Eine Stadtratswahl ist in erster Linie eine Personenwahl. Während knapp 23.000 der 29.406 Wahlberechtigten einfach nur eine Partei ankreuzten, machten sich die restlichen Sechseinhalbtausend tatsächlich die Mühe und kreuzten einzeln ihre Lieblingskandidaten, mitunter quer durch verschiedene Parteien, an und sorgen damit noch einmal für erhebliche Verschiebungen auf den Parteilisten.

Beindruckend auch hier das Voting für Fraktionschef Timo Horst, was so viel bedeuten könnte wie: An ihm liegt es nicht, dass seine Partei mehr als 4% verloren hat. Das hat er wohl eher seinem großen Boss zu verdanken. Der größte Gewinner bei den Sozialdemokraten ist allerdings Carlo Riva, der, obwohl aktuelles Stadtratsmitglied, vom undankbaren Listenplatz 29 aus starten musste, aber im internen Ranking der SPD auf Platz 6 landete. Den größten Sprung bei der CDU machte Raimund Sürder, dessen Mut, beim Thema „Haus am Dom“ gegen den Fraktionszwang zu stimmen, offensichtlich von den Wählern honoriert wurde. Was die Stadtratswahl angeht, konnte er, von Listenplatz 19 aus, in der internen CDU-Rangliste die drittmeisten Stimmen einheimsen. Damit landete Sürder vor Andreas Wasilakis, Hans-Peter Weiler und Johann Nock, die ihrerseits in Herrnsheim, Abenheim und Leiselheim die Ortsvorsteherwahl für sich entscheiden konnten. Gleichzeitig verlor Sürder aber ziemlich deutlich die Ortsvorsteherwahl in Hochheim gegen Timo Horst, was zeigt, dass die Wähler differenzieren können (67,6% Horst, 25,8% Sürder).

Der größte Pechvogel heißt Marion Hartmann, denn die musste ihrer Parteikollegin Annelise Büssow wegen gerade einmal zwei Stimmen weniger den Vortritt lassen, den letzten freien Platz im Stadtrat für die CDU zu besetzen. Der interne Gewinner bei den Grünen heißt Richard Grünewald, der im Zuge der Debatte um das Gewerbegebiet „Zum hohen Stein“ als sachlicher Sprecher der BI mit Argumenten überzeugte und von Listenplatz 4 aus die Spitzenposition bei der Ökopartei erklommen hat. Auf den hinteren Rängen bei den Personenstimmen, aber immerhin noch im Stadtrat vertreten sind Sabine Sackreuther (FDP / 2.519 Stimmen), Franz Liefertz (Die Linke / 3.041 Stimmen) und Dr. Uwe Radmacher (FDP / 3.130 Stimmen). Mit 2359 die wenigsten Stimmen hat jedoch der 52. Kandidat, Michael Weick, erhalten. Trotzdem darf der 21-Jährige im Konzert der Großen mitmischen und zukünftig über die Wormser Politik mitbestimmen – wenn auch nur in Maßen. Denn ohne Fraktionsstärke kann der NPD-Mann nur Anträge mit Hilfe anderer Fraktionen stellen und ist in keinen Ausschüssen vertreten. Da aber alle Parteien eine Zusammenarbeit mit der NPD abgelehnt haben, wird Michael Weick als stummer Beobachter in die Wormser Stadtratsgeschichte eingehen. Und das ist mindestens genauso diskriminierend wie die Politik seiner Partei.