenlose Euphorie unter der Anhängerschaft gesorgt. Mit „Jonny“ Zinram (zuletzt Eintracht Trier) ist zwar ein „Fanliebling“ an die Alzeyer Straße zurückgekehrt, dessen Stärken hinreichend bekannt sind. Seine große Schwäche, selten kontant und verletzungsfrei über einen längeren Zeitraum Leistung bringen zu können, allerdings auch. Außenverteidiger Ömer Yildirim kam bei seinem letzten Verein, Erzgebirge Aue, in der 3. Liga nur zu einem Einsatz und muss erst wieder Spielpraxis sammeln. Stürmer Guiseppe Burgio fiel bei seiner letzten Station, dem TSV Steinbach, lange Zeit wegen einer Knieverletzung aus und hat sich auch in Worms in der Vorbereitung wieder verletzt. Der kopfballstarke Japaner Daisuke Ando (25) erzielte in 52 Oberligaspielen für Arminia Ludwigshafen und den SC Hauenstein 22 Tore und wurde zwar nur als Perspektivstürmer verpflichtet, konnte aber im letzten Test gegen Hoffenheim II. (1:1), nicht nur dank seines Treffers, überzeugen und ist womöglich bereits in Stuttgart zu seinem ersten Regionalligaeinsatz gekommen. Drei Tage vor dem ersten Saisonspiel konnte der VFR noch einen Nachfolger für den nach Offenbach abgewanderten Torjäger Florian Treske verpflichten. mit dem 1,91 Meter großen Österreicher Thomas Gösweiner (22) hat Trainer Steven Jones einen Spielertyp gefunden, auf den die Anforderungen „groß und kopfballstark“ perfekt zutreffen. Der sechsfache U-19-Nationalspieler war bereits mit zwei Treffern beim 3:2-Sieg gegen Hollenbach im Trainingslager der Wormatia positiv aufgefallen und erzielte zuletzt acht Tore in 24 Spielen für Sturm Graz II in der Regionalliga Mitte (3. Liga in Österreich).
Verletzungspech und hartes Auftaktprogramm
Erschwerend kam hinzu, dass die Mannschaft aus dem Trainingslager in Bad Mergentheim mit nur noch elf gesunden Spielern zurückgekehrt ist. Marco Metzger (doppelter Bänderriss) und Eugen Gopko (Muskelfaserriss) müssen mehrere Wochen pausieren. Bei Steffen Straub, Sebastian Schmitt (beide wieder im Training) und Neuzugang Giuseppe Burgio, die bereits einen Großteil der Vorbereitung verpasst haben, ist Geduld gefragt. Kurz vor dem Stuttgart-Spiel verletzten sich auch noch Benjamin Maas, Henrik Nagel und Felix Reißmann. Dafür meldeten sich Jan-Lucas Dorow, Jonathan Zinram und Alan Stulin wieder zurück. Bei noch 12 fitten Spielern (inkl. Ersatztorwart) dürfte sich die Elf für den 1. Spieltag quasi von selbst aufgestellt haben. Zudem meint es der Terminplan zum Auftakt wieder einmal nicht sonderlich gut mit den Wormsern, denn die Spiele im August haben es bereits in sich. Nach dem Auftaktspiel in Stuttgart folgen zwei Spiele gegen Absteiger aus der 3. Liga (zuhause gegen FSV Mainz 05 II, dann auswärts beim FSV Frankfurt). Nach einem spielfreien Wochenende kommt dienstags „Angstgegner“ Astoria Waldorf, gegen den es letzte Saison zwei Niederlagen setzte, nach Worms, ehe es am darauf folgenden Samstag zur TUS Koblenz geht. Nach diesen fünf Spielen sollte dann am 02.09. beim Backfischfestheimspiel gegen Aufsteiger Eintracht Stadtallendorf der erste „Pflicht-Dreier“ der Saison folgen. Aber schon die nächsten Gegner heißen Waldhof Mannheim, 1. FC Saarbrücken, VFB Stuttgart II und Kickers Offenbach. Aber leichte Spiele gibt es in dieser Regionalliga Südwest sowieso keine mehr. Alles andere als ein klassischer Fehlstart wäre unter den genannten Voraussetzungen eine positive Überraschung. Trainer Steven Jones ist aktuell um seine Arbeit wahrlich nicht zu beneiden.
Aktueller Nachtrag: Wormatia hat am 29.07.bei den Stuttgarter Kickers, trotz einer starken Leistung, mit dem letzten Aufgebot mit 0:1 verloren.